Buch: „Akustisches Kapital“ von Bastian Lange, Hans-Joachim Bürkner und Elke Schüßler (Hg.)

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Das Buch erschien im August 2014 bei transcript und trägt den Untertitel „Wertschöpfung in der Musikwirtschaft (ISBN 978-3-8376-22256-0, 29,80 €). Der Herausgeber Bastian Lange ist Stadt- und Wirtschaftsgeograph; der Herausgeber Hans-Joachim Bürkner ist Wirtschafts- und Sozialgeograph; die Herausgeberin Elke Schüßler ist Juniorprofessorin für Organisationstheorie im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin.

Das Buch beginnt mit einer sehr ausführlichen Einleitung der drei Herausgeber. Hier werden die Ausgangslage und zentrale Begriffe u. Konzepte vorgestellt. Der Text ist informativ, aber sehr akademisch und kompliziert. Zwar werden die Begriffe „Akustisches Kapital“ und „Wertschöpfung“ erklärt, aber auf den drei folgenden Buchseiten wird bereits unterschieden in Wertschöpfungsketten und Wertschöpfungskonfigurationen, dann ist von Wertschöpfungsbegriffen und Wertschöpfungsprozessen die Rede, es folgen Wertschöpfungsformen, Wertschöpfungsmodelle und Wertschöpfungsaktivitäten, das ganze endet dann bei Wertschöpfungskonzepten, Wertschöpfungsvarianten und Wertschöpfungsanalysen. Praktische Beispiele dazu fehlen leider und ziemlich bald befördert das ewige Gefasel von Wertschöpfung den Leser erwartungsgemäß in einen Zustand der Er-schöpfung.

Nach der Einleitung folgen neun wissenschaftliche Aufsätze und zehn Interviews, sie sind unterteilt in die drei Themenkapitel: „Beispiele neuer Wertschöpfungskonfigurationen“, „Intermediäre in Wertschöpfungsprozessen“ und „Wertschöpfung und Neue Medien“. Erstaunlicherweise sind unter den Autoren der Aufsätze fast keine Ökonomen oder Musikwissenschaftler, sondern vorwiegend Organisationstheoretiker, Soziologen und Geographen. Die äußerst kompakten Interviews (2-4 Seiten) sind jeweils zwischen die Aufsätze gestreut und folgen einem vollstandardisierten Verfahren. Dadurch sind sie gut vergleichbar, angenehm lesbar und sorgen während der Lektüre für eine willkommene, kleine Auflockerung.

Wie bei derartig herausgegebenen Aufsatzsammlungen üblich gibt es auch hier Höhen und Tiefen. Herausragend gut sind sicherlich die Beiträge von Hans-Joachim Bürkner („Trackproduktion als trail and error“), Elke Schüßler und Leonhard Dobusch („Musikevents als Bühnen für den Urheberrechtsdiskurs“) und Peter Tschmuck („Das 360°-Musikschaffen im Wertschöpfungsnetzwerk des Musikindustrie“). Neben anderen ordentlichen Beiträgen sind leider auch einige bemerkenswert schwache Beiträge darunter (langweilig: Christoph Michels, Malte Friedrich; ganz schlimm: Jan-Michael Kühn, Carsten Winter).

In ihrer Gesamtheit verschafft die Lektüre dem Leser einen zwar sehr akademischen, aber auch informativen und detaillierten Einblick in verschiedene Formen der Wertschöpfung innerhalb der zeitgenössischen Musikwirtschaft. Der Schwerpunkt liegt dabei bei der Betrachtung der Club-, Track- und DJ-Kultur der („Kulturhaupt-“)Stadt Berlin, die immer wieder als Erfolgs- und Zukunftsmodell, als Idealtypus und Dauerbeispiel herangezogen wird. Andere deutsche Städte spielen kaum und die Weiten der deutschen Provinz leider überhaupt gar keine Rolle in den Betrachtungen, obwohl in den Interviews an verschiedenen Stellen dezidiert darauf hingewiesen wird wie wichtig und förderwürdig lokale und regionale Musikkulturen seien.
Ein weiteres Manko ist, dass neben den Betrachtungen der „hippen“ neuen Formen der Wertschöpfung die traditionellen und selbstverständlich noch existenten Formen fast vollständig unter den Tisch fallen: Musiker, Sänger, Bands, Konzert- und Kleinkunstbühnen, Songwriter, Komponisten, Instrumentalisten, Arrangeure, Chorleiter und Dirigenten, Theatermusiker, Film-, Werbe- und Computerspielmusiker, ja sogar das sehr weite Feld von Musikpädagogen, Musikschulen, Musikwettbewerben kommen in den Betrachtungen an keiner Stelle vor. So gesehen muss sich die Textsammlung insgesamt leider einen extrem verengten und noch dazu theoretischen Blickwinkel auf das vorgegebene Thema „Wertschöpfung in der Musikwirtschaft“ vorwerfen lassen.

Es wäre schön gewesen, wenn man wenigsten einen kleinen Einblick in die gängige und für viele Musikschaffende alltägliche wirtschaftliche Praxis abseits der großen Metropole Berlin bekommen hätte. So wirkt das Buch in seiner Gesamtheit dann doch etwas abgehoben, unzugänglich und pseudoelitär. Ansonsten als Ergänzung zu anderen praktischen Betrachtungen oder als Detailausschnitt für praxisfremde oder -entfremdete Akademiker eventuell anregend.

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