Radtour: Würzburg – Berlin (2021)

Anfang August 2021 bin ich mit dem Rad in zehn Tagen von Würzburg am Main nach Berlin gefahren. Wie schon einige Male zuvor hatte mich eine Deutschlandkarte in unserer Toilette dazu inspiriert. Da folge ich gerne den Flussläufen und irgendwie hatte es mir die Eger / Ohre in Tschechien angetan. Geplant war, dass ich in Würzburg starte und östlich nach Bamberg und Bayreuth fahre, danach Eger, Elbe, Neisse, Oder, Spree, so ungefähr jedenfalls. Kam dann aber doch etwas anders.

Die Strecke von Würzburg nach Bamberg kannte ich schon von letztem Herbst. Kam mir diesmal leichter vor, von Ebrach bis Burgebrach entlang der ehemaligen Zugtrasse, trotz Schlussalternative waren die letzten Kilometer wieder nicht so ansehnlich. Abendessen im Keesmann und Übernachtung in der Pension Wunderburg, etwas abseits vom eigentlichen Stadtkern. Am nächsten Tag nach Bayreuth, aber nur kurze Pause, die Wagnerei war nichts für mich, direkt rein in den Anstieg ins Fichtelgebirge, rauf nach Bischofsgrün, schmaler Fußpfad zur Egerquelle und von da nach Weissenstadt am See, dort zweite Übernachtung.

Von nun an richtete ich mich nach dem Radtourenbüchlein „Egertal-Radweg“ aus der Reihe bikeline, klein, handlich und ordentlich gemacht. Überfahrt nach Tschechien an einem kleinen Wanderweg. Hier startete auch der Radweg 6, dem ich bis zur Elbe folgen würde. War meist gut beschildert aber der Zustand des „Radwegs“ reichte von engem, lehmigem Trampelpfad, über Rumpelpiste/Rübenacker bis zur Deluxe-Asphaltstrecke. Anteile ca. jeweils drittelig. Ca. die Hälfte des Weges ging auch gar nicht entlang des Flüßleins, sondern über benachbarte Felder, Wälder und Berge. Durch diverse Stauseen verschwindet der Fluss zum Teil ganz und taucht am anderen Ende in anderer Gestalt, meist deutlich schlanker wieder auf.

Erste Nacht in Tschechien verbrachte ich in einem Feriencamp bei Loket am Fluss bei dem wegen leichtem Nieselregen mitten in der Woche kaum Gäste waren. Hatte ein ganzes Zimmer und Gemeinschaftsdusche in einer Blockhütte, nachts dann sogar das komplette Camp ganz für mich allein. Am nächsten Tag über das unansehnliche, ja fast abstoßende Karlsbad bis Zatec, einem einfachen kleinen Städtchen, wo ich mich aber ganz wohl fühlte. Es folgte die Königsetappe, was ich aber beim Start noch nicht wusste: Von Louny bis zur Mündung der Eger in die Elbe bei Litomerice. Auf der Strecke verfuhr ich mich und wurde ein paar Male von Schauern erwischt. Nach Litomerice wollte ich noch etwas weiter, die anvisierte Radlerunterkunft am Fluss war voll besetzt, also weiter, Usti ist eine hässliche Industriestadt, also noch weiter. Irgendwann war ich in Decin, dort war es eigentlich ganz hübsch, aber so kurz vor der Grenze wollte ich nicht stehen bleiben und ehe ich mich versah war ich übergangslos in Sachsen angekommen. Nur kam da erstmal kilometerlang kein Ort, also wieder weiter. Es wurde dunkler und dunkler, aber irgendwann kam ich endlich in Königstein an, die Rezeption am Campingplatz war längst nicht mehr besetzt, aber ein paar lustige, angedüdelte Gesellen wiesen mich darauf hin, dass es im Ort ein Hostel gäbe. Aha. Da bin ich hin und habe den letzten Platz in einem 11-Mann-Schlafraum bekommen. Nach 9h im Sattel und ca. 140km erstmal Dusche, ein kleiner Snack inkl. Bier in der angeschlossenen Kneipe (am nächsten Morgen Frühstücksraum) und Gespräche mit Sven und Alex, dem Wirt und dem letzten Gast über Gott und den Arsch der Welt. Ca. um Mitternacht ins Bett, aber da waren zwei Schnarcher im Raum, nach drei müden aber hellwachen Stunden zog ich um in den Gemeinschaftsraum auf’s Sofa, wo ich von zwei unsensiblen jungen Damen um 6.30 durch völlig unnötige, inhaltsleere Dauergespräche geweckt wurde, auch schon egal.

