Album: „John Lee Hooker’s World Today“ von Hugo Race & Michelangelo Russo

Hugo Race ist australischer Rockmusiker und Musikproduzent. Sein Werkkatalog ist beeindruckend: Seit Mitte der 1980er hat Race nahezu jedes Jahr mindestens ein eigenes Album veröffentlicht, diese auf verschiedenen Kontinenten mit Konzerttourneen promotet und nebenbei für andere produziert. Die kontinuierlichsten Bandformationen waren Hugo Race and the True Spirit, Hugo Race Fatalists und Dirtmusic. Jetzt hat Race zusammen mit Michelangelo Russo als Kollaborateur ein Tributalbum an den großen US-amerikanischen Bluesmusiker John Lee Hooker veröffentlicht, dem er den größten musikalischen Einfluss auf seine eigene Arbeit attestiert. Der Albumtitel zitiert den Hookersong „The World today“ vom Doppelalbum „Hooker ’n Heat“ (1970).

In einer einzigen fiebrigen und vermutlich auch etwas irren Tag/Nacht-Session haben Race und Russo vor einigen Monaten ganze acht Hooker-Tracks eingespielt. Die Aufnahmesession fand statt im Berlin Studio und wurde geleitet von Boris Wilsdorf (Einstürzende Neubauten). Die personelle Besetzung war denkbar kompakt (Duo), das klangliche Ergebnis könnte größer nicht sein. Die musikalischen Beiträge der Akteure an Gesang und Gitarre wurden durch Verzerrung und Echoeffekte dermaßen aufgebrezelt, dass man als Hörer vollkommen vergisst, dass Bass und Schlagzeug weitgehend fehlen. Auch der ausgedehnte Umfang der Tracks (gerade mal eine Nummer unter 5 Min.) fällt an keiner Stelle unangenehm auf. Ganz im Gegenteil: Das Ergebnis ist frisch und inspiriert und dabei ganz anders als die musikalischen Vorlagen des Altmeisters. Langsam rollende Grooves, sphärische Klänge, dazu der angeschlagene Bariton von Hugo Race, oftmals im Talkingbluesmodus. Neben wolkigen E-Gitarrenkaskaden meint man, Mundharmonikas orten zu können, oft morphen die analogen Soundteppiche unauffällig von einer Klangfarbe in die nächste, von einem Register in den anderen. Das Label beschreibt den musikalischen Stil als Mix von Blues, Electronica, Avantgarde und Ambient und das ist eigentlich ganz treffend.

Vielleicht gut, dass Race seinem Vorbild erst im vorangeschrittenen Alter gehuldigt hat. Man spürt im Ansatz von Race und Russo sowohl die menschliche Reife, als auch die persönliche Wertschätzung der Vorlage an. Erfreulicherweise wird der Tribut nicht in Form einer musikalischen Kopie gezollt, sondern der Spirit von Hookers Einspielungen wird neu und zeitgemäß interpretiert. Ganz im Sinne von: Tradition bedeutet nicht die Asche weiterzugeben, sondern das Feuer. Das ist den beiden gut gelungen.

Das Album (8 Tracks, gut 50 Min. Laufzeit) erscheint als Download oder als 180 gr. Vinyl bei Glitterhouse/Gusstaff. Okt-Nov 2017 sind die beiden auf Tour in Europa. Weder die Künstler, noch eines der beiden verantwortlichen Labels hat zur Veröffentlichung ein Video  erstellt, schade.

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