2012 erschien das Albumdebut „Die Phantasie wird siegen“ des Berliner Songschreibers und Sängers Max Prosa und sorgte darauf für etwas Wirbel. Platz 20 der deutschen Albumcharts, euphorische Vergleiche mit dem jungen Bob Dylan, das Feuilleton war begeistert. Es folgten zwei weitere Alben (2013, 2017), aber irgendwie war das Strohfeuer schnell abgebrannt und der mediale Hype bald vorbei. Nach etlichen deutschlandweiten Tourneen zieht Prosa nun eine Art künstlerische Zwischenbilanz und veröffentlicht, quasi als multimedialen Doppelschlag, das reduzierte Akustikalbum „Heimkehr“ und die Textsammlung „Im Stillen“ mit Lyrik, Lieder & Erzählungen.
Das Album umfasst 13 Tracks, die zum größten Teil in intimer Atmosphäre mit schlichter Gitarren- oder Klavierbegleitung aufgenommen wurden. Stimme, Instrumentierung, Performance, Mix, alles schön und gut. Nur die Lieder des selbsternannten Songschreibers kommen über annehmbare Dutzendware nicht wirklich hinaus. Insbesondere die Texte wirken nicht sonderlich inspiriert oder inspirierend, haben wenig Feuer oder Richtung, wirken etwas zu entspannt, fast schlapp. Es ist kaum herausragender Stoff dabei, allenfalls das textintensive „Erinnerungen“ und das bereits bekannte „Helden & Diebe“ fallen positiv auf. Alles andere läuft so durch und mit, typische Albumfülltracks. Vielleicht hätte Prosa nach der Veröffentlichung von „Keiner kämpft mehr“ (2017) etwas länger warten sollen, bis besseres eigenes Songmaterial entstanden ist. Für das aktuelle Album hat er zwar den richtigen Produktionsansatz gewählt, nur sind die Songs eindeutig zu schwach und aussagelos.
Das parallel erscheinende Buch ist eine Bestandsaufnahme und Werkrückschau und besteht aus drei Teilen: Lyrik, Erzählungen und Liedertexten. Ein kleiner Dämpfer, noch bevor man das Buch richtig aufgeschlagen hat, ist, dass für den linksseitigen Klappentext und das eröffnende Vorwort exakt derselbe Text im identischen Wortlaut verwendet wurde (schreibt seit er 12 Jahre alt ist). Die Gedichte sind in verschiedenen Schriften gesetzt (Standard, künstlich verwackelte Schreibmaschine, Schönschrift), dazwischen wurden Illustrationen und Fotos platziert, es wurde wirklich alles getan um die zusammenhangslosen Miniaturen interessant zu machen und aufzuwerten. So engagiert das in s/w gehaltene Layout auch sein mag, es täuscht leider nicht darüber hinweg, dass hier anscheinend wirklich alle Gedichte abgefeuert wurden, die sich über die Jahre so angesammelt haben und da ist bedauerlicherweise auch einiger Ausschuss dabei, also Texte, die man schreiben darf, aber nicht allesamt veröffentlichen muss. Auch das gehört zum Handwerk eines Dichters, der ernstgenommen werden will: Eine konsequente Auslese im eigenen kreativen Schaffen zu erstellen. Prosa wirkt hier noch unbedarft wie ein Heranwachsender, der nach dem Abitur zum ersten Mal die Welt bereist und große Augen macht, da hätte man von einem bald 28-jährigen Songschreiberprofi schon etwas mehr dichterische Abgeklärtheit, vielleicht auch Abgebrühtheit erwartet. Lyrische Selbstreflexion in Dauerschleife ermüdet einen als Leser irgendwann. Besser als die Gedichte sind Prosas Kurzgeschichten im mittleren Teil des Buches, leider sind es lediglich vier an der Zahl und die Tendenz der textlichen Aussagen ist auch hier nicht besonders variabel. Im letzten Drittel folgen dann noch die Texte der bis dato erschienen Alben in chronologischer Reihenfolge, eine etwas unnötige Zugabe, denn die wurden ja größtenteils bereits in den Alben abgedruckt, hier also nochmal in gebündelten Form.
Fazit: Das Album „Heimkehr“ und das Textbuch „Im Stillen“ ist Hör- und Lesestoff für beinharte Fans des Liedermachers, die sich an der auffälligen Inszenierung Prosas als sensibler Dichter und Denker nicht stören. Für alle anderen bleibt zu hoffen, dass diese Werkschau eine Zäsur und einen Abschluss bildet und damit die Tür zu einer nächsten Schaffensphase mit neuen textlichen und musikalischen Horizonten aufgestoßen worden ist. Das wäre dann keine „Heimkehr“, sondern eine Abkehr oder noch besser ein Aufbruch. Und der scheint für Prosa dringend geboten zu sein.