Buch: „Bummelzug nach Istanbul“ – Tom Chesshyre

Tom Chesshyre ist britischer Reisejournalist. Nach „Fast Trains“ (2011) und der Reihe „Slow Trains“ („around Spain“, „around Britain“, „to Venice“) erschien 2024 ein weiterer Teil: „Slow Trains to Istanbul“ und im Frühjahr 2025 die deutsche Übersetzung „Bummelzug nach Istanbul“ (sehr flüssig übersetzt von Sabine Thiele). Es beschreibt die sehr zahlreichen und langwierigen Zugfahrten von London nach Istanbul und zurück auf den verwehten Spuren des Orient-Express.

An einem vermutlich ziemlich grauen Tag in London des Jahres 2023 beschließen der Autor und sein Freund (beide 50+) mit dem Interrailticket in Regionalzügen die klassische Langstreckenverbindung vom Westen quer durch Europa bis nach Istanbul abzufahren. Wenn man weiß, dass er schon etliche ähnliche Reisen beschrieben hat, eine ziemlich müde Idee und leider nimmt die Unternehmung auch auf den folgenden gut 300 Seiten keine Fahrt auf. Die beiden gondeln von Stadt zu Stadt ohne Vorbereitung (Teil des Konzepts) und ohne sich wirklich für die Durchgangsorte zu interessieren, sie beobachten was passiert, übernachten in namenlosen Unterkünften, machen Zufallsbegegnungen, essen um satt zu werden und trinken zum Essen und danach viel Bier und Wein. In günstigen Umständen kann so ein planloser Tripp sehr unterhaltsame Geschichte erzeugen, hier ist es leider nicht so. Es passiert nichts erwähnenswertes, alles erwartbar langweilig, nichts geht schief, alles irgendwie okay, aber nicht wert es der Nachwelt zu überliefern. Auch für die Reisenden selbst kein bleibender Eindruck, keine Verwandlung, keine Katharsis, sondern nur eine Fahrt, ein Hotel, ein Imbiss nach dem anderen, alles zwar moderat sympathisch, aber auch quälend ereignislos, fast schon Sisyphus-artig stillstehend, man ist als geduldiger Leser froh, wenn der Erzähler endlich wieder daheim ankommt. Auch am Ende keinerlei Gewinn oder Erkenntnis, schade.

Fazit: Der Autor wirkt erstaunlich müde und gelangweilt von seinem eigenen Projekt, vermutlich zu oft dasselbe immer wieder gemacht, er sollte dringend mal den Ansatz variieren und vorher so lange heim bleiben bis wirklich mal eine neue Idee kommt, die zündet und nicht ein abgearbeitetes Konzept in minimalsten Varianten immer wieder neu erzählen. Zumindest könnte er mal das Beförderungsmittel austauschen, aber vermutlich kommt dann als nächstes nur „Mit der S-Bahn nach Moskau“ oder „Mit der U-Bahn nach Sizilien“.

Das Taschenbuch erscheint bei Dumont, hat 312 Seiten und kostet 19 Euro.

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