Sebastian Schoepp lebte, studierte und arbeitete in Italien, Katalonien und Argentinien, war Redakteur der SZ, wo es vor einigen Jahren den Dienst quittierte und verfasste zuletzt einige Bücher. Sein Interesse gilt menschlichen Sozialbeziehungen, seine Form ist das erzählende Sachbuch. Nun hat er ein lesenswertes Buch über Wesen und Formen der Freundschaft geschrieben. Es ist gleichzeitig eine Bestandsaufnahme und engagiertes Plädoyer für Pflege und Erhalt dieses besonderen Phänomens.
Dass Schoepp ein erfahrener Schreiber ist, spürt man als Leser bereits ab der ersten Buchseite. Sein Stil ist persönlich, spannend, offen, anekdotenreich, tiefreichend, spannend, unterhaltsam, informiert, lehrreich, klug, strukturiert, facettenreich und umfassend. Eingerahmt und durchwebt von persönlichen Freundschaftserlebnissen schreibt er in 14 Kapiteln über die verschiedensten, grundsätzlichen Aspekte und Manifestationen von Freundschaft. Es geht um Kinder-, Jugend- und Studentenfreundschaft, Liebschaft, Einsamkeit, Wahlfamilie, Modelle des Altertums, Männerfreundschaft, zwischen den Geschlechtern, Frauenfreundschaft, grenzüberschreitender Freundschaft, Amigos und Spezlwirtschaft, Digitale Begegnung, Verantwortung und Fürsorge füreinander, Freundschaft im Alter und partnerschftliche Gemeinschaft in Projekten.
Wie man auf Schoepps Homepage nachlesen kann, war der Impuls für seine Bücher und insbesondere für das vorliegende eine grundsätzlicher Richtungswandel im eigenen Leben, ob der freiwillig erfolgte, bleibt einigermaßen im Vagen. Zusätzlich befindet er sich in einem Lebensalter, in dem man, ausgestattet mit genügend Erfahrungen, zurückblickt und vorausschaut. Den Abschied von seinem Eltern hatte er bereits in dem Vorgängerbuch thematisiert, nun betrachtet er seine eigene Situation als Einzelkind und kinderloser Babyboomer ohne nähere Verwandtschaft oder Verpflichtung, aber mit Lebenspartnerin und vielen Freunden aus allen Lebensphasen und unterschiedlichsten Orten.
Immer wieder wird der Text sehr persönlich, aber nie unnötig sentimental. Schoepp gelingt der Spagat seine persönlichen Erfahrungen bereichernd einzubringen, spezielle Situationen zu illustrieren, erzählerische Übergänge zu schaffen und kehrt doch immer wieder zurück zur Sachlichkeit und interessanten Informationsdetails, die journalistisch sauber und korrekt belegt werden (Literaturliste im Anhang). Gerne zitiert er dabei die SZ, aber auch aktuelle Studien, bekannte Philosophen, Klassische Literatur und Popsongtexte. Seine versierte Belesenheit, seine bescheidene Offenheit, seine achtsame Mitteilsamkeit öffnen interessante Perspektiven, machen aufmerksam, wirken anregend und gleichzeitig beruhigend, weil er Dinge anspricht, die im Grunde jeden betreffen und bewegen, jeder schon einmal so oder so ähnlich erlebt hat. Der Untertitel: „Wie wir gemeinsam wieder zu mehr Leichtigkeit und Lebensfreude finden“ ist deswegen weniger esoterisch oder weltverbesserlich als es auf den ersten Blick erscheint. Vielleicht nimmt der ein oder andere die Lektüre zum Anlass alte Freundschaften zu erneuern oder offen in neue Begegnungen zu gehen und sie aktiv zu gestalten. Da wäre schon viel gewonnen, sowohl für den einzelnen, als auch für die Gemeinschaft. Schoepp selbst scheint da mit gutem Beispiel voranzugehen.
Fazit: Ein wunderbares Manifest für Freundschaft in all ihren verschiedenen Facetten, deren Entstehung, Pflege und Erhalt. Lasst uns gemeinsam freundlich, freudig und leicht sein!
Das Taschenbuch erscheint im Westend Verlag, hat 240 Seiten und kostet 24 Euro.
Rettet die Freundschaft!
Lasst uns gemeinsam freundlich, freudig und leicht sein!
Eine bedenkenswerte Quintessenz!