Graphic Novel: „Muhammad Ali“ von Sybille Titeux & Amazing Ameziane

alicomicSybille Titeux ist eine französische Illustratorin, Amazing Ameziane ist ein französischer Illustrator und entwirft Szenarios für Comics u.a. Legal (2014), Clan, (2015). Im Frühjahr erschien ihre Zusammenarbeit „Muhammad Ali“, eine Bio-Graphic Novel im französischen Original. In der zweiten Jahreshälfte 2016 erschienen innerhalb weniger Wochen die englische, italienische und deutsche Übersetzung. Die deutsche Ausgabe wurde bei Knesebeck veröffentlicht und wurde im Titel mit dem Zusatz „Comic-Biographie“ ergänzt.

Strenggenommen handelt es sich bei „Muhammad Ali“ um eine biographische Graphic Novel im klassischen Stil mit modernen Elementen. Die Lebensgeschichte der amerikanischen Boxlegende Cassius Clay / Muhammad Ali wird bildstark und wortreich in chronologischer Reihenfolge erzählt. Sein Werdegang ist allerdings auch stark mit der gesellschaftlichen Entwicklung in den USA gekoppelt. Ali wuchs zu Zeiten der Rassentrennung in den US-Südstaaten auf, machte Karriere als Boxer, wurde Olympiasieger, Boxweltmeister im Schwergewicht, war konvertierter Moslem, sympathisierte offen mit der Nation of Islam, wurde zum prominenten Kriegsdienstverweigerer und deswegen gerichtlich verurteilt, für mehrere Jahre wurde ihm die Boxlizenz entzogen, es folgten legendäre, ikonische Boxkämpfe („Rumble in the Jungle“, „Thrilla in Manila“) und schließlich eine schwere Parkinsonerkrankung, er verstarb im Juni 2016. Folgerichtig ist die Graphic Novel in die vier Kapitel „Gleichheit“, „Islam“, „Gerechtigkeit“ und „Freiheit“ unterteilt.

Stilgetreu dominieren die dunklen Farbtöne Schwarz, Braun, Rot. Die Illustration ist kunstvoll, inspiriert und ansehnlich. Absolut herausragend und kreativ ist der dramaturgische Aufbau, der schätzungsweise auf Amezianes Konto zu verbuchen sein dürfte. Die zum Teil durch Bücher und Bio-Pics durchaus bekannte Geschichte des Boxers wird gekonnt mit gesellschaftsgeschichtlich bedeutenden Rückblenden und boxtechnischen Exkursen durchsetzt. In Form von eingesetzten Zeitungsartikeln und TV-Screens kommen bedeutende Freunde, Beobachter, Sportkommentatoren und berufliche Weggefährten zu Wort. Besondere Handlungswenden werden auch illustratorisch herausgearbeitet, so z.B. die Szene in der Ali von seinem Arzt über seine Erkrankung aufgeklärt wird. Hier knallen die Farben scheinbar unkontrolliert in einer Mischung aus psychodelischen Effekten und Jackson Pollock-Stil.

Etwas befremdend ist anfangs die Erzählperspektive und Zeit. Die Novel ist in der zweiten Person („Du“) formuliert und im Präsens gesetzt. Das wirkt auf den Lesenden anfangs gleichzeitig aufdringlich und distanziert („Reden die von mir?“). Man gewöhnt sich aber bald daran und die spezielle Formulierung stellt letztlich keinen Makel dar, sondern unterstreicht nur noch einmal die Besonderheit des gelungenen Kunstprojekts.

„Muhammad Ali“ hat 120 Seiten, erscheint bei Knesebeck und kostet 24,95 €.

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