Dirk Rohrbach ist Radiomoderator, Fotograf und leidenschaftlicher Amerikareisender. Sein Buch „Americana“ über die Umrundung der USA mit dem Fahrrad in einem halben Jahr ist im Februar 2015 in zweiter Auflage als Taschenbuch erschienen. Die erste Auflage stammt aus dem Jahr 2011. Nicht vermerkt ist in der Taschenbuchausgabe allerdings, dass die gebundene Erstauflage noch einmal etliche Jahre vorher veröffentlicht wurde. Wann genau lässt sich schwer sagen, auch wann der langwierige Radtrip stattgefunden hat, wird auf gut 250 Buchseiten an keiner Stelle erwähnt. Und diesem Umstand darf man wohl getrost den Vorsatz unterstellen, eine alte Schrift durch fehlende Angaben zeitlos machen zu wollen.
An manchen Stellen fällt das im laufenden Text auf, wenn z.B. der Autor sackweise Plastikdosen mit Analogfilm mit sich rumschleppt, Audioaufnahmen im längst verschwundenen Format Minidisk aufgenommen werden oder das Wort Online-Tagebuch (statt Blog) verwendet wird. Nach akribischer Suche war zu ermitteln, dass die Fahrt wohl von Frühjahr bis Herbst 2004 stattgefunden haben muss.
Dieser Geiz mit harten Fakten setzt sich in der kompletten Schrift fort. Kein Wort wird z.B. verloren über Planung, Berufsausstieg, private Beziehungen (am Ende taucht wie aus dem Nichts „die Freundin“ aus Germany auf), Finanzierung, Ausrüstung, psychische Verfassung, Rückkehr. Auch so banale Sachen wie Flüge, Krankenversicherung, Kommunikation etc. werden gar nicht oder kaum erwähnt.
Das ist schade, denn das Unternehmen ist ja erst mal ziemlich imposant. Rohrbach ist als zigfacher USA-Reisender gut mit den kulturellen und geographischen Gegebenheiten vertraut, besucht einige Orte schon zum wiederholten Mal, hat hie und da auch Freunde und Bekannte, die ihm Unterschlupf gewähren. Er hat einen soliden, ehrlichen Schreibstil, dem man gut folgen kann. Neben dem erwartbaren Verlauf und einigen netten Anekdoten, die er zufällig erlebt, hat er jedoch nicht allzu viel zu erzählen. Man erfährt nicht, warum er sich diese anstrengende Reiseform vorgenommen hat , was es in ihm bewegt oder wie es ihm dabei geht. Man muss fast froh, sein, dass hin und wieder der Reifen platt ist oder eine Speiche reißt, sonst hätte es gar keine Abweichung vom sturen Kilometerfressen gegeben.
Dabei gibt er sich selbst immer wieder brauchbare Stichwörter. Der titelgebende Musikstil Americana scheint ihm durchaus vertraut zu sein. Er behauptet auch, dass er Countrymusik mag, viel weiter kommt er dann aber nicht mehr. Nicht einmal als er eine kleine Unterbrechung der Tour macht um spontan an einem mehrtägigen Countrymusikfestival in Nashville (Country Capital of the World) teilzunehmen. Keine Ausführung dazu vom Radiomoderator (!), es ist kaum zu glauben.
Man folgt ihm dann als Leser treu von Ost nach West durch die Südstaaten an die Westküste, rauf nach Seattle, von dort aus über die Great Plains zurück Richtung Osten und schließlich wieder südwärts nach Florida. Ioah, alles schön und nett, aber wirkliche Highlights waren leider nicht dabei. Wie immer bei solchen Gewalttouren, nimmt die Nahrungsaufnahme auch in der Niederschrift wertvollen Platz ein. Wenn’s denn kulinarisch interessant wäre, aber es geht immer nur um convenience food der ungesündesten Art (Bagels, Brownies, Cup Cakes, Cookies, alle Arten von Soda Pops). Dabei ist er doch auch ein halbes Jahr lang durch verschiedenste kulinarische Regionen gefahren (Südstaaten, Tex-Mex, Kalifornien, Great Planes, New England), da wäre doch alles erdenkliche dabei gewesen.
Anscheinend wurde parallel zur Reise auch ein Blog geführt, der ist allerdings bereits offline, man findet noch einige uralte Audio-Beiträge, wenn man eine Weile sucht. Rohrbach ist der Grundidee dieses Trip anscheinend treu geblieben, hat weitere Reisen unternommen und sich zum hauptberuflichen Reisejournalisten gewandelt. Na immerhin einer, der im Nachhinein was davon hatte. Man kann als Leser nur hoffen, dass der Autor bei zukünftigen Reiseberichten etwas mehr von sich preisgibt, es wäre ein deutlicher Mehrwert.
Das Taschenbuch enthält etliche stimmungsvolle Farbfotos, erscheint bei Malik / National Geographic und kostet 14,99 €.