Gestern bin ich zum Fruehstueck rueber zum Deli ‚Noshville‘ am Broadway gefahren. Hier ein Foto von meinem delikaten Mahl (Gruss an Gerhard).Danach bin zurueck ins Hostel und habe dort in aller Ruhe ein paar Mails und den Blogartikel geschrieben. Dann wieder ins Auto und raus aus der Stadt nach Nordosten zur Opry Mills Mall. Dort habe ich fuer mich ein paar Klamotten und einige Mitbringsel fuer die Kinder eingekauft, ich glaube, ich habe ganz nette Sachen gefunden, aber natuerlich werde ich an dieser Stelle nicht verraten was, soll ja eine Ueberaschung sein.
Danach bin ich wieder zurueck zum Hostel, habe dort das Auto abgestellt und bin mit dem Bus nach Downtown zum Broadway gefahren. Wenigstens einmal sollte man waehrend eines Aufenthalts in Nashville dort gewesen sein und der Do-Nachmittag erschien mir die richtige Wahl, einen Konzertabend wollte ich dafuer nicht verwenden. Da war ganz schoen was los, gerade findet naemlich in Nashville auch ein grosses Treffen der Waffennarren vom NRA statt, an den Kneipen hingen Zettel mit der Aufschrift ‚NRA-Members Welcome‘, habe aber keine Bewaffneten gesehen. Erstmal runter zum Broadway, angefangen habe ich ganz von vorne an der 1st Street, dort wurde mir der Gebaeudekomplex ACME empfohlen, wo auf mehreren Ebenen Musik, Essen und Einkaufswaren angeboten warden, ausserdem kann man kostenlos auf die oberste Ebene, dort habe ich dieses Bild vom Broadway gemacht.
Von da aus habe ich mich langsam nach oben gearbeitet, hauptsaechlich auf der rechten Seite, weil dort die meisten Kneipen mit Livemusik sind, Eintritt frei, no cover. Es werden hier natuerlich die Countrykracher fuer ein touristischen Publikum gespielt und Bier und Tequila floss bereits in Stroehmen, obwohl es gerade mal 4:00 nachmittags war. Das musikalische Niveau der Bands ist dabei aber wirklich extraordinaer und ueber jeden Zweifel erhaben. Sehr gute Saengerinnen und Saenger, mehrstimmiger Gesang, twangende Klampfen, jaulende Steelgitarren, groovende Rhythmusgruppe, sehr guter Sound, nicht zu laut und nicht zu leise, angenehme Stimmung, bestes Entertainment, sehr traditionelle Songauswahl, aber sie koennen Anfrage so gut wie jeden Countryklassiker der letzten 80 Jahre aus dem Aermel schuetteln, das ist schon beeindruckend.
Habe einige Kneipen abgeklappert, bin aber immer nur 2-3 Songs geblieben, war super, habe dann wieder einen Bus genommen und war um 5:30 wieder beim Hostel, bin aber gleich mit dem Auto weiter zu Douglas Corner Café in der 8th Street. Dort fand an diesem Abend die Reihe ‚The Producer’s Chair‘ statt, die mich sehr an meine eigene Talkshow ‚My Favourite Tracks‘ erinnert hat. Vorgestellt werden hier allerdings verdienstvolle Musikproduzenten, sie sitzen in einem Sessel und werden vom Host James Rea vorgestellt und interviewt, auch das Publikum darf Fragen stellen. An diesem Abend war Produzent und Schlagzeuger Cactus Moser dran. Er musste erst kuerzlich eine schweren Schicksalschlag verkraften, hat bei einem Unfall ein Bein verloren, aber er war an diesem Abend gut gelaunt und genoss es sichtlich von seinem Werdegang als Musiker und Produzent in den 1980er und 1990er Jahren zu erzaehlen, am Schluss dann noch eine kleine Liveperformance, eine runde Sache. Der Abend wurde gefilmt, kann also sein, dass das im Netz abrufbar ist.
