Ganze sechs Jahre hat es gebraucht bis der Singer/Songwriters Terry Lee Hale nach seinem letzten Album „Bound, Chained, Fettered“ (2016) einen Nachfolger fertiggestellt hatte, angeblich verlangsamt und erschwert durch verordnete Lockdowns, aber irgendwie hätte es zwischendurch in den Sommermonaten doch genügend Lücken gegeben für die Aufnahmen von ein paar Songs, möchte man meinen. So oder so erscheint nun „The Gristle & Bone Affair“ mit acht kargen Songs und 38 Minuten Gesamtspielzeit und so viel lässt sich schon mal sagen: Es ist ein klassisches Singer/Songwriter-Album geworden und ein besonders gelungenes TLH-Album.
TLH ist ein Weltenwanderer und Geschichtensammler. Geboren und aufgewachsen in verschiedenen Regionen der USA, dort aber nie angekommen, stattdessen immer unterwegs, lebt und arbeitet er seit mehreren Jahrzehnten in der Gegend um Marseille im Süden Frankreichs, veröffentlicht alle paar Jahre ein Album auf dem deutschen Label Glitterhouse und tourt dann durch halb Europa. Sein Songwriting ist reif, sehr eigenständig und stark von US-amerikanischen Rootsmusikern wie Jimmie Rodgers, Hank Williams, Muddy Waters, Bob Dylan und Tom Waits geprägt. Er ist ein sehr emotionaler und intuitiver Künstler und mindestens so sehr Poet und Dichter wie Sänger, Gitarrist und Performer.
Auf dem Album erscheinen ein für TLH typisches Gitarreninstrumental im ¾-Takt und sieben vertonte Gedichte. Laut eigener Aussage war es volle Absicht Gesang, Gitarrenspiel und Arrangement in den Hintergrund zu rücken und so das Songwriting inkl. Texten besonders spür- und hörbar zu machen. So ist ein Album entstanden, das an das Frühwerk erinnert, ruhig und kontemplativ, mit einigen wenigen klanglichen Akzenten von diversen Gastmusikern und einer Sängerin. Anscheinend sind diese musikalischen Beiträge allesamt auf Distanz und ohne vorherige Absprachen entstanden. Man ist als Hörer dankbar dafür, sonst wäre das Album sehr trocken und reduziert ausgefallen. Meist ist ja ansonsten nur eine Stimme mit Gitarrenbegleitung zu hören. Die Gesangsanteile im Übrigen alle nicht nachträglich getunt (digital gestimmt), was immer wieder zu gehörigen Schwebungen führt, auch das sicher Absicht, aber heutzutage ist man das kaum noch gewohnt, diese leichten dissonanten Abweichungen und Ungenauigkeiten. Das Album klingt dadurch sehr handgemacht und direkt, auch wenn es das nachweislich ja gerade nicht ist.
Erfreulich, dass TLH noch da und dabei ist, auch wenn ein Album mit gerade mal 8 Songs nach sechs Jahren für Fans etwas arg wenig ist. Heutzutage braucht es schon alle paar Monate mal eine Single, am besten gleich mit Video, das wäre zeitgemäß, sonst hat man die alten Weltenbeobachter, Poemschreiber, Alltagskommentatoren, Songhandwerker und Troubadoure da fast schon vergessen. Und das wäre ein ziemlicher Verlust!
Das Album erscheint bei Glitterhouse und kommt im edlen Digipack. Das Booklet enthält wie immer alle Texte und zusätzlich Angaben zu alternativen Gitarrenstimmungen und Capopositionen. Hier das Video zum Song „Oh Life“.
Anlässlich des neuen Albums findet auch eine Tournee statt. Bis jetzt sind Termine in Frankreich, Schottland und England angekündigt, evtl. folgen auch Termine in den Niederlanden und Deutschland.