Im September ist ein Würzburger Lokalkrimi von Sebastian Fickert im Verlag Königshausen & Neumann erschienen (160 Seiten, 9,80 Euro). Der Autor ist hauptberuflich Jurist und nebenbei fleißiger Autor in den verschiedensten Genres (zwei Reiseberichte, ein Roman). Im Dezember 2011 war er zu Gast in meiner Musiktalkshow „My Favourite Tracks“ und hat dort seine Lieblingsmusik vorgestellt und von seiner Arbeit als Richter und Autor erzählt (Playlist).
Der Langzeitstudent und Tagedieb Eckert ist die Hauptfigur des Krimis. Er schlawinert sich durchs Würzburger Nachtleben und von Weinfest zu Weinfest. Um sich bei Frauen interessanter zu machen gibt er sich beruflich als etwas anderes aus als er ist, meist etwas Akademisches wie Anwalt, Arzt, etc. Beim Weinfest im Hofgarten behauptet er einer neuen Frauenbekanntschaft gegenüber zur Abwechslung mal er sei Detektiv und bekommt am nächsten Tag prompt einen gut dotierten Auftrag zur Beschattung eines mutmaßlich untreuen Ehemanns. Ab da wird die Hauptfigur immer schneller und tiefer in einen Mix aus Untreue, Drogendelikte und Gewaltverbrechen hineingezogen, dabei werden genretypisch immer wieder touristische Hotspots der unterfränkischen Metropole begangen und besprochen.
Für mich etwas irritierend war, dass alle Namen mit vorangestelltem bestimmten Artikel versehen sind (der Eckert, die Tamina, die Steffi, der Ho etc.). Vermutlich wurde hier bewusst süddeutsche Umgangssprache in den Text eingeflochten, allerdings etwas isoliert, denn weitere umgangssprachliche Redewendungen oder gar fränkischer Dialekt tauchen nicht auf. Stattdessen spricht immer wieder ein allwissender Ich-Erzähler, der moralisch über den Dingen steht und den Verlauf der Story, die Taten und Gedanken der Hauptfigur Eckert milde lächelnd von oben betrachtet. Insgesamt wirkt der Text nicht krimi-typisch, es gibt so gut wie keine unerwarteten Wendungen, der zweite Handlungsstrang über den Vietnamesen Ho wird nicht aktiv entwickelt. Im Zentrum stehen die Gedanken des Schwerenöters Eckert und sein unemotionaler Umgang mit dem weiblichen Geschlecht, hin und wieder gibt’s noch den ein oder anderen Exkurs zu einem alten Würzburger Bauwerk oder eine historische Anekdote. Bereits auf der ersten Seite des Buches schlängelt sich der Main allerdings erst unter der Alten Mainbrücke und danach unter der Löwenbrücke durch, was im Sinne der Fließrichtung natürlich leider falsch ist. Nicht dramatisch, aber für Ortskundige schon ein erster, kleiner Dämpfer.
Nach der Lektüre des Buches habe ich den Eindruck, dass sich der Autor nicht zwischen einer mackerhaften Selbstbetrachtung, einem Krimi mit Lokalkollorit und einem wirklich literarischen Text entscheiden konnte. Die ausschließlich aus männlicher Sicht beschriebenen Aufreißergeschichten der Hauptfigur Eckert sind zu statisch, die Story selbst zu konstruiert und im Zusammenhang auch zu nebensächlich, lokale Bezüge wirken wie aus einem (guten) Stadtführer angelesen. Weil ich kein erfahrener Lokalkrimileser bin, kann ich keine Vergleiche ziehen, evtl. sind meine Ansprüche gegenüber dem Genre zu hoch. Mal sehen, ob’s noch einen zweiten Eckert-Krimi geben wird. Möglich wär’s.
Sebastian Fickert liest aus seinem neuen Buch „Eckert“ am Donnerstag, den 14. November um 19.30 im Siebold-Museum in Würzburg (Frankfurterstraße 87).