Gestern hat A.J. Croce im Colos-Saal in Aschaffenburg mit seiner Band gespielt. Er ist der Sohn des US-Amerikanischen Jim Croce und gab in dem renommierten Veranstaltungssaal sein einziges Deutschlandkonzert im Rahmen seiner aktuellen Europa-Tournee. Pünktlich um 20.00 betrat der zierliche Mann und seine musikalischen Mitstreiter die Bühne, setzte sich ans E-Piano und begann mit einer energetischen Nummer von Sam Cook. Im weiteren Verlauf sang er vorwiegend seine eigenen Songs, seine Stimme klingt angenehm rau und sein hochentwickeltes Klavierspiel ist stark vom amerikanischen Gospel und frühen R&B geprägt. Zwischendurch wechselte er immer wieder auch vom Tasteninstrument an die akustische Gitarre, an der er seine ruhigeren Songs intonierte. In dieser folkigen Besetzung spielte er an diesem Abend mit „Box #10“ auch den einzigen Song seines berühmten Vaters. Er steht offen zu seiner Herkunft, es ist ihm jedoch anzumerken, dass er sich nicht als „Sohn von“ versteht, sondern als eigenständiger Sänger, Songschreiber und Musiker überzeugen will und das gelingt ihm auf ganzer Linie.
Das Programm (Setlist siehe oben) bestand aus einer Mischung von Songs seiner bisher erschienenen Alben, davon viele aus dem aktuellen, mittlerweile aber auch schon wieder zwei Jahre altem Album „Twelve Tales“ (2014). Die Sammlung wurde in verschiedenen amerikanischen Aufnahmestudios mit z.T. legendären Produzenten wie Cowboy Jack Clement und Allen Toussaint aufgenommen. Hier das Video zum Song: „Right on time“
A.J. Croce ist ein sensationeller Sänger und Pianist und bleibt dabei stets angenehm zurückhaltend und bescheiden. Zwischen den Songs erzählt er Entstehungsgeschichten und dabei kann man durch manche Andeutung erkennen, dass auch nicht immer alles glatt lief in seinem Leben. Bekannt ist ja, dass er bereits im Kleinkindalter durch einen Unfalltod seinen Vater verlor. Im Alter von nur vier Jahren verlor er dann durch körperliche Gewalt eines Erwachsenen sein komplettes Sehvermögen, das er erst im Laufe vieler Jahre zumindest teilweise zurückerlangte. Es kamen aber vermutlich auch noch andere Tiefschläge hinzu, kurz erwähnt er, dass er als junger Mann unter ungünstigen Bedingungen ein „ill-fated“ Album aufnahm, das eigentlich als Debut geplant war, dann aber nie veröffentlicht wurde. Anscheinend sind bei ihm immer wieder auch große Träume geplatzt. So bedauerlich diese Erlebnisse sein mögen, so verleihen sie seinem Musikertum und Auftritt doch eine unnachahmliche Tiefe und Wahrhaftigkeit.
Ich würde mir wünschen, dass er weiterhin Songs schreibt, Alben produziert und Konzerte spielt. Vielleicht gibt’s dann irgendwann mal auch ein Album mit Jim Croce-Songs in für seinen Sohn A.J. typischen R&B/Pianovarianten. Das könnte er sich künstlerisch durchaus leisten, er hat sich musikalischen längst von seinem Vater emanzipiert und könnte sich dem hinterlassenen Familienwerk spielerisch nähern und so eine neuartige, glaubwürdige Interpretation vorlegen.