Recording: Come on in my kitchen

„Come on in my kitchen“ ist ein Bluessong von Robert Johnson, der am 23. November 1936 bei seiner ersten Session für Vocalion mit mobilen Equipment in einem Hotelzimmer in San Antonio, Texas aufgenommen wurde. Der Titel passt gut zum Thema, denn ich möchte davon erzählen unter welchen Umständen ich Musik in meiner Küche aufnehme.

Songideen und Demos habe ich über die Jahre immer mal wieder aufgenommen um Ideen festzuhalten. Seit 2011 nehme ich aber auch Material für offizielle Albumveröffentlichungen selbst auf. Zum ersten Mal habe ich das für das Musikstudenten-Album MS Tanzbar gemacht. Schlagzeug und Kontrabass waren zu dem Zeitpunkt bereits aufgenommen und meine E-Gitarre selbst in Studioqualität aufzunehmen habe ich mir gerade noch so zugetraut. Hat auch hingehauen, ich habe damals über ein Interface direkt mit Logic in den imac aufgenommen. Zum ersten Mal hörte ich während der Aufnahmen nicht den Taxameter laufen (Studiozeit ist teuer). Das hatte den Vorteil, dass ich mir viel Zeit für die Aufnahmen lassen konnte, ein Umstand, der sich aber auch in einen Nachteil verwandeln kann, wenn man immer weiter macht und kein Ende findet.

Anfang 2012 habe ich zusammen mit Jan Hees die Produktion eines neuen Dennis Schütze-Albums gestartet und noch während die ersten Basistracks fertig wurden, hat traurigerweise das Kraftstrom-Studio von Michael Hanf dicht gemacht. Dort hatte ich die kompletten Alben „Sideburner“, „Live fast, love hard, die young“, „Ewig jung und schön“, „Shine like Gold“ und Teile von „B-Sides & Rarities“ aufgenommen. Auch die Lead-Vocals von „MS Tanzbar“ habe ich da im Frühsommer 2011 eingesungen. Nachdem in dem Studio nichts mehr ging, war der nächste logische Schritt, dass ich nun zusätzlich auch meine Vocals und Akustikgitarren selbst aufnehmen würde und das mache ich nun seither. Den besten Sound und abends auch am meisten Ruhe habe ich dafür in meiner Küche. Vor einer Session baue ich da dann die Geräte auf. Ich verwende Logic auf einem imac und nehme per Firewire 800 auf eine externe LaCie-Festplatte auf. Als Interface verwende ich das FireStudio mobile von Presonus und nehme mit 24bit auf. Meine Mikros sind zwei Rhode NT5 für akustische Instrumente und ein Neumann TLM 103 für meine Stimme. Es hat eine ganze Weile gedauert bis ich einen dienlichen Arbeitsablauf gefunden habe. Anfangs war es schwer für mich zwischen der Rolle als Musiker und der als Recorder zu trennen. Ich habe mir deswegen insbesondere bei Gesangsaufnahmen angewöhnt an einem Tag aufzunehmen und erst an einem folgenden Tag das Ergebnis anzuhören und den Take auszuwählen bzw. zu schneiden. Weil mich Zeit bei dieser Methode nicht automatisch Geld kostet, habe ich im Verlauf immer mehr musikalische Ideen ausprobiert. Zum ersten Mal kann ich jetzt auch meinen recht ansehnlichen Instrumentenfundus einsetzen, deswegen kamen bei den aktuellen Aufnahmen nun schon viele verschiedene Akustikgitarren und ca. fünf E-Gitarren zum Einsatz, außerdem noch Banjo, Mandoline, Melodika, Klavier, Glockenspiel, Mundharmonika, E-Bass und einiges mehr. So was war im Studio nur schwer möglich gewesen, weil ich immer nur eine handvoll Klampfen dabei gehabt hatte und die Zeit teuer und daher knapp war.

Die Aufnahmen können sich als Folge der gemütlichen Heimarbeit allerdings ziemlich in die Länge ziehen und ein Problem gab es dann leider auch. Musikerkollege Jochen Volpert tat sich bei den E-Gitarren-Sessions in meiner Küche etwas schwer in Stimmung zu kommen. Mit virtueller Amp-Simulation, Playbacks auf dem Kopfhörer und eingeklemmt zwischen Tripp Trapp Hochstuhl, Seppelfricke und Spülmaschine kam bei ihm irgendwie keine richtig rock’n’rollige Spiellaune auf. Wir haben dann beschlossen seine Gitarren-Parts im Studio aufnehmen zu lassen und uns für brüllende Röhrenamps, glühende Analog-Effektboards und gepimpte Bändchenmikrophone entschieden. Dazu noch etwas Zeit- und Gruppendruck und eine gut abgestimmte kulinarische Versorgung von McDonald’s in den Pausen und JV war im formidabelsten Playermode in dem ich ihn je gesehen habe.

Epi-Log: In einer Küche können nicht nur delikate Speisen zubereitet werden, es kommen auch heiße Licks, kochende Beats und würzige Grooves auf den reich gedeckten Tisch. Gruß aus der Küche und guten Appetit!

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