James Lee Burke ist ein sehr emsiger, amerikanischer Autor. Seit Mitte der 1980er Jahre hat er in verschiedenen Krimireihen mehr als 30 zum Teil sehr umfangreiche Bücher und verschiedene Kurzgeschichten veröffentlicht. Das Buch „Sturm über New Orleans“ war seine persönliche Reaktion auf die furchtbaren Geschehnisse nach dem verheerendem Sturm „Katrina“ in New Orleans im Jahr 2005 und erschien unter dem Titel „The Tin Roof Blowdown“ bereits 2007 im amerikanischen Original. Nun ist das Buch aus der Dave-Robicheaux-Reihe bei Pedragon auf Deutsch erschienen.
Ich bin kein Krimienthusiast, bin auf das Buch aufmerksam geworden, weil ich im Frühjahr einen Roadtrip in und um New Orleans unternommen habe und die einzigartige Atmosphäre des Big Easy nun immerhin ansatzweise aus erster Hand kenne. Der Verlag hat zusätzlich mächtig Wirbel gemacht und die erste deutsche Übersetzung eines Krimis von James Lee Burke seit einigen Jahren stark beworben.
Das Buch ist der 16. Band aus der Dave-Robicheaux-Reihe, inzwischen gibt es schon wieder vier weitere. James Lee Burke ist ein Akkordarbeiter, er schreibt wie am Fließband, er schreibt schnell und viel. Alleine „Sturm über New Orleans“ hat knapp 600 Seiten und um es gleich vorweg zu nehmen, es hat einige Seiten zuviel, wirkt stellenweise sehr langatmig. Es dauert alleine mehr als 100 Seiten bis die Hauptfigur zum ersten Mal erscheint. Dave Robicheaux ist ein ehemaliger Vietnamveteran, Ex-Alkoholiker und Polizeiermittler und erfüllt so wirklich alle gängigen Klischees des Genres. Er arbeitet zusammen mit dem Privatdetektiv Clete Purcel, einem Ex-Cop und mit allen Wassern gewaschenen Straßenköter, leicht reizbar und fehlbar, aber mit moralischem Gewissen. Die beiden versuchen zwischen New Orleans und New Iberia stellvertretend für andere Behörden mehrere Verbrechen aufzuklären, die sich in den chaotischen und anarchischen Tagen nach dem schweren Hurrikan zugetragen haben und irgendwie zusammenzuhängen scheinen. Es gibt mehrere Handlungsstränge, die sich zum Teil überlagern und überschneiden, viele Personen kommen ins Bild und verschwinden wieder, es ist manchmal etwas schwer dabei den Überblick zu behalten. Leider fügt sich die Handlung auch zum Schluss hin nicht zu einem stimmigen Bild zusammen, einige Dinge bleiben ungeklärt und etliche unglaubwürdige Geschehnisse trüben den Gesamteindruck (Al Quaida!).
Die im Vorfeld so groß angepriesene New Orleans-Atmosphäre kommt leider nicht zur Geltung. Der Sturm selbst ist schon rum, als die Handlung einsetzt, das Versagen der Regierung wird zwar im Vorwort erwähnt, aber im Roman nicht näher beleuchtet, große Teile der Handlung spielen in New Iberia oder in irgendwelchen abseitigen Trailer Parks und Bayous. Kultur, Musik, Tanz, Kulinarik, Landschaft, Klima, vieles von dem was diesen Landstrich so besonders macht, spielen keine größere Rolle. Auch sprachliche Feinheiten (Dialekt, Slang, Jargon) gehen in der Übersetzung (von Georg Schmidt) weitgehend verloren. Eine Stärke von James Lee Burke ist allerdings Burkes Fähigkeit einen Einblick in das Innenleben seiner Charaktere aufzuzeigen und in wenigen Zeilen eine persönlichen Bezugsrahmen zu schaffen. Das ist dann im besten Falle sehr pointiert und überzeugend, manchmal wirkt es allerdings auch wie schematisch auf dem Reißbrett skizziert.
Fazit: „Sturm über New Orleans“ ist ein etwas routinierter, aber doch lesenswerter Krimi für Fans der Dave-Robicheaux-Reihe mit ausdauerndem Sitzfleisch. Das Buch erscheint bei Pendragon, hat 576 Seiten und kostet gebunden 17,99 €.
from now on u r called Mr Sitzfleisch or in english „the a..“ harhar
@Bernhard: Haha. War schon ein dicker Brocken, aber einerseits waren ja unterrichtsfrei und andererseits läuft so ein Krimitext natürlich schon etwas schneller durch als die sonst üblichen Sach- und Fachbücher. Zum Krimifreund werde ich aber sicher nicht, war wirklich sehr zerstreuend und blieb nicht viel hängen außer der Erkenntnis, dass ich andere Themen bevorzuge.