Pünktlich zum 40. Jubiläum im Jahr 2018 erscheint eine umfassende und autorisierte Bandbiographie der Formation Deutsch Amerikanische Freundschaft, kurz DAF. Aber wer oder was ist DAF? Menschen, die die frühen 1980er nicht bewusst mit offenen Ohren für progressive deutsche Popkultur durchlebt haben, könnten sich diese Frage durchaus stellen. DAF ist eine Musikformation aus Düsseldorf, die sich 1978 aus der autonomen Punkszene gründete. Kern der Gruppe sind der Sänger und Tänzer Gabi Delgado und der Keyboarder und Schlagzeuger Robert Görl. Mit drei kurz aufeinander folgenden Alben (1981/82) wurden sie zu den weltweit einflussreichsten Pionieren im Bereich der Electronic Body Music (EBM) und Wegbereiter von House und Techno. Obwohl beide mit Unterbrechungen, getrennt und zusammen weiterhin musikalisch aktiv sind, waren sie einem breiten Mainstreampublikum nicht bekannt.
Soweit die Kurzfassung. Wer es genauer wissen will, dem sei „Das ist DAF“ (Buch/CD-Box) empfohlen. Hier wird die ereignisreiche und turbulente Geschichte des außergewöhnlichen Projekts im Detail erklärt. Die Protagonisten Delgado und Görl wurden dazu umfangreich und ausführlich interviewt und kommen über weite Strecken in direkter Rede zu Wort. Die Interviewanteile, die sich zum Teil wiedersprechen, wurden von den zwei weiteren Autoren strukturiert und durch maßvolle Zwischentexte in einen sinnvollen Zusammenhang gerückt. Interessant ist, dass Miriam Spies sich gleich im Vorwort zum Buch als Nachgeborene outet und weder DAF, noch ihre Musik vor dem Buchprojekt kannte. Man hat den Eindruck, dass diese Außenperspektive dem Aufbau des Textkörpers sehr gut getan hat, denn der ist durchaus ungewöhnlich.
Die Geschichte startet nicht etwa mit Einzelbiographien bis zur Begegnung der Gründungsmitglieder, nein, los geht es gleich mit den ersten, großen kommerziellen Erfolgen in England und Deutschland, Berichten über Konzerttouren und die praktische Arbeit im Studio. Von da setzt sich die Geschichte fort bis zur unmittelbaren Gegenwart. Erst danach, im letzten Teil und sozusagen als Prequel werden die Vorgeschichte, die ersten musikalischen Gehversuche und die sehr speziellen Lebensbedingungen von Delgato und Göhrl beschrieben. Dieser nicht-chronologische Aufbau gibt dem Gesamttext einen guten Drive und es macht auch Lesern, die mit der Materie nicht gänzlich vertraut sind, Lust weiterzulesen. Über den Text verteilt sind ca. 25 knackige Gastbeiträge von Weggefährten und Musikerkollegen wie z.B. Flake, Rocko Schamoni, die dem Leser immer wieder neue, interessante Perspektiven eröffnen. Dadurch und durch die allgemeinen Erklärungen von Delgado und Görl wird diese vermeintliche Bandbiographie gleichzeitig zum Epochenportrait für deutschsprachige KunstPunkPopAvantgarde der Prae-NDW-Ära.
Parallel zum Buch erscheint das gleichnamige Kompilationsalbum (5CDs) mit wegweisenden Titeln wie „Der Mussolini“, „Kebabträume“, etc. CD5 enthält brandneue Remixe von klassischen Titeln von z.B. Giorgio Moroder, Westbam etc.
Fazit: „Das ist DAF“ ist Bandgeschichte und Bestandsaufnahme, Beziehungsdiagramm und Epochenportrait. Erfreulich, dass Werk und Werdegang dieser starken und innovativen Truppe nun auch für Außenstehende und Nachgeborene nachvollziehbar wird. Ein weiteres, gewichtiges Dokument deutschsprachiger Popmusikgeschichte aus dem Schwarzkopf-Verlag.
Das Buch enthält viele, zum Teil bisher unveröffentlichte s/w-Fotos insbesondere aus der frühen und sehr frühen Phase, u.a. Albumcover, Posterprints, Pressefotos und Konzertbilder. Inkl. Diskographie und Kurzbiographien der GastautorInnen. Das gebundene Buch erscheint im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, hat 360 Seiten und kostet 24,99.
Wieder so eine Erinnerung an den Falkenhof.
Tanz den Mussolini war schon ganz schön schräg!
@Robbie: Tanz den Jesus Christus!
@Robbie: Tanz den Jesus Christus!