Am nächsten Mittag (Sonntag) weiter entlang der Elbe nach Pirna, es wurde immer touristischer, dann Einfahrt ins beeindruckende Dresden, kurze Pause, über die Brücke und rauf und raus aus der Stadt Richtung Lausitz. Übernachtung im langweiligen Senftenberg am See, den ich nicht gesehen hab (sah auf der Karte ganz nett aus). Von Senftenberg leichter Ritt nach Cottbus, wo ich Ralf Schuster treffen sollte, der aber gerade in Würzburg (!) war, also verbrachte ich den Nachmittag mit seiner charmanten Frau; Essen, Spaziergang, Museum. Diese Entspannung und Erholung hatte ich bitter nötig, merkte das erst richtig, als die Spannung von mir abgewichen war. Irgendwann am Abend kam dann auch Ralf von seinem Ausflug zurück.

Am nächsten Tag gemeinsame Fahrt (Schuster: E-Motor, Schütze: Muskelkraft), über versteckte Feldwege nach Lieberose, wo eine Landhütte der Schusters steht, hier erst Pause, dann Grillen mit den netten Nachbarn und dann doch Übernachtung. Zweiter Halbruhetag.

Die Streckenführung entlang Neisse und Oder hatte sich inzwischen zerschlagen, weil mein Kontakt im Oderbruch keine Zeit hatte und mir von den Anlaufstellen Eisenhüttenstadt und Frankfurt/Oder aus kulturellen Gründen (langweilig!) im Hause Schuster abgeraten wurde. Darüber war ich sogar ganz glücklich und nahm die Empfehlung dankbar an, weil’s direkt nach Berlin deutlich weniger Kilometer waren. So langsam waren die muskulären (!) Akkus leer, aber vor allem auch der Po wund gesessen.

Die letzten beiden Etappen führten von Lieberose nach Fürstenwalde und schließlich von dort entlang der Spree (sehr schöne Strecke!) bis nach Berlin. Den Falk-Plan „Berlin“ von 2002 hatte ich aus Gewichts- und Aktualitätsgründen daheim liegen gelassen und radelte nach Gefühl durch die südlichen Stadtteile der wiedervereinten Metropole. Zum Glück fanden sich zwei ältere Damen auf dem Rad, die gerade vom Federballspielen kamen, deren Heimfahrt mit meinem Zieleinlauf zum Teil parallel verlief, die mich unter ihre Fittiche nahmen und mir gnädig den Weg wiesen. Um ca. 13.30 glorreiche Einfahrt in den Stadtteil Wilmersdorf, wo ich zuerst Verwandtschaft besuchte und später meine Frau dazu kam. Danach haben wir zusammen noch zwei schöne Tage in Berlin verbracht und sind am Ende mit dem Auto nach Hause gefahren.

War meine erste längere Tour, abgesehen von Wü-Mü-Wü in sechs Tagen zu Pfingsten (2021). Keine Pannen, keine Unfälle, nicht groß verfahren, größtenteils schöne Strecke, aber ziemlich anspruchsvoll. Nur der ungeplante zweite Teil der Strecke (Lausitz) hat sich etwas gezogen, könnte aber auch sein, dass ich da einfach etwas durch war, das Treffen mit Schusters war da ein wunderbarer Lichtblick. Mal sehen was mir als nächstes ins Auge fällt, Saarland sieht nett aus.

2 Gedanken zu „Radtour: Würzburg – Berlin (2021)

  1. lieber dennis,
    das sind mal wieder lebendige, anschaulich-bildhafte beschreibungen deiner
    tour – selbst über die unschönen orte….
    nun weiss ich auch, dass die eger im fichtelgebirge entspringt….
    diese hatte ich eher im riesengebirge vermutet…vermuten ist nicht
    wissen……
    liebe grüsse
    nannette

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