Buch: „Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung“ von Georg Meier

DasJahrDerElvisGeorg Meier wurde 1947 in Gießen geboren und ist dort aufgewachsen. Danach folgten Ausbildung zum Koch in Kitzingen und von 1966-73 Lehr- und Wanderjahre als Beatnik, Gammler und Hippie in europäischen Großstädten und Gefängnissen. Meier verdiente seinen Lebensunterhalt eigenen Angaben zufolge u.a. als Topfspüler, Koch, Hafenarbeiter, Pflastermaler und Haschischdealer, ab 1974 dann als Kneipier in Limburg und Hamburg. Nach einem bewegten Leben hat Georg Meier als Spätberufener ein beachtliches Werk erarbeitet. Im beeindruckenden Alter von 60 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Roman („Alle waren in Woodstock – außer mir und den Beatles“, 2008), danach folgten im Jahresabstand weitere Romane und Kurzgeschichtensammlungen. Im Jahr 2012 dann der große Road- und Entwicklungsroman „Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung“.
Die Handlung spielt im Jahr 1977, in den Wochen und Monaten unmittelbar nach dem unerwartetem Ableben des mythenumrankten amerikanischen Popsängers Elvis Presley. Die offensichtlich stark autobiographisch geprägte Handlung spielt vor der gesellschaftspolitischen Kulisse der Bonner Republik. Folgen der Studentenbewegung, Feminismus, Umweltbewegung, Ausländerzuzug, Rasterfahndung und RAF sind selbstverständlicher Teil der Erzählung.

Hans Lubkowitz, der Held des Romans wurde gerade nach sieben Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. An die gesellschaftlichen Veränderungen seit seiner Inhaftierung kann er sich nur langsam gewöhnen. Er verbringt einige Zeit in Friedberg mit dem Elvis-Fan Fred, zusammen hören sie Musik, rauchen, saufen, drehen krumme Dinger, eröffnen ein Bordell und kommen bei einer Auseinandersetzung mit anderen Ganoven gerade nochmal mit dem Leben davon. Hans findet in der Gastronomieangestellten Doris Hirsekorn eine Partnerin und Verbündete, sie verbringen eine aufregende Zeit miteinander, danach trennen sich ihre Wege, Hans geht nach Hamburg, lässt sich ein weiteres Mal auf gefährlichen Machenschaften und zwielichtige Personen ein, ergattert einen Haufen Geld und verlässt Hamburg überstürzt mit dem jungen türkischen Rock and Roll-Sänger Bülant und dem Straßenkater Elvis.

Die Geschichte handelt vom ewigen Unterwegssein mit Freunden und Gefährten, davon sein Glück zu suchen, dabei zu Scheitern, nicht aufzugeben und immer wieder neu zu starten. Die Entwicklungen und unerwarteten Wendungen sind sehr gelungen, die Dialoge krachig und auf den Punkt, erinnern etwas an das Jargon des Reiseautors Helge Timmerberg, genau so Rock and Roll wie die zahlreichen musikalischen Anspielungen. Immer wieder werden Titel und Interpreten genannt, keine Autofahrt ohne laufenden Kassettenrekorder, in den Kneipen laufen Tonbandmaschinen und Jukeboxen und so erklingt zu fast jeder Szene ein imaginärer Soundtrack. Es kommt zwar zu nahezu keiner musikgeschichtlichen oder kulturtheoretischen Vertiefung dieser Anspielungen, trotzdem schaffen sie eine greifbare Atmosphäre. Meier gelingt es in seinem Roman tatsächlich die spezielle Umbruchsstimmung der späten 1970er Jahre in der BRD zu portraitieren und das auf sehr charmante Weise. Man spürt als Leser, dass diese Ära vom Autor durchlebt und durchlitten worden ist. Eine sehr aussagekräftige, unterhaltsame und mitunter intelligente Lektüre nicht nur für Elvis- oder Rock and Roll-Fans.

Das gebundene Buch erscheint bei Dittrich, hat 520 Seiten und kostet 24,80 €.

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