Ian F. Svenonius ist amerikanischer Musiker und Autor. Seit Anfang der 1990er Jahre hat er mit verschiedenen Punkbands insgesamt 15 Alben und mehr als 20 Singles und EPs veröffentlicht. Neben seinen musikalischen Aktivitäten betätigt er sich seit einigen Jahren als Autor von Vorworten, Artikeln und Essays. Nach der Textsammlung „The Psychic Soviet“ (2006) legt er mit „22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer Rockband“ seine erste, in sich geschlossene Schrift vor.
Das Buch erschien im amerikanischen Original unter dem Titel „Supernatural Strategies for Making a Rock’n’Roll Group“ im Januar 2012 bei Akashic. Der deutsche Verlag Walde + Graf (Metrolit) hat im Juni 2014 die deutsche Übersetzung vorgelegt.
Der Name des Autors dürfte den meisten Lesern nicht geläufig sein. Svenonius ist zwar schon lange im (Musik-)Geschäft, aber seine musikalischen Aktivitäten waren nicht von Erfolg gekrönt und konnten bisher auch kein größeres, öffentliches Interesse auf sich ziehen. Seine Ansichten und Äußerungen, die er in seinen Schriften artikuliert, werden allgemein als anti-authoritär und anti-kapitalisch (Wikipedia) eingestuft. Somit ist auch die Position klar, aus der Svenonius seine „22 Strategien“ bzw. Sichtweisen formuliert. Er schreibt nicht als Rockmusiker, der es geschafft hat sich mit seiner Idee durchzusetzen und somit den Beweis erbracht hat zu wissen, wie „es“ funktioniert. Er schreibt stattdessen als eine Kunstfigur, die die Maschinerie vermeintlich durchschaut und dem Leser deren Regeln und Gesetzmäßigkeiten erklärt und kommentiert.
Der Erzähler wirkt dabei nie genervt, frustriert oder ohnmächtig. Ganz im Gegenteil: Eigene, praktische Erfahrungen spielen nur eine untergeordnete Rolle, an keiner Stelle inszeniert er sich als Opfer. Vielmehr schreibt er aus der Position eines allwissenden, über den Dingen schwebenden Erzählers, die meiste Zeit mit einem lakonischen und sehr überheblichen Unterton an den man sich aber schnell gewöhnt. Svenonius brilliert mit Ironie und Sarkasmus, Arroganz und Besserwisserei, Desillusionierung und Verzerrung. Nie gibt es einen Zweifel daran, dass der Erzähler weiß, was wirklich hinter den Kulissen gespielt wird, wie Vermarkter und Konsumenten denken, fühlen und funktionieren oder wie alles und jeder manipuliert werden kann. Seine Ausführungen quellen über vor Eloquenz, Phantasie, Gesellschafts- und Konsumkritik und sind durchsetzt von welthistorischen, kulturphilosophischen und psychologischen Anspielungen und Bezügen.
Fazit: Als praktischer Ratgeber für junge Leute, die eine Band gründen wollen, ist das Buch sicher nicht gedacht. Einer auf Erfolg geeichten Nachwuchsband könnte die Lektüre des Textes sogar ordentlich die Luft rauslassen, wenn sie denn überhaupt bis zum Schluss durchhalten.
Für alle popkulturell gebildeten Musikmacher, Plattenhörer und Konzertbesucher bietet die Lektüre viele ungewöhnliche Anregungen und kann deswegen ein Riesenspaß sein. Ich habe mich auf jeden Fall köstlich amüsiert.
„22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer Rockband“ erscheint als gebundenes Buch (320 S.) und kostet 18 Euro.
schon wieder ein buch das sich auf den ungelesen stapeln gesellen darf….bald sind ja verein 🙂
Beim Schreiben is der Typ definitiv kein Punk! Männo Komm aufn Punkt !!!
Ich glaub so schnell war noch kein Buch vom Stapel… Ok morgen noch ne Chance …..
@Bernhard: Ja, stimmt schon, punkig ist sein Stil eher nicht. Die Einleitung mit den langatmigen Séancen habe ich auch ordentlich abgekürzt. Danach fand ich seinen überheblichen, vom Wahnwitz durchdrungenen Ansatz inkl. der anti-kapitalistischen Abschweifungen ziemlich erfrischend. Und es waren auch einige ungefilterte, aber selten angesprochene Wahrheiten dabei. Bleib dran!
Indeed die zweite hälfte lohnt sich wirklich, du solltest in deiner Kritik unbedingt auf die epische Unlesbarkeit der ersten hälfte hinweisen, wäre schade, wenn man aus Langeweile zu früh kapituliert
@Bernhard: Konnte über die ersten Seiten gar nicht viel schreiben, weil mich der Teil überhaupt nicht angesprochen hat (Geister des R&R, Seancen, etc.). Ich habe das nur sehr grob überflogen und mich dann gleich im sehr guten Hauptteil festgelesen. Aus meiner Sicht könnte man den ersten Teil komplett streichen, das würde das Buch aufwerten. Bist du schon komplett durch? Wie findest du die 22 Strategien?