Album: „Foreverly“ von Billie Joe + Norah

billiejoenorah-1384875335Letzte Woche war ich nach langer Zeit mal wieder zufällig bei meinem “local record dealer”. Na gut, das klingt jetzt besser als es ist, zugegeben, es handelt sich eigentlich um eine große Drogeriekette mit Multimediaabteilung. Ich hatte etwas Zeit totzuschlagen und habe mir mäßig interessiert die Neuerscheinungen und preisreduzierten Angebote angesehen, die zwischen den vielen DVDs, BluRays und Games gar nicht so leicht zu finden waren. Ins Auge fiel mir dann ein runtergesetztes CD-Album von Billie Joe + Norah mit dem Titel „Foreverly“, das Cover monochrom eingefärbt im 50s/60s-Stil. Die Protagonisten sind Billie Joe Armstrong (Green Day) und Norah Jones. Das Album ist ihr Tribut an das amerikanische Brüdergesangsduo Everly Brothers und wurde schon Ende November 2013 veröffentlicht. Damals ist es aber anscheinend sang- und klanglos an mir vorbeigegangen. Diesmal bin ich gleich zur Abspieltheke, dort war aber erstmal weit und breit kein Mensch. (Für die jungen Leser: Früher musste man da manchmal ewig anstehen, weil viele Menschen in zahllose CDs und Schallplatten reinhören wollten, die sie vor sich zu kleinen, wackeligen Türmen aufgestapelt hatten, und während des Hörens konzentriert die Booklets studierten.) Als dann eine Mitarbeiterin kam, ging es diesmal ganz flott und schon nach dem ersten Song war klar, dass ich die CDs kaufen würde. „Foreverly“ ist ein kompletter Re-Work des Everly Brothers Albums „Songs our daddy taught us“ von 1958. Es wurden alle auf dem Originalalbum enthaltenen Songs neu eingespielt und in der ursprünglichen Reihenfolge auf CD gepresst. Norah Jones und Billie Joe Armstrong haben das Album zusammen an neun aufeinanderfolgenden Tagen in New York aufgenommen. Wow!

Man könnte sich jetzt natürlich fragen, was so eine Neueinspielung für einen künstlerischen Mehrwert bringt. Also mal abgesehen davon, dass die beiden Sänger den Gründungsvätern des amerikanischen Popduogesangs ihren Tribut zollen und damit alte amerikanische Folksongs einer nachfolgenden Generation zu Gehör bringen. Ich lege deswegen wert darauf, dass es sich bei den Einspielungen nicht um bloße Coverversionen handelt. Schon alleine die alternative stimmliche Besetzung (Frau/Mann) statt zwei Brüder (Mann/Mann) verleiht den neuen Versionen einen absolut eigenen Charakter. Nachempfunden, aber trotzdem neu interpretiert wurde die karge American-Folk-Besetzung des Originalalbums mit viel akustischen Gitarren, Steel-Guitar und Mundharmonika. Darüber hinaus können Jones und insbesondere Armstrong auf dem Album mal nebenbei und ganz spielerisch unter Beweis stellen, dass sie musikalisch auch andere als ihre ureigenen Stile bedienen können und nicht nur auf Piano-Songwriting und Post-Punk festgelegt sind. Diese Kombination aus empfundener Traditionspflege, musikalischem Handwerk, unverbildeter Neugier und einer Prise unbedarfter Abenteuerlust ist es übrigens, die ich bei vielen amerikanischen Musikern so schätze und bei vielen deutschen Musikern so vermisse. Es wäre in Deutschland einfach undenkbar, dass Campino und Helene Fischer ernsthaft ein Album von, sagen wir mal, Freddie Quinn oder Heino-Songs aufnehmen könnten ohne sie total zu verhunzen und die Lieder (und sich selbst gleich mit) der Lächerlichkeit preiszugeben. Irgendwie schade.

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