Dietrich Brüggemann ist deutscher Filmregisseur, Drehbuchautor und Musiker. Seit mehr als 10 Jahren veröffentlicht er Kurzfilme, Spielfilme, Musikvideos, Theaterstücke, Drehbücher und führte Regie bei zwei Tatortverfilmungen (2018, 2021). Brüggemann war Mitinitiator der Aktion #allesdichtmachen und wurde dafür von verschiedenen Seiten heftig kritisiert. Nun hat der vielseitig Kreative seinen Debutroman „Materialermüdung“ veröffentlicht. Es ist ein umfangreiches, zeitgemäßes und anregendes Werk.
Der Roman erzählt die Geschichte der drei Hauptfiguren Maya, Jacob und Moses. Maya ist freie Berliner Theatermacherin, Jacob ist Musikkomponist und arbeitet für eine Musiksoftwarefirma, Moses arbeitet als Werbetexter. Die Geschichte umfasst einige Monate an verschiedenen Orten und beschreibt familiäre Herkunft und persönliche Entwicklung der Figuren, durch etliche ausführliche Exkursionen werden die komplexen, teilweise verworrenen, aber meist ziemlich zeitgenössischen Lebensverhältnisse erklärt, in unterhaltsamen Dialogen ihre Gefühlslagen und persönlichen Situationen beleuchtet. Während die drei Freunde trotz Krisen immer mehr zusammenwachsen, wird die Lage um sie herum immer desolater und komplizierter, es entstehen Missverständnisse, Verletzungen und Shitstorms, der soziale Zusammenhalt schwindet, die Gesellschaft zerfällt. Es werden viele moderne, gesellschaftspolitische Phänomene verhandelt: Herkunft, Familie, Beziehung, Freundschaft, Treue, Liebe, Verrat, Hass, Gewalt, Tod. Immer wieder spielen dabei digitale (Kommunikations-) Techniken eine wesentliche Rolle: SMS, Facebook, Twitter, GPS, Musiksoftware, all das wird zeitgemäß integriert und verhandelt.
Brüggemann ist hier ein sympathisches Debut gelungen. Man durfte erwarten, dass er als Regisseur und Drehbuchautor erzählen kann. Bei „Materialermüdung“ handelt es sich allerdings deutlich nicht um ein Drehbuch eines nicht verwirklichten Films, es ist ein unterhaltsamer und anregender Roman für die manchmal ziemlich verlorene und ständig mit sich selbst beschäftigte Generation Z. Das Buch hat keinen besonderen literarischen Wert, stark sind die Dialoge und die unerwarteten Handlungswendungen. Zum Schluss hin driftet die Erzählung stark ins Unwirkliche, Absurde, ganz am Ende wird sie sogar spirituell religiös aufgeladen und führt erstaunlich logisch zurück zum Anfang. Definitiv nicht verfilmbar und das ist gut so.
Fazit: Unterhaltsame Herbst- und Winterlektüre über/für die verlorene Generation Z.
Das gebundene Buch erscheint im Westend Verlag, hat 480 Seiten und kostet 25 Euro.