Vor mehr als zehn Jahren hatte ich ein Zimmer in einem Würzburger Gitarrenladen untergemietet um dort ungestört schreiben, üben und unterrichten zu können. Dort gingen Freunde, Bekannte, Schüler und Kollegen ein und aus, es gab zwischen meinen beruflichen Verpflichtungen viele Begegnungen und Gespräche mit den unterschiedlichsten Menschen. An irgendeinem Tag kam eine Mutter mit ihrem jugendlichen Sohn vorbei und sagte sinngemäß, er spielt Gitarre, singt und schreibt Lieder, ob ich weiterhelfen, ihm etwas beibringen könnte. Ich bejahte und der Sohn und ich haben uns ab da für eine Weile regelmäßig getroffen.
Alex, so hieß er, kam wöchentlich vorbei und hatte schon etliche, eigene, sehr aussagestarke Lieder in deutscher Sprache geschrieben. Es ist zwar schon lange her, aber ich kann mich erinnern, dass mich seine offensive Energie, seine Lebenslust und sein Schaffensdrang beeindruckten, sowas sieht und erlebt man auch als Musiker nicht alle Tage. Die Treffen erinnere ich als ernsthaften, kollegialen Austausch von textlichen und musikalischen Vorschlägen und Ideen. Ich meine, es gab zu der Zeit ein paar Auftritte im Umfeld des Gitarrenladens, dann verloren wir uns aus den Augen und haben uns überhaupt gar nicht mehr gesehen. Ich hatte den Eindruck, er hätte die Stadt oder sogar das Land verlassen.
Vor einige Monaten bekam ich dann einen überraschenden Anruf auf dem Festnetz, da ruft normalerweise nur meine Mutter und die Mutter meiner Kinder an. Am anderen Ende der Leitung meldete sich Alex, erklärte kurz wer er wäre und fragte, ob ich mich noch an erinnere. Konnte ich. Von den damaligen Songs sei nichts übriggeblieben, sie wurden seinerzeit nicht aufgenommen und sind komplett in Vergessenheit geraten, aber er spiele noch Gitarre und habe seit diesem Frühjahr ca. ein Duzend neue Lieder geschrieben und will die diesmal aufnehmen und produzieren, ob ich weiterhelfen könnte. Ja, könnte ich.
Einige Tage später trafen wir uns zum ersten Mal seit vielen Jahren und ohne lang rumzumachen spielte er mir alle neuen Lieder in der Reihenfolge vor, wie sie aufgenommen und auf einem Album platziert werden sollten, dazwischen nur knapper Austausch, die Lieder waren meiner Ansicht nach vollendet und fertig zur Aufnahme. Es wurden noch einfache Demos gemacht um formale Abläufe zu optimieren, eine weitere Woche später begannen die Aufnahmen. In drei Sessions haben wir alle Gitarren und Gesänge zum Klick aufgenommen, ich habe nachträglich Beats und Bässe programmiert, Orgeln und Synthies eingespielt, Samples zusammengesucht und Backings eingesungen. Alex war mit meinen Ideen und Skizzen zufrieden, die Arbeiten kamen sehr schnell voran, nach 3-4 Wochen war das komplette Album mit letztlich 11 Tracks fertig produziert, gemischt und gemastert. Es folgten noch eine Foto- und Videosession, nächste Woche erscheint die erste Single „Dieser Abend“, im Dezember die zweite Single „Sterne scheinen“ mit einem Gastauftritt der Würzburger Sängerin M.C. Betz und am Freitag den 5. Januar 2024 erscheint das komplette Album „Bluetensturm“ von Dosvid (so der Künstlername).
Ich fühle mich geehrt, dass Alex die Arbeiten an seinem Debutalbum in meine Hände gelegt hat, mir vertraut hat und mich hat machen lassen. Er hat mit voller Kraft mitgearbeitet, gute Anregungen gegeben und mit großer Ernsthaftigkeit sein Ziel verfolgt, dazu kann ich ihm nur gratulieren. Freue mich außerordentlich über die unaufgeregte und konstruktive Zusammenarbeit und kann kaum erwarten die Tracks der Öffentlichkeit zu präsentieren. Lass die Sterne scheinen!
da steckt viel arbeit drin, idealismus würde ich es nennen, ein wenig vergleichbar mit keramik, deren feritgstellung sich meist lange hinzieht.
@G: Guter Vergleich, beides anspruchsvolle Tontechnik.
Du magst Leute auch, die an sich glauben.