Adam Soboczynski stammt aus Polen und kam 1981 mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Literaturwissenschaften und leitet als Redakteur das Feuilleton der Wochenzeitung „Die Zeit“. Mitte August erschien sein Debutroman „Fabelhafte Eigenschaften“ bei Klett-Cotta. Es handelt sich dabei um einen Gesellschafts- und Beziehungsroman. Auf dem Buchrücken wird er als „geistreiche und humorvolle Liebeskomödie“ beschrieben. Der Autor erzählt episodenhafte Geschichten aus dem Leben verschiedener Protagonisten. Im Mittelpunkt steht dabei die Dreiecksbeziehung zwischen dem erfolgreichen Künstler Hans Weinling, dem erfolgreichen Architekten Sebastian Warncke und Julia, der verwöhnten Tochter eines erfolgreichen Unternehmers. Die verschiedenen Episoden spielen in den europäischen Metropolen Berlin, Paris, London und Madrid und überschneiden sich hie und da. Die Figuren sind alle vermögend, beruflich erfolgreich, gebildet, lebenserfahren, weltläufig, haben gute Umgangsformen und herausragend guten Geschmack, fabelhafte Eigenschaften eben. Sie beschäftigen sich mit Kunst, Literatur, Architektur und Journalismus, sind Weinkenner, essen nur Speisen mit französischen, italienischen oder spanischen Namen, vermutlich verwenden sie auch nur bestes Bio-Olivenöl, machen Bildungsurlaub in der Toskana und haben dabei „Die Zeit“ unterm Arm klemmen.
Soboczynski ist ein aufmerksamer Beobachter, kann sich auf beeindruckende Weise in seine Charaktere einfühlen, verwendet interessante Formulierungen und hat einen tadellosen Stil. Auf dieser Ebene gibt es nicht zu meckern, aber das darf man von einem Leiter eines der führenden deutschen Feuilletons vielleicht auch erwarten. Was beim Lesen nicht so ganz klar wird ist, ob diese scheinheilige Welt bereits Satire ist oder ob sie nicht wohlmöglich tatsächlich der Erfahrungswirklichkeit des Autors entspricht, zuzutrauen wäre es ihm. Hier wird eine eingebildete, pseudoelitäre Gesellschaftsschicht mit ihren Luxusproblemen zum Gegenstand der Betrachtung, dient als eindimensionale Kulisse für beeindruckende Wortakrobatik. In den besseren Momenten wirkt das wie eine mittelmäßige Parodie, in den weniger guten wie eine von diesen weich gezeichneten, heuchlerischen, öffentlich-rechtlichen Samstagabendproduktionen. Was der Autor damit erzählen will bleibt bis zum Ende unklar. Will er sich über seine Figuren und ihre Lebenswelt lustig machen? Dafür bleibt er zu nah dran und ist nicht witzig genug, es gibt zu wenige unerwartete Wendungen oder abstruse Situationen, sie kommen mit ihrer Einstellung durch, alles geht letztlich gut aus bzw. weiter wie immer. Es gibt keine Wende, keine Konfrontation, keine Einsicht, keine Erneuerung, am Ende ist alles wie zu Beginn. Wirkliche gesellschaftliche Probleme werden komplett ausgeblendet, dadurch wirkt die Welt des Romans geradezu eskapistisch und leer. Eine nette, sprachlich niveauvolle Sommer bzw. Herbstlektüre, mehr aber auch leider nicht. Man darf gespannt sein, ob auf dieses passable Debut eine weitere Veröffentlichung folgt.
Das Buch erscheint bei Klett-Cotta, hat 206 Seiten und kostet gebunden 18,95 €.
Ich kenne den Roman natuerlich nicht, weiss daher nicht, ob es sich um eine Parodie handelt.
Robert Altman beispielsweise drehte eig. nie direkte Satiren, sondern „lies“ seine Protagonisten einfach agieren – das war dann oft eine Art Realsatire – man erkannte diese auch nicht immer sofort.
Ich weiss noch, wie ich einst mal aus einem Altmanfilm ging, weil ich ihn als eine blosse Dokumentation der Verhaeltnisse in einem bestimmten Lebensumfeld verstand und diese mir sehr fad erschienen. Erst spaeter merkte ich, dass das Programm war.
@Gerhard: Ich denke, es wäre viel klarer und stärker geworden, wenn der Milieustudie noch eine andere, ernstere Ebene gegenübergestellt worden wäre. So wie es ist, plätschert es einfach nur auf hohem sprachlichen Niveau vor sich hin, es ist wirklich schade drum, wenn die episodenhaften Verschachtelungen nicht wären, wäre es fast etwas dröge. Und der Autor ist ja kein unerfahrener Jungspund, sondern hätte es als Kulturkritiker besser wissen müssen.
Das was ich von Altman kenne, hat mir eigentlich immer ganz gut gefallen, es bedient aber natürlich auch meine amerikanophiles Interesse, Musik spielt auch oft eine wichtige Rolle und es ist nie pseudoelitär.