Die Faschingferien habe ich für eine einwöchige Bildungsreise nach Mittelitalien genutzt und dabei Rom, Neapel und Pompeji besucht. Ab mit dem Flieger und für sieben Tage in die ewige Stadt zu antiken Ruinen, Vatikanstadt, weiter südlich zur uralten Hafenstadt im Golf von Neapel und der versunkenen und wieder freigelegten Siedlung am Fuße des Vesuvs.
Das letzte Mal war ich vor mehr als 20 Jahren in Rom gewesen, viel hat sich nicht verändert, aber einiges leider doch, der historische Stadtkern wie gehabt, die Peripherie historisch hässlich. Der internationale Tourismus hat hier in den letzten Jahrzehnten ganze Arbeit geleistet, alles erschlossen, kaum was zu entdecken, alles auf zahlungskräftige Besucher eingestellt, alles Dienstleistung für hungrige Mäuler und satte Geister. Allenfalls in billigen Kaffeebars in dunklen Nebengassen kann man bei 1,20 für einen Espresso noch das alte Italien erahnen. Die gute Laune der Italiener: ungebrochen, aber wie kriegen die bei dem Lärm, dem Chaos, dem ganzen Irrsinn eigentlich irgendwas zustande, fragt man sich. Das wirkliche Italien, von dem die Alten erzählen, muss sich irgendwo anders befinden, also auf nach Neapel.
Hier wird alles noch irrwitziger, freundliche Leute, ja, aber sie kennen die eigene Stadt nicht, das meiste hoffnungslos verwahrlost, die Enge, der Schmutz, der Lärm, die schlechte Luft, das billige Essen, die ewig gleichen Läden mit identischen Kunststoffsouveniers aus Fernost. Eine lärmende Prozession mit Pauken und Trompeten durch die schmierigen Gassen zur Sammlung von Spenden für irgendein Gotteshaus war da fast schon eine willkommene Abwechslung. Am wahrhaftigsten der schwarz-afrikanische Straßenmusiker mit Gitarre am Wegesrand, der textlich über die Themen Happyness und Smiling improvisierte und genau zwei Akkorde brauchte um den wenigen Menschen, die mal kurz zuhörten, etwas gute Laune zu bereiten. Ansonsten viel Krach, Müll und Verfall, man bekommt den Eindruck, die Bewohner haben kein Interesse an der eigenen einst substanziellen und glorreichen Vergangenheit.
Pompeji, ca. 30 Min südlich, erreichbar mit dem Zug, ein Ort der Ruhe, keine Autos, kein Schmutz und eine Selektion geschichtsinteressierter Besucher. Man muss viel und lange laufen um sich den Ausgrabungsort einigermaßen zu erschließen. Mit dem Audioguide gut machbar, immer wieder kann man sich setzen und darüber staunen wie weit, wie entwickelt, wie kultiviert die Römer einst waren und wie wenig davon übriggeblieben ist. Ein beeindruckender Ort, den die Neapolitaner, mit denen ich darüber sprach, nur vom Hörensagen kannten, nie selbst gesehen haben.
Nach einer Woche Schaderadatz freut man sich zunehmend auf die Ruhe und Ordnung daheim und endlich mal keine Kohlenhydrate morgens, mittags und abends. Den Espresso werde ich vermissen. Das alte Italien auch, es existiert nicht mehr.