Aus der Mitte kommt die Kraft (KW07 2017)

Die letzten Wochen war viel Kleinkram zu tun. Letzte Aufnahmen für diverse Projekte, kontrollhören, editieren, bouncen und anschließend transferieren. Wenig Spektakuläres, aber man muss dabei immer konzentriert bleiben um keine Fehler zu machen. Diese Art Tätigkeit fühlt sich wie sehr anstrengende Arbeit an.

Mitte der Woche (Mi) dann ein kleines Highlight: Sandra Buchner, Camilo Goitia und ich haben uns früh am Vormittag im Theater am Neunerplatz getroffen um dort ein paar Videos für aktuelle und kommende Albumveröffentlichungen abzudrehen. War ein wunderbarer, klarer und sonniger Morgen. Gleich nach Ankunft haben Camilo und ich gemerkt, dass wir noch wichtige Dinge vergessen hatten, also gleich unter Zeitdruck nochmal nach Hause und wieder zurück. Ich war als erster wieder da und begann schon mal mit behind the scenes-shots in der Garderobe. Als auch Camilo wieder da war, wurden wir freundlich darauf hingewiesen, dass hinter einem schweren, schwarzen Vorhang an der Bühnenrückwand ein sensationeller, von hinten farbig beleuchtbarer Hintergrund aus Milchglaselementen verborgen lag. Und den durften wir auch noch verwenden, Glück muss man haben und wenn es daher kommt, muss man es packen und für eine Weile festhalten!

Sandra Buchner & Camilo Goitia bei den Dreharbeiten (Foto: Dennis Schütze)

Die Aufnahmen bekamen dadurch einen ganz andere räumlichen Tiefe und durch die verschiedenen Farben konnten wir die einzelnen Videos sogar noch relativ einfach optisch voneinander abgrenzen. Wir hatten Zeit bis um 13.00 und legten sofort und ohne jede Pause los. Pro Track jeweils 2-3 Totalen, 1-2 Einzelshots der Beteiligten und noch ein paar Szenen oder Stilleben aus der Hand. War heftig, weil Camilo und ich ja gleichzeitig filmten und als Darsteller agierten. Lief aber wie am Schnürchen, wir hatten einfach gar keine Zeit und Nerven für Probleme oder Diskussionen, jeder machte, was er im Augenblick für richtig hielt. Dieser Arbeitsweise kann ich etwas abgewinnen. Kurz vor der vereinbarten Deadline waren wir fertig, schnell noch zusammen packen, großes Danke an die freundlichen Leute vom Theater und ab dafür zum Mittagtisch beim Italiener umme Ecke.

Gefilmt wurden übrigens Szenen für die Songs „Summer Wine“ und „Walkin’ the Country“ vom aktuellen Album „Urban Chic & Country Cool“ und zwei Songs des kommenden Mini-Albums „Sandra Buchner Sings MJ“.

Nachmittags dann Aufnahmen von Gesangspiloten zu einem dritten Track von Doro T. Der zweite Track befindet sich gerade im Mix. Das Projekt läuft mittlerweile unter dem Motto „Iconic Popsongs of the 1980s in 88bpm“. Anfang der Woche hatte ich bereits E-Bass und Piano für einen neuen Track des Liedermachers Simon-Philipp Vogel eingespielt und in den Mix gegeben. Jetzt kam die Nachricht, dass es gut gefällt. Evtl. biete ich noch Backingvocals an, wenn sein Leadvoc steht.

