Buch: „Bon Voyage“ – Helge Timmerberg

Sein Leben war eine lange, aufregende Reise. In der goldenen und fast verschwenderisch dotierten Ära des Journalismus der 1980/90er Jahre war er Reisejournalist für Hochglanzmagazine wie Stern, Bunte, Tempo, Wiener, Playboy, Bunte etc. Das waren Zeiten, als Timmerberg auf Kuba und in Marrakesch residierte, damit beauftragt und dafür bezahlt wurde ferne Länder zu bereisen und Abenteuer zu erleben, die er dann zu Geschichten formte und für die niederschrieb, die zuhause brav zur Arbeit gingen und ihre durchschnittliche Spießerexistenz wenigstens mit diesen ungewöhnlichen Erzählungen etwas auffrischten um sich daran zu erinnern, dass es noch ein anderes, wildes und befreites Leben geben könnte.

Aber auch der Berufsabenteurer Timmerberg ist älter geworden, vor kurzem hat er den 70 Geburtstag gefeiert (u.a. mit einem Buch: „Lecko Mio“), er hört schlecht, das Reisen fällt schwerer, die Distanzen werden kürzer (4h Fahrt / Tag), die Geschichten sind immer noch unterhaltsam, aber nicht mehr ganz so durchgeknallt, werden reflektierter, stellenweise alterweise, manchmal gar philosophisch. Es erscheinen kaum noch Reportagen, denn Magazine gibt’s nicht mehr, ganz zu schweigen von großzügigen Etats, deswegen schreibt er jetzt alle paar Jahre Bein Buch über besondere Missionen, die er sich selbst auferlegt. Diesmal ging’s mit dem vom Papa ererbten Mercedes Elegance auf einen Nostalgietrip in den Süden, zurück in die Vergangenheit, von der Schweiz über Frankreich und Spanien nach Marokko, überall bekannte Orte, Menschen und Erinnerungen. Natürlich weitestgehend ohne konkreten Plan, der Zufall spielt wie immer eine gewisse Rolle und es geht auch wieder einiges schief, beziehungsweise ergibt sich unerwartetes, was letztlich auf neuen Wegen auch ans Ziel führt, nämlich zurück nachhause. Es ist im Grunde ein bisschen egal, wo sich Timmerberg bewegt und was ihm passiert. Er biegt es sich zurecht und gibt allem einen Sinn. Das ist eine Fähigkeit, die man bewundern kann, die aber nicht durchgehend den Text trägt. Es gibt diesmal schon die ein oder andere Länge, zum Ausgleich aber auch ein paar lustige Nebenstraßen und Umwege (z.B. Überfall, Testosteronkur, Flohzirkus).

Insgesamt fügt sich der Text sinnvoll in sein Gesamtwerk und alle Leser, die mit ihm erwachsen geworden und inzwischen mit ihm gealtert sind, werden zufrieden sein, dass es dem großen Freigeist längst nicht anders geht als ihnen selbst. Auch er blickt nostalgisch zurück, erinnert sich an Jugend, Frauen, Liebe, Leben und Familie, auf seine eigene Art allerdings.

Fazit: Es ist kein ganz großer Wurf, aber doch durchaus lesenswert, weil es locker macht und das Altern erträglich. Bon Courage!

Das gebundene Buch erscheint bei Malik, hat 236 Seiten und kostet 22 Euro.

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