Buch: „Kann mir bitte jemand das Wasser reichen“ von Ari Turunen

Ari Turunen ist ein finnischer Wissenschaftsjournalist und hält Vorträge zu kulturgeschichtlichen Themen. Bereits 2010 erschien die finnische Originalausgabe von „Kann mir jemand das Wasser reichen?“, 2016 dann die deutsche Übersetzung und im März 2017 die ungekürzte Taschenbuchausgabe.

Turunen unterteilt sein „Kurze Geschichte der Arroganz“ in sechs Kapitel: Zu Kopf gestiegen, Das Ego, Der Nabel der Welt, Die besseren Menschen, Das Monopol und Die Kunst der Demut. In jedem Kapitel schickt er einen auf wenige Seiten zusammengefassten Grundgedanken voraus und stellt ihn anschließend in unzähligen historischen und einigen aktuellen Beispielen anekdotisch dar. Das erscheint auf den ersten Blick ganz plausibel, aber Turunen verliert sich hoffnungslos in den Geschichten, verkürzt und verknappt um schnell auf den Punkt zu kommen und ist dabei stärker an der für seine These dienlichen Pointe interessiert, als an einer umfassenden Darstellung. Es geht ihm dabei ganz offensichtlich nicht um Analyse oder Aufklärung, sondern um den schnellen Effekt, danach geht es ohne jede Erklärung übergangslos zur nächsten Darstellung weiter. Erzählt wird dabei zusammenhangslos von Begebenheiten aus allen Epochen der ganzen Weltgeschichte. Bei Stoffen, die einem als Leser etwas vertrauter sind, ahnt man, dass es noch mehr zu erzählen gegeben hätte, womöglich komplett andere Betrachtungsweisen hätten eröffnet werden können, aber es wird hemdsärmlig drübergebügelt. Dieser tendenziöse und erkennbar reißerische Stil hinterlässt dann auch einen etwas faden Nachgeschmack und ist wohl die allergrößte Schwäche des ansonsten unterhaltsamen und interessanten Textes.

Ein inhaltlicher Kritikpunkt ist, dass Turunen ein betont bipolares Wertesystem anwendet. Arroganz und verwandte Neben- und Unterformen wie Hochmut, Übermut, Eitelkeit, Unbelehrbarkeit, Ignoranz, etc. bis hin zur Hybris werden extrem negativ konnotiert, sind die Wurzel allen Übels und führen unweigerlich zu Niedergang, Fall und Ruin von Familien, Wirtschaftuntenehmen, Kriegsparteien, Nationen und Kulturen. Erstrebenswert sind dagegen Demut, Bescheidenheit, Dankbarkeit, Toleranz und ganz allgemein Humanismus, weil solches Verhalten nicht nur moralischer ist, sondern – angeblich – auch zum Erfolg führt. Dass sich das im Leben eben gerade nicht so einfach verhält, dafür kann vermutlich jeder einzelne Leser etliche Gegenbeispiele aufzählen. Genau diese Einseitigkeit der Perspektive macht das Buch trotz etlicher interessanter und vermutlich auch begründeter Überlegungen insgesamt banal und unseriös. Das ist unnötig und deswegen höchstbedauerlich.

Fazit: Leider hat Turunen die exemplarische Darstellung seiner Thesen auf eindimensionale Erzählungen und effekthascherische Pointen aufgebaut. So wie es ist, bleibt es trotzdem eine kurzweilige Ferienlektüre für gutgläubige Moralisten.

Das Taschenbuch erscheint bei Piper, hat 208 Seiten und kostet glatte 10 Euro.

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