Gestern wurde ich um kurz vor zehn von John am Hostel fuer einen Cruise durch Detroit abgeholt. Ich hatte ihn am Sa bei einem Konzert in „The Ark“ in Ann Arbor kennengelernt und wir haben uns dann per Mail verabredet. Wir sind als erstes zu seiner Tochter Emily gefahren und haben dort ihre Urban Farm „Singing Trees“ besichtigt. Die Farm ist wie ein sehr grosser Schrebergarten und gepflanzt wird da vor allem Gemuese und Kraeuter, aber auch Erdbeeren und einige Obstbaeume sind dabei. Sieht nach viel Arbeit aus. Hier ein Bild von John und Emily (das Knaeuel zu ihren Fuessen ist einer ihrer Hunde):
Die Nachbarschaft um das Idyll der Farm herum ist leider alles andere als friedlich oder beschaulich. Von Prostitution, ueber Drogenhandel, Raub, Vergewaltigung, Brandstiftung bis Mord und Totschlag ist alles dabei was man sich nicht wuenscht, aber Emily kommt zurecht und wirkte auf mich sehr zufrieden und zuversichtlich. Alles Gute fuer die Geburt des ersten Kinds im Juli.
John und ich sind dann weiter und haben uns noch andere Stadtteile angesehen darunter auch Mexican Town, wo Jack White herstammt. Zum Lunch sind wir wieder zu „Sgt. Pepperoni’s Pizzeria & Deli“ beim Majestic (Woodward). Wir haben was gegessen und dazu Dr. Pepper getrunken und irgendwann kam dann noch Papa Joe, hat sich zu uns gesetzt und von der guten (& schlechten), alten Zeit erzaehlt. Danach musste John wieder heim nach Ann Arbor und hat mich am Hostel abgesetzt, vielen Dank fuer diese persoenliche Tour und alles Gute.
Ich bin weiter zu den Headquarters von Submerge und des Technolabels Underground Resistance (East Grand Ave 3000). Im Shop im Keller habe ich ca. 45 Min. Technomusik auf mich einhaemmern lassen, danach gab’s dann noch eine persoenliche Einfuehrung in die Geschichte des Labels seit Anfang der 1990er Jahre von einem Mitarbeiter. Waren alles Schwarze, ich alter Ignorant dachte immer Techno stamme von Weissen, weil es so ungroovig/unsoulig ist und die Fans immer wieder auf Kraftwerk als Blue Print dieses Stils verweisen, naja, man lernt nie aus. Ist irdendwie trotzdem nicht meine Mucke, klingt alles so verdammt gleich (sorry!), deswegen bin dann ziemlich bald weiter und zwar ins Ausland.
Ja, richtig gelesen, ich bin mal auf einenen kleinen Abstecher rueber ueber die Ambassador Bridge nach Kanada, aber ich muss leider sagen: Da sieht’s haargenauso aus wie auf der US-amerikabnischen Seite. Nach ein paar Video-Shoots von der Uferseite rueber nach Detroit bin ich dann ziemlich schnell wieder zurueck. Kleines Paeuschen im Hostel und dann abends nochmal los zu dem alten Jazzclub Cliff Bell’s (2030 Park Ave), auf dem Programm stand das „Glenn Tucker Organ Trio“.
Toller Club und die Band war auch sehr gut (nur eigene Nummern), vielleicht etwas zu laut, aber das kann daran gelegen haben, dass an diesem Mittwochabend einfach zu wenig los war. Ich bin noch etwas im naechtlichen Downtown rumgestoplert und habe Fotos gemacht, danach zurueck ins Hostel. Morgen geht’s weiter nach Cleveland zur Rock and Roll Hall of Fame.
@Dennis: „Von Prostitution, ueber Drogenhandel, Raub, Vergewaltigung, Brandstiftung bis Mord und Totschlag ist alles dabei was man sich nicht wuenscht, aber Emily kommt zurecht und wirkte auf mich sehr zufrieden und zuversichtlich.“ Die Urban bzw. Guerilla Gardening-Bewegung ist ja schon Post-Industrialierung in Reinkultur: Wieder-Aneignung urbaner Badlands als gigantischer Gemüsegarten. Ernährungsmäßig versorgt man sich selbst, die Produktion komplexerer Güter ist weitgehend an Roboter delegiert, den Rest lässt man in China oder, wenn’s gar nicht anders geht, in Bangladesch herstellen. – „ich alter Ignorant dachte immer Techno stamme von Weissen“ Die Wahrheit ist doch: Techno stammt von Schwarzen *und* Weißen. Aber du hast vollkommen recht, Techno wird gern als „weiße Musik“ wahrgenommen (und Jazz als „schwarze“). Das hat gute soziokulturelle Gründe, führt aber in der Analyse der Musik nicht sonderlich weit (aber wem sag ich das?).
@Dennis, Techno hat keinen Soul? Dann höre Dir mal die Alben einen Carl Craig von 1989 an an. Für mich ist das absolut soulig, groovig, irgendwie lyrisch (mein „Bild“). Unlängst auch wieder ins famose „landcruising“ von Carl Craig reingehorcht. Das ist für mich Poesie und Techno, wie er Ende der 80er noch war. Hör Dir vielleicht das Pod „Stylin371“ über Carl von 2009 an, eine Art Werkschau mit Interviewteilen(hoffe, die Angabe stimmt).
Da sagt er auch etwas über Motowns erste Musikwave…
Noch etwas: Ich bin hier absolut kein Verfechter von Techno, aber „um der Wahrheit willen“….
@Gerhard: Muss ich mich mal mit befassen, wenn ich wieder daheim bin, danke jedenfalls fuer die Tipps. Allerdings muesste da natuerlich irgendwann schon mal der Funke auf mich ueberspringen, dass ist bis jetzt noch nicht passiert. Anscheinend verstehen wir beide unter Soul und Groove auch verschiedene Sachen. Techno ist fuer mich definitiv etwas anderes als Stevie Wonder oder Marvin Gaye (um mal konkret zu werden). Soul ohne Saenger, Groove ohne Musiker, wie soll das gehen?