Seit einigen Jahren schon lese ich Bücher des amerikanischen Musikforschers und Autors Elijah Wald. Nach „Escaping the Delta: Robert Johnson and the Invention of the Blues“ (2005) und „How the Beatles destroyed Rock’n’Roll: An Alternative History of American Popular Music“ (2009) habe ich gerade „The Major of MacDougal Street“ (2005) beendet.
Darin wird der Werdegang des New Yorker Blues- & Folksängers Dave Van Ronk (1936-2002) und die Entwicklung der Folk- und Songwriterszene in Greenwich Village der späten 1950er und frühen 1960er Jahre nachgezeichnet. Ursprünglich wollte Van Ronk zusammen mit Wald als Co-Writer „the definitive history of the Greenwich Village folk years“ vorlegen und es wurden dbzgl. viele Gespräche und Interviews geführt. Im Jahr 2002 erkrankte Van Ronk jedoch und starb noch im selben Jahr und so arbeitete Wald auf Basis der Aufzeichnungen alleine weiter. Der Text steht in der veröffentlichten Endfassung in der Ich-Form Dave Van Ronks, trägt den Untertitel „A Memoir“ und ist somit wohl weniger umfassend als anfänglich geplant. Durch die persönlichen Erinnerungen von Van Ronk und die gründliche Aufarbeitung von Wald ist so aber vielleicht noch etwas größeres entstanden, nämlich ein starkes, musikhistorisches Dokument eines Akteurs und Zeitzeugen.
Die überarbeiteten Erinnerungen Van Ronks beginnen autobiographisch und führen den jungen Mann schon bald ins Village zu den berühmt-berüchtigten Stätten Washington Square Park, Bleeker Street, MacDougal Street, zum Folklore Center, dem Commons, dem Gaslight. Er zählt Reverend Gary Davis, Tom Paxton, Phil Ochs, Joni Mitchell und nicht zuletzt auch Bob Dylan zu seinen Freunden, natürlich wird im Text auch dazu Stellung genommen wie Dylan ihm das Arrangement von „House of the Rising Sun“ für sein erstes Album klaut. Van Ronk arbeitet als Seemann der Handelsmarine, verbringt einige Zeit als Musiker in Kalifornien und kehrt zurück nach New York als das Folk/Blues-Revival Fahrt aufnimmt und im weiteren Verlauf immer kommerzieller wird. Die anschließende von ihm sog. New Song Revolution verpasst er, weil er sich als Folksänger/Interpret versteht und so gut wie keine eigenen Songs schreibt.
Eine wirklich mitreißende und bewegende Geschichte (232 Seiten), die ca. in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre ausfaded. Der erfahrene Co-Autor Wood ist nicht der Versuchung erlegen Van Ronks Geschichte weiter und bis zum Ende zu erzählen. Dadurch ist der Text kompakt und spannend bis zum Schluss. Das Buch ist im April 2013 in deutscher Übersetzung erschienen („Der König von Greewich Village“).
Epi-Log: Anscheinend bin ich nicht der einzige, der das Buch – trotz des speziellen Themas – anregend und unterhaltsam findet, denn die Coen Brüder (Fargo, Big Lebowski, O Brother, No Country for old Men) haben sich des Stoffes angenommen, ihn adaptiert und einen Film abgedreht. Er heißt in Anlehnung an ein frühes Van Ronk-Album „Inside Llewyn Davis“, spielt im Jahr 1961 im Village und wurde im Mai 2013 erstmals beim Filmfestival in Cannes vorgestellt. Offizieller Kinostart ist der 6. Dezember 2013, hier ein englischer Trailer.