von Raymond Roth
Lengfurt – Musik vom Feinsten vor sachkundigem und begeistertem Publikum: zum dritten Mal war Dennis Schütze mit Band in der “Kellerbühne“ im Weinhaus Zorn in Lengfurt zu Gast, diesmal als „Dennis Schütze & His Acoustic Combo“.
Wer Country Musik erwartet hatte, wie im Flyer angekündigt, dürfte davon das eine oder andere Element in der knapp zwei Dutzend Songs umspannenden Song-Kollektion des Abends auch in reiner Form vorgefunden haben. Doch: „Nur weil ich mal einen Cowboy-Hut getragen habe bei einem Gig, ist das nicht Country, was wir hier spielen,“ so Dennis Schütze bei einer sehr frühen Ansage, kurz nach dem Opener „Wagon wheel“, einem Bob-Dylan-Stück aus dem Umfeld von Dylans „The basement tapes“. „Eigentlich ist das, was ich am ehesten und liebsten spiele, Blues,“ fügt er hinzu.
Das ist aber längst nicht alles. Denn dort wo Country, Rock, Blues, Soul, Rockabilly, Rhythm & Blues und das mit „Singer-Songwriter“ eher etwas wenig genau einzugrenzende musikalische Terrain zusammenkommen, kann man von „Americana“ sprechen. Das war es auch, diesmal von einem Trio geboten, ganz ohne Schlagzeug: mit Dennis Schütze standen Jochen Volpert, ein glänzender virtuoser Gitarrist, und der aus Venezuela stammende Kontrabassist Camilo Goitia auf der Bühne.
Unter den Songs, „von denen wir einige lange nicht mehr auf der Bühne gespielt haben“ (Schütze), fanden sich natürlich viele Eigenkompositionen aus den Perlen seiner seit 2008 erschienenen mittlerweile 4 CDs. Vor allem „Pictures in my mind“, „Shine like gold“ oder „Silver and gold“ aus dem ersten Set dieses Abends zeigten hier seine hohe Songwriter-Qualität. Kleine humorvoll skizzierte Geschichten zu den einzelnen Stücken ließen die Zuhörer auch die Songs nebst der sich erschließenden Textpassagen richtig mitempfinden, wie etwa „Cinzia“ oder „Black as the devil“, beide jeweils über eine unglückliche Liebe mit stark, autobiographischen Zügen. Allenfalls bei „Leave the blues behind“ mochte man die „Eagles“ irgendwo am Firmament musikalische Kreise haben ziehen sehen.
Was beim ersten Gig Schützes von 2012 (er tritt auch als „Dennis Schütze Electric Band“ mit den entsprechenden Songs auf) geschrieben worden war, nämlich „die Arrangements waren wohl dosiert, nicht überarrangiert, sondern geschmackvoll gestaltet – die Musiker gingen am Freitagabend in der Kellerbühne mit Sorgfalt und Liebe zur Musik ans Werk“, lässt sich unverändert übernehmen und auch „die Lockerheit, der Sprachwitz und der überragende Gesangsstil des Liedermachers aus Würzburg“ hervorheben.
Welch großartige Musiker die drei, die auf der Bühne standen, sind, zeigte auch die scheinbar so selbstverständliche durchaus eigene Art, wie sie Fremdkompositionen spielten: „Up on cripple creek“ und Ophelia (beide von „The Band“), „The city of New Orleans“ (Steve Goodman/Arlo Guthrie), „When I paint my masterpiece“ (Bob Dylan) und eine unglaubliche knapp 14minütige Fassung des durch „The Leaves“ und Jimi Hendrix zum Klassiker erhobenen „Hey Joe“, bei der Jochen Volpert seine eigene Zwiesprache mit der Gitarre hielt: mal klopfte er auf die Seiten, mal spielte er am oberen Ende der Griff-Bünde, ließ Arpeggios und Glissandos und seitendämpfende Flageolets das Stück in einigen Passagen prägen, das es sogar schaffte, Jazz-Elemente einzuschmelzen.
Zum Song „Workin‘ at the car wash blues“ (von Jim Croce) erklärte Schütze dann auch, dass er Fan dieses 1973 durch einen Flugzeugabsturz umgekommenen Sängers (mit „Box #10“ hat er einen weiteren Croce-Song auf einer früheren CD eingespielt) ist, den man hierzulande leider nur auf den radioverträglichen Hit „Bad bad Leroy Brown“ reduziert. Bei einem seiner „Field trips“ durch die USA, bei denen Schütze nach ihm noch nicht bekannten und/oder auch neuen Interpreten und Songs in den Genres, die „Americana“ ausmachen, forscht, hat er Croce’s Witwe Ingrid, die in San Diego einige Cafés und Restaurants betreibt, besucht und neues über Croce’s Songs und auch ältere unveröffentlichte Aufnahmen erfahren, wie er im Gespräch mitteilte.
Und weil auch bei den anderen selbstkomponierten Stücken der jüngsten Schütze-CD „Unsung Songs“ wie dem eher dem traditionellen Country-Rock der 60er/70er-Jahre zuzuordnenden „Every now and then“, oder dem sehr bluesigen „Spiritual Journey“, der Zugabe „Good time coming“ oder „Remember forget“ so etwas Langeweile eher Lichtjahre weit weg war, bleibt ein eindrucksvolles Konzert-Erlebnis in Erinnerung mit einer erstklassigen Band, packender Musik und hervorragenden Musikern. Nur ein paar Besucher mehr hätten es schon noch sein können.
Ich finde das sehr gut. So sollen Konzertberichte sein: Aufgeschnapptes, Nachdenkenswertes, Inormatives, eben erzählerische Elemente gehören mit ins Boot, nicht nur blanker Bericht über den Abend.