„Blunt, brutal, but infused with a deep sympathy, Knockemstiff is a pitch-dark and hilarious collection of stories set in a tiny town in Southern Ohio. The youth of Knockemstiff grow up in the malignant shadow of their parents; raised on abuse, alcohol, drugs and cigarettes, they are stunted in every possible way. They talk a lot about escape but they never so much as cross the county line…“
Gerade habe ich das Buch „Knockemstiff“ des amerikanischen Autors Donald Ray Pollock im englischen Original zu Ende gelesen. Es ist eine Sammlung von Kurzgeschichten in 18 Episoden, die sich über einen Zeitraum von ca. 30 Jahren in dem amerikanischen Ort Knockemstiff in Ohio ereignen. Die Episoden funktionieren auch unabhängig voneinander, teilweise tauchen Ereignisse aber in anderen Episoden als Nebenhandlung wieder auf. Jedes Kapitel wirft ein Schlaglicht auf das Leben jeweils einer zentralen, tragischen Figur. Thematik und Aufbau des Buches haben mich stark an Sherwood Andersons „Winesburg, Ohio“ erinnert, dessen Setting noch dazu im selben Bundesstaat angesiedelt ist. Allerdings geht es bei Anderson noch subtil und ziemlich psychologisch zu. Bei Pollock geht es ziemlich brutal und ohne Umwege zur Sache. Die Figuren sind allesamt Verlierer auf der ganzen Linie. Es wimmelt nur so von Gewalt, Missbrauch, Drogen, Alkohol, Armut, Lug und Betrug. Das kompakte Buch (203 Seiten) ist aber erstaunlich angelegt, nie langweilig, ergreifend und mitfühlend geschrieben. Das liegt vielleicht auch daran, dass der Autor in der Nähe von Knockemstiff aufgewachsen ist, dort jahrelang als einfacher Arbeiter in einer Papiermühle sein Geld verdient hat und erst im Alter von 50 Jahren ein Studium des „Creative Writing“ belegte und zu schreiben begann.
Immer wieder wird ihr Heimatort Knockemstiff von den Figuren als „holler“ (eigentlich „hollow“, dt.: Bodensenke, Vertiefung) bezeichnet. Immer wieder versuchen einige der Figuren dem Ort zu entfliehen, am Schluss gelingt es keinem. Den Ort Knockemstiff gibt es tatsächlich. Es ist heute eine Geisterstadt – wie man auf Wikipedia erfahren kann.
Mich hat dieses Buch auch sehr an meine Zeit als Austauschstudent in den USA im Jahr 1988 erinnert. Der Ort an dem ich damals lebte hieß South Point, Ohio und ist von Knockemstiff nur ca. 100 Meilen entfernt, also nach amerikanischen Verhältnissen ein Katzensprung. Die persönlichen Umstände unter denen ich damals dort lebte waren weit nicht so dramatisch wie im Buch von Pollack, trotzdem kommt mir die trost- und perspektivlose Atmosphäre in den Episoden seltsam bekannt und vertraut vor.