Maciej Obara ist ein polnischer Saxophonist und Komponist. Er spielte mit Antoine Roney, Tomasz Stanko, John Lindberg und Harey Sorgen. Nach etlichen Aufnahmen als Sideman und mit der eigenen, wechselnden Quartettbesetzung hat er nun ein Album für das renommierte deutsche Label ECM veröffentlicht. Die Aufnahmen dazu fanden statt im Januar 2017 in Kopenhagen, beteiligt waren, neben Obara selbst, sein Landsmann Dominik Wania (piano) und die Norweger Ole Morten Vagan (kbass) und Gard Nilssen (drums), beide arbeiten u.a. für Mathias Eick.
Die entstandene Musik ist zeitlos/zeitgenössisch, nordeuropäisch, instrumental und improvisiert. Im weitesten Sinne handelt es sich wohl noch um Jazz. Allerdings stellt sich die Frage, ob improvisierte Musik immer auch gleich Jazz sein muss. Der harte Drive, der hohe Energielevel und die Unmittelbarkeit des nordamerikanischen Modern Jazz ist hier kaum mehr zu spüren. Bei Obara klingt alles lyrisch, farbenreich, ausgewogen, fast schon wie komponiert, es wirkt zurechtgelegt, durchgeplant und dann auf hohem musikalischen Level durchmusiziert. Keine Spur von Neugier, Abenteuerlust, Pioniergeist.
Ausgegangen wird bei den sieben Albumtracks von sechs Eigenkompositionen, deren Themen Obara jeweils klar und präzise vorangestellt. Als Mittelstück der sieben Tracks ist die einzige auf dem Album enthaltene Fremdkomposition „Unloved“ des polnischen Jazzmusikers Krzysztof Komeda zu hören, das zugleich Namensgeber des Albums ist. Interpretation und Sound sind, wie immer bei ECM, herausragend gut. Allerdings wird hier zum wiederholten Mal ein musikalischer Stil und eine Klangästhetik gepflegt, die längst bestens etabliert und daher im hohen Maße vorhersagbar geworden ist. Man badet im gepflegten, nicht endenden Wohlklang, ausgewogene Harmonie und Finesse soweit das Auge und das Ohr reicht. Es ist der Soundtrack für arrivierte, graumelierte Herren im Vorruhestand. Es gibt kein Anfang und kein Ende, es könnte ewig so weiter gehen und wenn man nicht gestorben ist, döst man langsam, aber durchaus angenehm weg in einen Dämmerzustand.
Das bringt uns zurück zur Frage, ob das hier eigentlich noch Jazz ist. Wenn man Jazz als im Kollektiv improvisierte Kunstmusik definiert, dann sicherlich ja. Wenn man Jazz als subversives musikalisches Statement begreift, dann ist das hier das absolute Gegenteil davon. Alles sehr entwickelt und kultiviert, aber eher was für’s nächste, von städtischen Subventionen getragene Jazzfest. Das ist Musik, die sogar die Verantwortlichen im Kulturamt problemlos als künstlerisch wertvoll und unterstützenswert erachten. Eher nicht so der nächste heiße Scheiß, der junge Menschen begeistert und umdenken lässt.
Dazu passt das klassische Albumdesign aus s/w-Fotos und dass auf Linernotes einfach komplett verzichtet wurde. Was hätte es schon groß zu sagen gegeben? Angaben zu Aufnahmeort und verantwortlichen Produzenten sind genug. Man will gar nicht mehr wissen.
Das Teaservideo zum Album: