Buch: „Is This The End?“ von Georg Seeßlen

Georg Seeßlen ist freier Autor, Feuilletonist und Film- und Kulturkritiker. Seit den 1970er Jahren hat er jedes Jahr zum Teil mehrere Bücher zu Regisseuren, Filmen oder ganzen Filmgenres veröffentlicht. Lynch, Scorsese, Tarantino, von Trier, es gibt kaum ein filmerisches Sachgebiet zu dem sich Seeßlen noch nicht ausführlich geäußert hat. Dazu kommen seine Artikel für etliche deutsche Leitmedien wie Die Zeit, taz, Frankfurter Rundschau, Freitag oder Jungle World. Immer wieder schreibt Seeßlen aber auch essayartige Schriften zu kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Essaysammlung „Is this the End? Pop zwischen Befreiung und Unterdrückung“ erscheint gerade beim umtriebigen deutschen Indie-Verlag Tiamat.

Das Buch umfasst 11 ausgedehnte Betrachtungen zu popkulturellen und gesellschaftspolitischen Themen. Im Einzelnen geht es dabei um große Themen wie Klasse & Prekariat, die Rolle der Popkritik, Sexualität & Marktwirtschaft, Liebe und ihre Folgen, rechte Tendenzen in der populären Kultur, (Post)Demokratie und Befreiung & Unterdrückung. Seeßlens Texte sind klug konzipiert, haben fachliche Tiefe, sind dabei aber keineswegs akademische trocken, sondern über weite Strecken unterhaltsam und informativ. Etwas gewöhnen muss man sich an seinen besonderen Stil: Seine Darstellungen sind zwar durchaus gut beobachtet und nachvollziehbar beschrieben, dabei aber auch thesenhaft und verallgemeinernd mit einer starken Tendenz zu linker Gesellschaftskritik und Besserwisserei. Die Bestandsaufnahmen sind präzise und in ihrer Klarheit bestechend, leider bleibt es aber bei den Interpretationen, eine alternative Handlungsweise oder mögliche zukünftige Szenarien werden nicht formuliert. Dadurch wirken die Texte, wenn man sie nacheinander liest, auf Dauer etwas ermüdend, selbst dann, wenn man das Gefühl hat, dass der Autor durchaus richtig liegt. Alles wirkt etwas zu sehr 68er-artig, zu tendenziös, streckenweise auch ideologisch/dogmatisch. Trotzdem nimmt man dem Autor gerne ab, dass er wie eingangs beschrieben Pop Zeit seines Lebens geliebt und gehasst hat, weil Pop hier Befreiung und da Unterdrückung war, hier Explosion der Wahrhaftigkeit und dort Implosion der Verlogenheit: „Pop bewahrte das innere Kind und förderte die Vergreisung, Pop rebelliert und korrumpiert.“

Zusammengenommen sind die Texte aufklärend und anregend und eröffnen einen Blick auf aktuelle Pop(musik)kultur und damit verbundene gesellschaftliche Entwicklungen, den man so von Popkritik eigentlich gar nicht mehr erwartet. Allein das ist ein sehr positiver und löblicher Zug des Buches. Allemal lesenswert, nicht nur für Poptheoretiker!

Das Taschenbuch erscheint bei Tiamat in der Reihe Critica Diabolis, hat 224 Seiten und kostet 16 Euro.

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