Erich Schneider ist Kunsthistoriker und Museologe, bis zu seiner Pensionierung leitete er das Mainfränkische Museum auf der Festung Marienberg in Würzburg. Nach etlichen Schriften als Herausgeber und Autor zu kunsthistorischen, fränkischen Themen erschien nun das Büchlein „Balthasar Neumann – Schlussakkord der Barockarchitektur“ in der Reihe kleine bayerische biografien bei Verlag Friedrich Pustet.
Bei dem handlichen Taschenbuch handelt es sich um eine verdichtete Biographie mit ausgedehnter Werkschau über den „letzten großen Baumeister und Generalisten der europäischen Barockarchitektur“. Die kompakte Schrift teilt sich in neun übersichtliche und klug eingeteilte Kapitel. Die eigentliche Lebensgeschichte nimmt dabei nur einen geringen, aber völlig ausreihenden Platz ein. Kapitelübersicht: 1. Biographie, 2. Haus Schönborn, 3. Organisation des Bauwesens, 4. Residenzen Schlösser, Klöster, 5. Kirchenbauten, 6. Stadtbaumeister, 7. Ingenieur, 8. Militärbauwerke, 9. Architekt der Aufklärung? Das Büchlein wird abgeschlossen mit einem kurzen Schlusswort und einem ausführlichen Anhang.
Erich Schneider hat einen klugen Aufbau gewählt, die Biographie dient hier als Einführung zum Menschen Neumann, im weiteren Verlauf aber nicht als Gerüst für die eigentliche Betrachtung. Hierfür werden wesentliche Stationen, Aspekte und Faktoren seiner Arbeit herangezogen. Diese Herangehensweise bringt sehr viel Klarheit und Struktur in die Schrift, wenn auch in der Lebenswirklichkeit des Neumann selbstverständlich vieles gleichzeitig und parallel stattgefunden hat. Privatleben, beruflicher Aufstieg, Bildungsreisen, Aufträge, Planungen, Absagen, Abbrüche, Entlassungen, Wiedereinstellungen, nicht ganz einfach bei diesen vielen Ereignissen auch nur halbwegs den Überblick zu behalten. Schneider gelingt es auf übersichtlichem Raum die Klarsicht zu behalten und alles Wesentliche nachvollziehbar und gut lesbar darzustellen. Da war seine Vertrautheit mit den Quellen sicherlich hilfreich und seine vorangegangenen Schriften zu verwandten Themen eine wertvolle Vorarbeit.
Besonders interessant dabei die Umtriebigkeit und der unermüdliche Fleiß des Baumeisters, der ja quasi aus der Obskurität kam, schnell als talentierter Mann auffiel und dem in atemberaubendem Tempo große gestalterische Verantwortung übertragen wurde. Reisen führten ihn zu anderen bedeutenden Architekten seiner Zeit in Paris und Wien, während die Auftraggeber und Bauherren wechselten, präzisierte sich seine räumliche Vorstellungskraft und sein Gestaltungswille zu genialer Intensität, wie sie sich in der fürstbischöflichen Residenz zu Würzburg oder der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein eindrucksvoll manifestiert.
Für einen ersten Kontakt mit dem herausragenden Architekten, Baumeister und Stadtplaner Balthasar Neumann ist dieses Büchlein, wie so viele andere der engagierten Reihe, ein idealer Startpunkt. Die vielen, teils farbigen, teils schwarz-weiß Abbildungen sind hilfreich, aber selbstverständlich kein Ersatz dafür wenigstens einige der erwähnten Bauwerke selbst zu besuchen. Vielleicht ein willkommener Anlass für den Leser sich auf den Weg zu machen in die jeweilige Region an entsprechenden historischen Stätten und die architektonische Hinterlassenschaft des Barockmeisters zu erkunden.
Das Taschenbuch erscheint im Verlag Pustet, hat 168 Seiten und kostet 14 Euro.