Nasskalt & dunkel (KW44/2021)

Herbst- oder Allerheiligenferien sind die erste kleine Pause im neuen, bayerischen Schuljahr und eine Möglichkeit zum Innehalten und Luftholen. Kleiner Rückblick: Zum Monatswechsel September/Oktober 2021 kam mit großer Verspätung der 25. Bondfilm „No Time to Die“ in die Kinos. Gelegenheit für mich zwei Anfang 2020 entstandenen Videos mit Musik von dem eigenen Album „James Bond 007“ zu veröffentlichen. Allerdings war für mich eine echte Euphorie für das Thema weder bei mir selbst noch bei Verwandten, Freunden und Sympathisanten zu spüren. Der Film selbst war zwar schon irgendwie okay, der Einsatz von Filmmusik und Klangeffekten sogar herausragend, aber es war eben doch ein vorhersehbarer, fast schon langersehnter Abgang bzw. Abgesang. Man hatte vorher bereits scheibchenweise Abschied genommen, da war das tragische Ende gar nicht so tragisch und schon gar kein Schock mehr. Farewell James!

Kurz vorher Bonds Ende erschien noch die LoFi-EP „LiLa“ von Sandra Buchner und LoFiLu, die aber leider die Hörerschaft auch nicht in dem Maße erreichte, wie wir uns das gewünscht hätten. Klangergebnis ist mehr als zufriedenstellend und gegenseitig fanden Sandra und ich uns ja sowieso schon immer gut, das muss erstmal reichen. Schöner Abschluss (oder Start)? der kurzen Rezeptionsphase war ein langes Interview für den Deutschlandfunk Kultur, von dem kleine Ausschnitte zusammen mit einigen musikalischen Schnipseln tatsächlich versendet wurden. Allerdings wurde uns im Vorfeld eine verkehrte Sendezeit mitgeteilt und so saßen wir, jeder für sich vor seinem Radio und warteten auf den Beitrag, obwohl der längst gelaufen war. Wir haben uns also im wahrsten Sinne selbst verpasst, immerhin aber zusammen und sogar gleichzeitig, mehr darf man anscheinend nicht erwarten, bzw. später dann nicht enttäuscht sein. So kam es zu Dialogen wie diesem: „Ich habe dich gestern im Radio gehört“ – „Ich mich leider nicht“. Aber egal ich höre mich ja jeden Tag, oft sogar mehr als mir selbst lieb ist, was willst du machen?

Ansonsten habe ich den metrologisch fast durchgängig unwirtlichen Monat Oktober damit verbracht Produktionen zu besprechen, vorzubereiten, aufzunehmen, einzusingen, einzuspielen, zumischen, durchzuhören und dann nochmal alles von vorne. Ergebnis: „WEIT“ von Simon-Philipp Vogel, eine über Jahre entstandene Kompilation schöner Interpretationen deutscher Popsongs. Dazu eine VÖ „Unsquare Dance“ von LoFiLu und eine weitere Eigenkomposition „Phrygian Azure“ in der Pipeline. Ganz viel Zeit, Arbeit und Liebe floss in eine EP, die ich zusammen mit dem Würzburger Grisu Biernat und dem Ur-Eibelstädter Thilo Hofmann produziere. Jeder von uns wählt und singt zwei Songs, zusammen also sechs und wir unterstützen uns gegenseitig instrumental (Biernat: agit, Hofmann: ebass, Schütze: orgel, egit), vor allem aber vocal, es entstanden sehr schöne Chorpassagen, fast immer dreistimmig. Mit „Weight on the Levee“ erschien Mitte Oktober bereits eine Vorabsingle dieser Formation, noch vor Weihnachten wird die EP zusammen mit drei (!) Videos veröffentlicht. Selbst konnte ich u.a. meine Version von „Hard Times“ (Stephen Foster) beisteuern, ein alter, aber zeitloser amerikanischer Folksong aus dem 19. Jahrhundert, den ich schon mal vor mehr als 10 Jahren aufnehmen wollte. Schöne drums, Gitarren und Melodica wurde damals eingespielt, doch irgendwie scheiterte ich an dem Gesangspart und der ganze Track geriet ins Abseits. Die alte Drumspur hat sich aber wirklich auf einer ausgemusterten Festplatte wiedergefunden und wir konnten direkt anschließen und alles sinnvoll vervollständigen. Meine Stimme, zehn Jahre reifer und erfahrener, passt jetzt auch endlich zu dem von Lebenserfahrung gesättigtem Songtext, alles gut ausgegangen also, wenn auch mit zeitlichem Delay. Im Lichte der Ewigkeit betrachtet wird ja sowieso alles gut, bzw. vielleicht auch nicht, aber das ist letztlich auch nicht so wichtig. Ich fühlte mich jedenfalls bestätigt in meinem Glauben an den Song, weiter im Text jetzt.

Nachdem Sandra Buchner und ich uns lange genug gegenseitig zugesprochen und bildlich auf die Schulter geklopft hatten, war dann auch mal wieder Zeit was zu starten und wir wollen anschließen an die Idee, die uns immerhin ins nationale Radio gebracht und unseren Ruhm gemehrt hat. Nach „LiLa“ kommt die Nachfolge-EP „ RoSa“, Arbeiten daran haben bereits begonnen, der erste Tack ist fertig, am Cover wird noch gefeilt, Vorabsingle kommt hoffentlich vor Weihnachten. Davor sogar noch eine weitere Zwischen-Doppel-Single mit zwei choralartig arrangierten Popsongs bei denen meine Fußpump-Orgel aus Detroit zum Einsatz kam, getragen von Sandras dunkler Altstimme und umrahmt von einem tiefen, osmanischen, handgeklöppelten Ridebecken, aber hört zu gegebener Zeit selbst.

Planungen für Aufnahmen von eigenen Songs sind schon im Gange, starten aber frühesten zum Jahreswechsel. Werde dafür erste Songs aus meiner frühesten, jugendlichen Kreativphase sichten und überarbeiten. Davon sind etwa 30-40 in alten Ordern, Heftern und Büchern niedergeschrieben, die ich nun, 30 Jahre später erstmals wieder sichten, anspielen und in Form bringen werde. Bin selbst gespannt, ob die Melodien alle noch da sind, denn notiert wurden damals nur Texte, Akkordfolgen und Abläufe. Melodie und Rhythmen hatte ich ja im Kopf, damals jedenfalls, mal sehen, wenn nicht, muss ich mir eben was einfallen lassen. Über Unvermögen hinwegtäuschen, Lücken schließen, Leerstellen kreativ befüllen, mache ich quasi täglich mehrere Stunden, das bin ich gewohnt, das kann ich inzwischen ganz gut.

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