Felix Lobrecht wuchs im Ortsteil Gropiusstadt, Berlin-Neukölln auf, flog von der Schule, jobbte rum, holte selbständig sein Abi nach, brach erst eine Ausbildung, dann ein Studium ab. Erfolge verzeichnete er als Poetry Slamer und Stand-up Comedian, was zu einigen Fernsehauftritten führte. 2015 veröffentlichte er die Textsammlung „10 Minuten? Dit sind ja 20 Mark!“, 2017 seinen erfolgreichen Debutroman „Sonne und Beton“.
Erzählt werden einige bewegte Tage im Leben der jugendlichen Freunde Gino, Julius und Lukas während eines heißen Sommers in Gropiusstadt, Berlin. Die Jungs schwänzen Schule, verplempern ihre Zeit, ärgern sich mit Arabern und Türken herum, haben mit Schlägern, Kleinkriminellen, Drogenhändlern zu tun. Zuhause läuft es auch nicht besonders und sie brauchen Geld, lassen sich schließlich zu einem vermeintlich todsicheren Diebstahl an der eigenen Schule überreden und geraten in immer größere Schwierigkeiten.
Lobrecht schreibt in Ich-Form und authentischer Berliner Straßensprache, das wirkt sehr überzeugend und echt, gar nicht verkünstelt oder aufgesetzt. Auch die Szenen und Dialoge wirken so, als ob er gleiches oder ähnliches selbst erlebt hätte. Die große Schwäche des Romans sind Dramaturgie, Spannungsbogen und die Story selbst. Es passiert wenig und das auch noch langsam und ziemlich eindimensional. Es gibt kaum unvorhergesehene Handlungswendungen oder zweite und dritte Ebenen, die nach vorne gearbeitet werden und dann doch mal eine Rolle spielen.
Obwohl der Roman unerwartet erfolgreich geworden ist, viel gekauft und (hoffentlich auch) gelesen wurde, reicht er nicht an die Qualität anderer Popliteratur wie „Soloalbum“ oder gar „Tschick“ heran. Trotzdem wurde das Buch zur Vorlage für den gleichnamigen Film (Drehbuch vom Autor selbst), der Anfang März 2023 (Regie: David Wnendt) erscheint. Die Trailer lassen auf etwas Besonderes hoffen, sicherlich wurde der Stoff überarbeitet und dramaturgisch verbessert. Die Vorabszenen sind vielversprechend, zum Glück wurden unbekannte Darsteller gewählt, Gropiusstadt hat seinen eigenen Charme, Bilder, Licht & Kameraführung sind stark.
Vielleicht ist’s genau andersrum als bei „Tschick“. Da war das Buch großartig und der Film eher so halbgeil. „Sonne und Beton“ ist als Debut akzeptabel und als Film evtl. deutlich stärker. Wäre erfreulich, denn dass Lobrecht ein vielversprechender Macher sein kann, hat er sich selbst längst bewiesen. Dran bleiben! Da kommt noch mehr.
Erscheint bei Ullstein, 224 Seiten, TB 12 €.