Danach bin ich schnell zum Hostel und habe zwei Jungs aus meinem Zimmer abgeholt. Weil sie ohne Auto hier sind und die Wege weit, hatte ich ihnen angeboten sie am Abend zu einem Konzert mitzunehmen und sie hatten sofort eingeschlagen. Wir sind zusammen rueber nach East Nashville zum 5 Spot, hier war ein Abend mit mehreren, lokalen Indies angekuendigt. Wir waren um kurz nach 9:00 da und zu hoeren und zu sehen bekamen wir Sam Lewis, Andrew Bryant, The Gunshy, Mick Leonardi & The Modern Saints. War insgesamt alles sehr indie und eher ruhig, die meisten kamen Solo mit Gitarre und sangen ihre eigenen, introspektiven Lieder, wieder mal keine Zugaben, ist hier anscheinend unbekannt. Danach wieder quer durch die Stadt, zurueck zum Hostel, um Mitternacht lag ich im Bett, dies war mein letzter Abend in Nashville, morgen geht es weiter nach Memphis und dann durch’s Delta nach Sueden, am Montag geht der Flieger heim.
Haute Cuisine war das auch nicht, aber schon besser 😉
In Nashville war ich ja auch mal einen Tag …am schönsten war es damals tatsächlich spät abends in der im Hotel-Bar, in der verschiedene Leute bekannte Songs zum Besten gaben und ich mich auch noch im Tanzen geübt habe. Meine Tanzpartnerin damals meinte zu einer Vortragenden im Verschwiegenen: „She can’t sing!“.
In der Touri-Gegend dagegen hatte ich mich am frühen Abend nur gelangweilt…naja, man muß schon die Örtlichkeiten kennen!
@Dennis: …und jetzt auch noch die NRA zu Gast in Nashville. Derzeit bekommt man ja hierzulande ständig zu sehen, wie ein us-amerikanischer Polizist einem gemächlich weglaufenden 50-jährigen African American 8 Mal in den Rücken schießt. Später sagte er, es sei klar Notwehr gewesen. Nun ja – manchmal halt doch gut, dass heutzutage immer irgendein Honk seine Handykamera draufhält.
Was du über die in Kompaniestärke auflaufenden technisch perfekten Countrymusiker-Darsteller erzählst, klingt für mich eher deprimierend. Aber es ist natürlich Standard (Ich meine das gar nicht kulturpessimistisch, es ist schlicht Fakt, dass es für **sämtliche** etablierten und auch weniger etablierten Musikstile heutzutage mehr als genug handwerklich perfekte Interpreten gibt – Grund ist natürlich der einfachere Zugang zu musikalischer Bildung. Der Anteil an *Künstlern* unter diesen Interpreten hat sich aber interessanterweise nicht erhöht). In Andalusien bekommt man dasselbe in Flamenco, in Buenos Aires in Tango, in Lissabon in Fado, in Paris in Chanson etc.
@Stefan: Du hast Recht, das musikalische Handwerertum ist hier sehr professionalisiert und standardisiert. Trotzdem kann man auch immer sehr eigenstaendige und eigenwillige Musik und Musiker entdecken und sie findet hier auch ihr Publikum. Das ist vielleicht das was die amerikanische Musiktradition von der kontinentaleuopaeischen unterscheidet. Oft gilt der Satz: Play me something I haven“t heard yet. Viele Leute (nicht nur Musiker) sind erfreulich neugierig und offen, das spuert man durch und durch.
@Dennis: Ich sehe schon, so leicht kann ich deinen Glauben an die us-amerikanische Open-Mindedness nicht erschüttern – und das ist auch gut so 🙂
Das Schulmassaker von Columbine jährt sich dieser Tage zum 16. Mal. Bei Schildern mit der Aufschrift „NRA-Members Welcome“ könnte ich deshalb, gelinde gesagt, kotzen.
Musik und Waffen, das geht so überhaupt nicht zusammen, aber die Amis haben diesbezüglich ein absolut irres Verständnis.
Ich habe in meinem Leben, außer einem Sportbogen und einem Luftgewehr noch niemals eine Waffe in der Hand gehabt und möchte auch, dass dies bis an mein Lebensende so bleibt. In meinem Bekanntenkreis sind ein paar Amerikaner. Wenn ich ihnen das erzähle, schütteln sie fassungslos den Kopf und verstehen die Welt nicht mehr.
Das diesjaehrige Motto der Waffenmesse ist: ’16 Acres of Guns & Gear‘. Man muss sich als Europaer und insbesondere als Deutscher schon sehr zurueckhalten um das nicht negativ zu kommentieren, Gottseidank hat mich niemand nach meiner Meinung gefragt.
.@Axel Musik und Waffen ..dabei fällt mir Townes van Zandt ein, wie er in der Doku im Suff mit nem Gewehr rummacht und alle lachen dabei, die Amis haben da wirklich ein anderes Verhältnis zu Waffen und leider auch viel zu viele Opfer …
@Bernhard: ‚One hand on the bible, the other on the gun.‘ (Jim Croce)