Ich kann mich nicht erinnern, dass ich schon mal so viel Material in so kurzer Zeit aufgenommen habe, wie in den letzten 2-3 Wochen. Schlagzeug und Kontrabass für zwei kommende Alben der Jazz- & Cocktailband Musikstudenten wurden bereits am Tag nach Hl. Drei Könige im Studio von Jan Hees in Bretten aufgenommen. Die Daten wurden aufbereitet und nun mussten noch die restlichen Parts, sprich Gesänge, Gitarre, Klavier, Saxophone und Trompeten für ganze 18 Tracks aufgenommen werden.
Los ging es bereits in KW 05, täglich schaffte ich ca. 3-4 E-Gitarrentracks. Ich verwendete jedes Mal die gleiche Gitarre und denselben Verstärker, trotzdem musste immer wieder an Sound und Spielweise getüfftelt werden, darauf folgten 3-5 Takes pro Song, die dann verglichen, ausgewählt und bei Bedarf editiert werden mussten. Nach 3-4 Stunden sind die Ohren durch und das Konzentrationsvermögen verbraucht. Klavier spielte ich diesmal nicht am Midikeyboard, sondern komplett akustisch am alt-ehrwürdigen Wohnzimmerklavier mit abgebauter Holzverkleidung, Mikrophone ganz nah an den Filzhämmern. Da ist kein Nacharbeiten im Pianorollenmodus möglich, also muss alles ordentlich gespielt werden, das hat Vor- und Nachteile. Man braucht erstmal länger, weil alles fehlerfrei eingespielt sein muss, zum Glück entfällt anschließend größtenteils die nachträgliche Bearbeitung.
Nach den Akkordinstrumenten war Gesang dran. Ich schaffte ca. 3-4 Songs täglich mit jeweils 5-12 Takes. Leider bin ich der klassische Last-Taker, meine Performance braucht einige Durchläufe bis sie in Schwung kommt, dann stabilisiert sie sich auf ordentlichem Niveau und fällt schließlich irgendwann wieder ab. Die besten Takes entstehen meist zwischen 6-10, die abgebrochenen nicht mitgerechnet.
Am Faschingssamstag war Thomas Nees aus Bamberg da und hat an einem Nachmittag sechs Tracks mit Flügelhorn und Trompete eingespielt, er war sehr gut vorbereitet und alles ist ganz wunderbar gelungen. Am Rosenmontag und Faschingsdienstag folgte Fritz Wenzel aus Schweinfurt und spielte an zwei Tagen in jeweils ca. 7h ganze 17 komplette Songs mit Sopran-, Tenor- und Baritonsax ein, teilweise im Unisono-Satz mit den bereits vorhandenen Trompeten. Die entstandenen Bläsersätze haben jetzt ordentlich Druck und klingen selbstverständlich um Welten besser als die vorproduzierten Midisamplespuren. Die Sätze ließen sich gut abarbeiten, eine Herausforderung waren dagegen die freien Soli, die trotz Studioatmosphäre bei der Aufnahme, locker flockig und spontan wirken sollen, auch wenn es in der Wirklichkeit evtl. der 24. Versuch war. Da muss man öfter mal eine Pause zwischen den Takes einlegen um wieder Abstand zum Material zu gewinnen.
Für die insgesamt 18 Songs wurden jeweils 4-6 Instrumente, Vocals und Backingvocals in etlichen Takes aufgenommen, zusammen ergibt das grob überschlagen mehr als 600 Einzelaufnahmen, die angehört, bewertet, verworfen und/oder aufbereitet werden müssen. Die Zahl und die damit verbundene Aufgabe flößt einem erstmal Respekt ein. Habe die Aufnahmen zwei Tage ruhen lassen, dann konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und habe an zwei Tagen bereits sechs Songs aufgearbeitet und sie sind jetzt soweit fertig für den Bounce der Einzelspuren und den Transfer in den Mix, den wiederum Jan Hees übernehmen wird. Auf ihn wird ab der nächsten Woche ein wahrer Tsunami von Audiospuren niederprasseln. Während ich sie langsam abarbeite, werden sie sich auf seinen Festplatten als gigantische Berge in den Himmel auftürmen, hehe.
Solange werden hier noch paar Congas und weitere Percussion aufgenommen, dann kurze Verschnaufpause und ab Ende Februar werden voraussichtlich die ersten Mixe eintrudeln und zu beurteilen sein. Ach ja: Wenn irgendwann mal alle 18 Track gemixt sind, werden nach und nach 18 Videos zu den Songs produziert. Der Plan ist ab Frühjahr 2018 jeden Monat ein Video fertigzustellen und zu veröffentlichen bis alle umgesetzt wurden, also Arbeit bis ca. Ende 2019. Klingt gut oder?
jo!!! auch wenn ich noch nix höre – wäre mal interessant alle first takes auf nem shitty bonus release zum vergleich zu haben, naja vielleicht was für J.W.
guten flow weiterhin
@Bernhard: Wenn du gelungene First Takes hören willst, dann check meine Livealben aus. Gibt’s auch auf Spotify, Apple Music und Prime.
Ansonsten gilt: Große Kunst entsteht dadurch, dass Künstler knallhart die Fehlversuche aus ihrem Werk aussortieren und nicht veröffentlichen. Das ist manchmal schmerzhaft, aber auf lange Sicht sinnvoll. Gelingt mir leider nicht immer.
In letzter Zeit werden immer öfter B-Sides und Alternate Takes auf remasterten Alben veröffentlicht, die besser im Archiv geblieben wäre, z.B. „Kind of Blue“. Zwar musikhistorisch interessant, künstlerisch eher nicht so.
Fleißig Fleißig der Bub
@Dennis alter Promoter
ok guter tipp bin aber eher der live hörer, hab auch fast keine live LPs, aber ich gelobe besserung.