Würzburg – Greding – Dachau – München – Greding – Würzburg

Boah ey, war das ein Wochenende, ein unfreiwillig verlängertes wohlgemerkt. Am Samstagabend stand ein Gig mit der Electric Combo bei dem Stadtfest „Lange Tafel“ in Dachau an. Die Band und ich hatten uns in der Woche davor schon mehrmals getroffen und ein starkes 25 Song-Programm mit ein paar neuen Nummern einstudiert. Am frühen Samstagnachmittag ging’s dann los. Meinen Saab 900 (Baujahr 1992) haben ich betankt, den Reifendruck gecheckt und Kühlwasser nachgefüllt. Wir waren voll besetzt, zwei Gitarren, Frau und Kinder und es lief auch erstmal ganz flott. Würzburg – Erlangen – Nürnberg. Wir hörten das erste Album von Bruno Mars und ich war gerade dabei meiner Tochter die Songtexte simultan zu übersetzen als ich plötzlich einen peitschenden Sound von vorne unter der Motorhaube hörte, ich schaute gleich nach hinten auf die Autobahn, aber im Rückspiegel war nichts zu sehen, anscheinend war nichts abgefallen. Danach dauerte es nur noch ein paar Kilometer bis der Motor richtig – und ich meine so richtig – heiß lief, es dampfte von unterhalb der Motorhaube, ich fuhr rechts ran und der klägliche Rest des kochenden Kühlerwassers verdunstete direkt vor meinen Augen in die trockene Luft über der Autobahn. Der nächste Autohof war nah, ich ließ den Wagen erstmal abkühlen und füllte dann das Wasser wieder auf. Nach 30 Min. versuchte ich langsam weiter zu fahren, aber irgendetwas stimmte nicht, Servo ging nicht mehr, Batterielampe brannte und die Temperaturanzeige ging abartig schnell zurück in der roten Bereich. Also wieder runter, diesmal an der Raststelle Greding, dort wurde mir dann langsam klar, dass ich ein echtes Problem hatte. Bin dann mal in den Kassenbereich gegangen um in meiner Ratlosigkeit nach Wasser zu fragen und da stand vor mir ein gelber Engel, äh, ADAC-Mann und bezahlte gerade drei Schachteln Marlboro. Ich fragte ihn gutgelaunt, ob er vielleicht mal kurz Zeit hätte und er meinte, er hätte seit einer Stunde Dienstschluss. Wunderbar, dachte ich mir als nicht ADAC-Mitglied, handelt sich ja quasi auch um eine Privatsache. Ich erklärte ihm kurz die technische Situation und vergaß nicht Frau und Kinder und das anstehende Konzert in Dachau in einem Nebensatz zu erwähnen und er meinte dann er schaue sich das halt mal an. Das hat der gute Mann dann auch getan, mit dampfendem Glimmstängel hing er über meinem Motorraum und aschte von Zeit zu Zeit hinein ohne dabei die Kippe aus dem Mund zu nehmen. Dann schüttelte er den Kopf und meinte, dass ein Keilriemen gerissen sei und der dann noch weitere Keilriemen mitgerissen hätte, deswegen seien Wasserpumpe, Servolenkung, Klimanlage etc. außer Funktion und das kann an einem Sa-Nachmittag ohne die entsprechenden Ersatzteile niemand reparieren. Weil er mir nicht helfen könne, würde er das jetzt auch nicht berechnen und er empfahl mir meinen Wagen 800 Meter weiter zu einer freien Werkstätte zu fahren und da die Schlüssel einzuwerfen. Genau das tat ich auch, nachdem ich ihm ein saftiges Trinkgeld (vermutlich für weitere Zigaretten) in die Overalltasche gesteckt hatte (er so, freihändig: „Ich darf das nicht annehmen, aber wenn sie es mir in die Tasche stecken, kann ich nichts dagegen tun.“). In der Zwischenzeit hatte ich über das Handy meiner Frau (ich besitze keines, Situationen wie diese kommen mir im echten Leben einfach zu selten vor, außerdem hat dann immer irgendjemand ein Handy dabei) die Band informiert, die sich zu diesem Zeitpunkt in anderen Fahrzeugen verteilt noch hinter uns befand (ein Besuch in einem Fast Food Restaurant hatte anscheinend länger gedauert als erwartet und spielte mir jetzt glücklicherweise in die Karten). Sie waren schnell da, unterhielten während meiner Konversation mit dem ADAC-Mann meine Frau und die Kinder (mit Eiscreme und lustigen Geschichten), als die Entscheidung gefallen war, luden wir die wichtigsten Sachen um (Frau und Kinder waren darunter) und weiter ging’s etwas überladen Richtung Süden. Wir mussten richtig eng zusammenrücken und meine Familie und die Band lernte sich an diesem Sa-Nachmittag mal richtig kennen, ca. 1h später waren wir in Dachau und fanden auch gleich die Bühne.

