Manuel Andrack ist Redakteur, Moderator und Autor. Von 1995 an arbeitete er als verantwortlicher Redakteur für die Harald-Schmidt-Show, ab 2000 war er als sog. Sidekick Ansprechpartner und sichtbarer Teil der Show. Die Zusammenarbeit mit Harald Schmidt endete 2008. Da hatte Andrack bereits mehrere erfolgreiche Bücher zum Thema Wandern veröffentlicht („Du musst wandern“, 2005; „Wandern“, 2006) und es sollten noch weitere folgen. Heute bezeichnet er sich als „Deutschlands Wanderexperte Nummer eins“. Im Frühjahr erschien mit „Schritt für Schritt“ ein neues Wanderbuch, diesmal mit einem besonderen Konzept: Andrack hat sich dafür 16 klassische Wanderungen aus der Weltgeschichte zusammengestellt, alle (zum Teil mit Orts- bzw. Sachkundigen) abgewandert und beschreibt die Umstände und Eindrücke in seiner ihm eigenen Art.
Die weltgeschichtlichen Wanderungen umfassen Strecken in Deutschland, einigen Nachbarländern (Frankreich, Schweiz, Luxemburg), Südeuropa (Griechenland, Nordspanien) und außereuropäischen Zielen (Ägypten, Israel) und erstrecken sich thematisch von der Vor- und Frühgeschichte (Steinzeit, Ägypten), über die Antike (Sparta, Jesus Trail, Römisches Reich) bis in die deutsche Geschichte (Luther, Dreißigjähriger Krieg, Schloss Hambach, Verdun, KZ Sachsenhausen), sogar eine sehr aktuelle Wanderbewegungen (Flüchtlingstreck) ist dabei. Wie gewohnt geht Andrack jede einzelne Unternehmung gut informiert, unvoreingenommen und ohne falschen Respekt an. Andrack sorgt für eine vielversprechende Ausgangssituation und eine geschichtsträchtige Marschrichtung. Oft hat er Wanderpartner an seiner Seite, die en passant interessantes Expertenwissen in die Beobachtungen mit einfließen lassen. Bei den historischen Betrachtungen werden immer auch gegenwärtige Zustände miteinbezogen. Aus diesen zum Teil beträchtlichen Gegensätzen ergeben sich dann skurrile Situationen, die durch Andracks eloquente und originelle Interpretation sowohl lehrreich, als auch unterhaltsam formuliert werden. Sein Humor ist bodenständig und dabei trotzdem fein und gibt so den Texten die richtige Würze.
Nicht alle Wanderorte wirken auf den ersten Blick viel versprechend, aber Andrack hat das beeindruckende Talent auch aus seltsamen Begegnungen, Missgeschicken und unvorhergesehenen Geschehnissen ein Maximum an Inhalt herauszuarbeiten. Immer wieder tauchen auch seine Lieblingsthemen auf: Selbstverständlich das Wandern, Fußball, Biergenuss, Kölner Dom etc. Der Name Harald Schmidt fällt dagegen kein einziges Mal.
Die Bewanderung der klug ausgewählten Strecken hat sich wohl über 1-2 Jahre erstreckt. Es gibt einige herausragend gelungene Kapitel, zum Ende hin häufen sich aber auch einige relativ kurz geratene, die etwas nach Pflichterfüllung gegenüber der programmatischen Vorlage schmecken (z.B. Verdun, Spiez, Hanging). In seiner Gesamtheit jedoch allemal ein spannendes Konzept und ein weitestgehend gelungene Ausarbeitung. Die Routen selbst sind mitunter durchwachsen und nicht durchwegs zum Nachwandern empfohlen, bei einigen wird davon ausdrücklich abgeraten (z.B. Verdun). Es handelt sich bei dem Buch also keinesfalls um einen klassischen Wanderführer.
Das Buch hat in der Mitte farbige, Fotos mit stark dokumentatorischem Charakter. Jedem Kapitel ist eine einfache, vom Autor handgezeichnete Übersichtskarte vorangestellt. Das Buch erscheint bei Malik, hat 320 Seiten und kostet 19,99€.
Tipp: Manuel Andrack schreibt regelmäßig über seine Wanderungen auf seinem Blog.
Da denke ich zuallerst an Seume.
Nein, Wandern ist die gesündeste Sportart, bei weitem, denke ich. Da Wandern auch das Herz weiten kann und man seinen Körper dadurch besser spüren lernt, geradezu ideal. Gerade, weil man als Erwachsener in der Regel den Bezug zu Bewegung verliert, kann Wandern diesen Bezug wieder herbeiführen.
Ich lernte erst kürzlich, daß meine Eltern über Jahrzehnte hinweg fleissig alles bewandert haben, was sich so in kurzer oder weiter Entfernung bot. Ein wahrhaft unermesslicher Erfahrungsschatz, leider nicht alles mit Fotos dokumentiert!
@Gerhard: hast du denn auch schon – wie Andrack – historische Stätten zu Fuß abgeschritten und vermessen?
Ich habe ja gerade den alten Wanderweg von New Orleans am Mississippi River Richtung Norden erkundet, allerdings nicht zu Fuß, das hätte dann doch zu lange gedauert. Mit nach einer Weile auf den Natchez Trail Parkway Richtung Nashville abgebogen, angeblich auch ein alter Siedlerweg. Nur sind die Dimensionen in den USA zu groß. Die historischen Strecken, die Andrack rausgesucht hat, waren erstaunlich kurz und gingen nie über Nacht.
Die Italienische Reise von Goethe war ihm wohl zu lang.
Ich könnte mal die historisch belegte Deutschlandreise von Mark Twain abwandern. Müsste mal schauen, wann und wo die genau stattgefunden hat.
Nein, ich bin eigentlich kein Wanderer. War früher Läufer, jetzt mache ich lediglich WIEDER gerne Spaziergänge.
War früher oft in Städten zu Fuß unterwegs, gerade in Spanien, wollte wirklich alles sehen, praktische jede Strasse betreten haben. Das war so eine Manie. Ich habe die Städte regelrecht abgegrast.
„Der Spaziergang nach Syrakus“ ist ja so ein Kultbuch, voll von Anspielungen, die man heutzutage kaum mehr verstehen kann.
Das Buch werde ich mir unbedingt holen. Schade, daß Andrack keine mehrtägigen Wanderungen beschreibt. Hier denke ich an den Friedenswegs in Norditalien. Der dürfte aber dann Richtung Wandern / Klettern gehen.
@Artur: Es handelt sich bei „Schritt für Schritt“ aber keinesfalls um einen klassischen Wanderführer. Dafür von Andrack dann lieber „Wandern“ oder „Gesammelte Wanderabenteuer“.
@dennis: Danke für den Hinweis