Buch: „Im Wilden Wedding“ von Heiko Werning

wildweddingHeiko Werning ist Autor zahlreicher Fachbücher zu Reptilien und Verfasser humoristischer Kurzgeschichten. Er tritt regelmäßig bei den Berliner Lesebühnen Brauseboys auf und schreibt als freier Mitarbeiter für jungle world, Titanic und taz. Seit 1991 lebt er im Berliner Stadtteil Wedding. Im März 2014 legte er mit „Im Wilden Wedding“ seine vierte Veröffentlichung im Tiamat Verlag vor. Die Geschichtesammlung trägt den Untertitel „Zwischen Ghetto und Gentrifizierung“ und beschreibt aus der Ich-Perspektive den alltäglichen Wahnsinn in und um das Leben des Autors.

Das vorliegende Buch ist bereits das zweite, das Werning explizit dem Stadtteil widmet in dem er lebt und arbeitet. Im Jahr 2010 erschien, ebenfalls bei Tiamat, „Mein wunderbarer Wedding“. Mit der humoristischen Kurzgeschichte scheint Werning seine literarische Form gefunden zu haben. Er schreibt stilsicher, eloquent und auf den Punkt. Die Geschichten lassen sich isoliert lesen, zum Teil tauchen einige Personen und Motive aber im Verlauf auch wieder auf und so formt sich die Kurzgeschichtensammlung fast schon zu einem episodenhaften Roman. Es wird erzählt von denkwürdigen Erlebnissen, absurden Ereignissen und dem seltsamen Verhalten von Nachbarn und Mitbürgern des Stadtteils. Werning ist ein guter Beobachter, macht sich seine Gedanken, sucht einen tieferen Sinn und findet ihn oft auch, indem er dran bleibt und die Geschehnisse bis zum bitteren Ende dokumentiert. Es ist unterhaltsam und anregend ihn dabei als Leser zu begleiten.
Er berichtet von den kaputten Gestalten an der Imbissbude an der Ecke Müller/Seestraße, von den Mitbewohnern in seinem Haus, von den türkischen Nachbarskindern, der Einschulung seines Sohnes, dem ersten Elternabend, von Amtsgängen, Gewahrsamsnehmungen und Auseinandersetzung mit seiner Wohnungsgesellschaft. Die Bühne des Geschehens bleibt dabei immer der Stadtteil Wedding, den und dessen Bewohner Werning schon sehr ins Herz geschlossen haben muss um so liebevoll und einfühlsam darüber schreiben zu können. Eine Rolle spielen in den Geschichten immer auch aktuelle Entwicklungen bzgl. Ghettoisierung und Gentrifizierungs. Werning bezieht hier dankbarerweise nicht konkret Stellung, sondern spielt als Chronist der Ereignisse ordentlich mit den etablierten Klischees und deckt dabei die verbohrte/verbissene Schwarz/Weiß-Denke aller Beteiligten subtil, genüsslich und durchaus mit der Fähigkeit über sich selbst zu lachen auf. Jedem Berlinliebhaber und Freund besonderer Geschichten wird dieses Buch dringend zur Lektüre empfohlen.

Das broschierte Buch erscheint bei Tiamat, hat 192 Seiten und kostet 14 Euro.

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