Die „Lange Tafel“ ist ein Stadtfest in Dachau bei dem die zentrale Münchnerstraße gesperrt wird und dort ein lange Reihe von Biertischen und -bänken längs der Fahrbahn aufgestellt werden. An beiden Enden der Tafeln stehen zwei Bühnen, wir spielten von 19.30 bis 23.00 auf der Nordbühne, war ein tolles, freundliches, gemütliches und angenehmes Stadtfest. Wir hatten einen guten Sound, gute Laune und haben auch einige CDs verkauft.

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Danach fuhr die Band nach Hause ich blieb übernacht im Hotel. Am Sonntagmorgen erstmal Frühstück, danach Abfahrt Richtung Münchner Innenstadt, S-Bahn Stammstrecke gesperrt, aber wir kamen gut durch bis HBF, zu Fuß über den Stachus zum Marienplatz und von da aus mit der U-Bahn zur Universität und weiter zu Fuß zum englischen Garten und quer durch zum Biergarten am Chinesischen Turm. Dort Spielplatz und Karussell für die Kinder, Blasmusik für die Oma (z.B.: „Rosamunde“) und ein kaltes Bierchen für den Papa. Wir sind an dem Tag noch etwas rumspaziert, meine neue Lieblingsstrecke, Ludwigstraße, Schellingstraße, Amalienstraße, Türkenstraße und bis zur Neuen Pinakothek (Sonntags nur 1 Euro Eintritt, Kinder frei!). Abends fuhr meine Frau mit zwei Kindern schon mal heim. Ich musste noch bis Montag warten um rauszufinden was mit dem guten, alten Saab wird und es hat dann sogar bis Dienstagvormittag gedauert bis der Bock wieder flott war. Wir haben uns in München die Zeit vertrieben mit einem Besuch in der Gitarrenwerkstatt Kurt Hartwig (Lindenschmitstraße 31, nahe Harras), dem Kinderkinofilm „Planes“ (geht so, „Cars 1“ war besser), dem Apple Store (Kinder sind süchtig nach „Temple Run“) und wieder mal den Notenhändler Bauer & Hieber und Hugendubel am Marienplatz. Dienstagmorgen dann erneuter Anruf in der Werkstatt Redder in Greding, alles paletti, wurde hingefahren, Abnahme, fairer Preis und Heimfahrt nach Würzburg. Puh.

4 Gedanken zu „Würzburg – Greding – Dachau – München – Greding – Würzburg

  1. @dennis: Du bleibst Deinem Blog treu und hältst die Situation fast zeitgleich fest. Konnte richtig mitfühlen – liest sich stellenweise wie Axel Hacke.
    Alle Achtung diese Situation mit Kindern gut zu Ende zu bringen.

    • @Artur: Ja, im Rückblick ist’s natürlich amüsanter, als wenn man gerade mitten im Schlamassel steckt. Aber wir haben das Beste draus gemacht und war dann eigentlich alles nicht so wild. In München habe ich eh kein Auto gebraucht und so habe ich immerhin etwas Sprit gespart.

  2. „Wir waren voll besetzt, zwei Gitarren, Frau und Kinder und es lief auch erstmal ganz flott.“

    Klar, erst kommen die Gitarren, die auch gezählt werden, dann die namenlose Frau, schließlich eine ungezählte Schar von Kindern 😉

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