Nun sind schon einige Wochen des neuen Kalenderjahres vergangen, der März steht vor der Tür und nach dunklen, kalten und wolkenverhangenen Monaten scheint ein frühes Frühjahr zu erwachen. Für mich persönlich waren die Tage seit dem Jahreswechsel durchwachsen, wenig Bewegung oder Abwechslung, kaum Anregung oder Inspiration, viel zuhause sitzen, zu viele Onlinekonferenzen, Internetvideos und Streamingfilme. Dazu waren Freunde, Teile der Familie und auch ich selbst malade, es hagelte Krankmeldungen und Absagen innerhalb der Schülerschaft, aber immerhin, langsam sieht man Licht am Ende des Tunnels. Die Welle ebbt ab, die vermaledeiten Zahlen gehen zurück, Maßnahmen werden sukzessiv zurückgenommen, alte Selbstverständlichkeiten treten wieder in Kraft, notorische Schwarzseher und Panikmacher finden immer weniger Gehör, Realisten und Optimisten kommen wieder durch und die Dinge scheinen sich zum Besseren zu wenden, gut so.
Nach zwei arbeitsreichen Jahren als Arrangeur, Studiomusiker und Produzent hatte ich schon befürchtet, dass diese Phase irgendwann einfach endet, dass ich nicht inspiriert bin, dass mich nichts mehr begeistert, dass mir vielleicht gar nichts mehr einfällt, was ich noch unbedingt machen oder bewältigen will. Besonders die Arbeit an eigener Musik, Texten und Songs erschien mir seltsam fremd unter dem Eindruck, dass ich keine Band mehr habe, nicht mehr probe, keine Auftritte anstehen und insbesondere die Veröffentlichung meines letzten Albums „Still Here“ und nachfolgende Singles, die ich zusammen als gelungen betrachte, auf sehr zurückhaltende Resonanz gestoßen sind. Kaum Kritiken, Artikel, Hinweise, Reaktionen irgendwelcher Art, selbstverständlich auch keine Konzert- oder Interviewanfragen, von lokalen und regionalen Medien und Kulturorganisatoren fühlte ich mich komplett ignoriert, vergessen und übergangen. Auch wenn dieser Eindruck stimmt, wird er wohl noch dadurch verstärkt, dass die Zeiten eben schlecht waren, viele Menschen mit sich selbst beschäftigt und man selbst sicher auch zu viel Zeit hatte um solche Sachen komplett einwirken zu lassen und darüber nachzudenken, während man früher einfach andere, eventuell bessere Sachen zu tun hatte, Orte besuchte und Menschen traf und auf andere Gedanken kam.
So war es für mich eine große Überraschung, dass zwischen den Jahren an nur einem Nachtmittag ein introspektiver Song („This is“) entstand, der am Tag drauf arrangiert und als Produktionsskizze festgehalten wurde. Ein weiterer Song („Big Blue Skies“) lag bereits seit Monaten fertig produziert auf der Festplatte, ich hatte ihn aussortiert, weil er zuerst komplett unpassend wirkte, gut zwar, aber nicht nach mir klang. Jetzt, fast ein halbes Jahr später hörte ich mit frischen Ohren rein und mir gefiel, was ich hörte. Als LoFiLu hatte ich mehr als ein Jahr zuvor den Track „LoFi Love“ geschrieben und produziert, mit elektronischen Beats und ganz anders als ich es normalerweise tun würde. Im Januar 2022 ging ich dran und arrangierte den Song neu und nahm dazu echte Instrumente selbst auf. So waren unverhofft drei Songs fertig, aber das war noch nicht alles. Beim Durchforsten meiner Zettelwirtschaft (es sind Berge), fielen mir etliche Blätter mit Riffs, Melodiefetzen und Textzeilen in die Hände. Die kamen mir zwar fremd vor, ich konnte mich nicht erinnern, das aufgeschrieben zuhaben, auch wenn es meine Handschrift war. Ich musste die Fragmente nur neben einander legen, bisschen schieben und biegen und es entstand ein neuer, stark riffbasierter Song („Hell or High Water“). Von den Textfragmenten ist sogar noch ein Großteil übrig, reicht vielleicht noch für einen weiteren Song. Zuletzt kam noch ein Instrumental („A/B“) dazu, das soeben fertig eingespielt worden ist. Zusammen also fünf Tracks plus evtl. ein Bonustrack, genug für eine EP und gar nicht schlecht dafür, dass ich vor acht Wochen noch dachte meine Songwriterkarriere an den Nagel zu hängen. Mit beteiligt war außer mir selbst (voc, bvoc, git, organ, bass) nur noch Jan Hees (drums, mix, master). Gerade wird gemixt, erscheint vermutlich im April 2022.
Mit meiner anderen Leidenschaft, dem Radfahren musste ich leider seit Monaten pausieren, es war einfach zu nass und zu kalt und zu dunkel, Touren unter 10 C° machen einfach keine gute Laune, vermutlich ein zusätzlicher Grund, warum mir dieser Herbst/Winter so auf’s Gemüt schlug, nicht mal einzelne, sonnige Tage für Mini-Touren waren dabei und das bleibt bis auf weiteres wohl auch so. Immerhin habe ich schon 3-4 Touren geplant, habe mit erfahrenen Radlern geredet und Karten und Bücher gekauft. Favoriten unter den Ideen sind: 1. Rhön – Thüringen – Hessen – Spessart, 2. Wü-Mü-Wü, 3. Alpenüberquerung Brenner, 4. Alpe – Adria, 5. Wü – Prag – Wien. Mal sehen was wird, kann es kaum noch erwarten loszufahren, egal wohin.
Nun gut, ich warte jetzt also geduldig die letzten Wochen ab, bis alle Maßnahmen fallen, die Sonne scheint, der Frühling kommt, die Laune sich bessert, alle Menschen sich wieder treffen, umarmen und lachend zusammensitzen. Mann, wird das schön!