Abends ein Treffen mit dem Würzburger Soundschrauber Thomas Velten, der mit Kieser & Velten in den frühen Nuller-Jahren ein paar kleine Erfolge feiern konnte. Beeindruckendes Studio im Star Track Ambiente. So viele aktuelle und historische Gerätschaften, dass ich nur noch blickende Lichter sah und fast die räumliche Orientierung verlor. Wir hörten Tracks von ihm und aktuelle Sachen, die ich mitgebracht hatte. Während des Anhörens sprach Velten kein Wort, war ganz Ohr, geradezu andächtig, sehr schön, was für ein respektvolles Verhalten gegenüber einer musikalischen Darbietung, auch wenn sie „nur“ von Konserve kommt. Man kann sagen, dass sein Ansatz (sampeln, collagieren, remixen) so ziemlich genau das Gegenteil ist von dem, was ich seit Jahr und Tag mache (Songs schreiben, Instrumente spielen, performen), deswegen war es sehr interessant das alles zu sehen und zu hören, meine auch, dass ich bereits jetzt ordentlich was dazu gelernt habe. Ich muss mehr Netzwerken, mehr Unbekanntes erfahren, mich mehr einlassen, heißt ja nicht, dass man alles widerstandslos übernimmt und mitmacht, aber die Reflexion über die neuen Eindrücke regt das eigene System extrem an. Anlesen und Instruktionsvideos ansehen, ist halt nur ein kleiner, etwas arg sachlicher Zugang. Wenn einem passionierte Menschen Zugang gewähren, hat das nochmal eine andere Qualität. Und mir scheint, dass die Leute, die ich kontaktiere, sich andererseits freuen, dass sich jemand für sie und ihre Arbeit interessiert. Win/win.

Eine gute Woche also, es geht voran. Jetzt werden die Filmaufnahmen gesichtet und sortiert und parallel weitere an Tracks geschraubt und mehr und mehr finalisiert und veröffentlicht. Ab Mitte März kann ich mich dann wieder neuen, eigenen Projekten zuwenden.

PS: Heute dreimal hintereinander das Album „Country for Old Men“ (2016) von John Scofield durchgehört. Gefällt mir ausnehmend gut, genau deswegen macht mich der Albumtitel nachdenklich. Bin anscheinend schon älter als ich mich fühle. Genau das sagt meine Mutter auch immer!

10 Gedanken zu „Aus der Mitte kommt die Kraft (KW07 2017)

  1. Hat wieder richtig Spaß gemacht. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!! Freue mich sehr auf das Ergebnis. Ich glaube, nein ich weiß, wir haben ALLE ALLES gegeben 🙂

  2. War heute auch beim Italiener am Neunerplatz und anschl. gegenüber im Theater.
    Kenne auch das Milchglas:-)
    Du machst deinen Weg, Dennis.
    Was du mit dem Ältersein meinst, weiß ich nicht. Das müsstest du mal erklären.

    • @Gerhard: Ich höre immer schon Musik aus vergangenen Zeitaltern und kaum etwas aus der aktuellen Gegenwart. Das entdecke ich dann erst mit jahrelanger Verspätung und es kommt mir dann ganz frisch und neu vor. Stefan Hetzel hat mich deswegen mal als „Klassizisten“ bezeichnet, ich denke, das trifft es ganz gut. Das sind Tendenzen, die einem mitgegeben sind, wenn man sie erkennt, kann man sie bewusst pflegen, sie als Stärken ausbauen oder aber ihnen entgegenwirken, das ist dann allerdings anstrengend, weil man immer wieder gegen die eigene Natur angehen muss. Aus der Reibung zwischen diesen beiden Seiten, kann allerdings manchmal ein lodernes Feuer entstehen.

  3. Das war mir bekannt, aber was es faktisch genau bedeutet, eben nicht. D.h. man bräuchte Gegenüberstellungen von Material, um erkennen zu können, was das Mastern jeweils gebracht hat, am besten wohl in einem Studio. Vielleicht gibt’s so etwas auch auf Youtube.
    Zumindest kann ich mich erinnern, mal was zum Datenverlust von mp3 gehört zu haben. Das ist ne gute Weile her.

    Loudness War war mir auch schon begegnet. Als passionierter Hörer kommt man an solchen Begriffen fast zwangsläufig vorbei 🙂

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