Johann Sebastian Bach (1685-1750) ist wohl zweifellos der bedeutendste und einflussreichste Komponist des deutschen Spätbarocks. Im Laufe seines Lebens komponierte er unzählige Vokalwerke wie Passionen, Messen, Choräle und Kantaten, sein Werk umfasst aber auch berühmte Instrumentalkompositionen für alle Arten von Ensembles und Solobesetzung. Einen besonderen Platz nehmen dabei die Kompositionen für Laute bzw. Lautenwerk ein. Bach selbst hat sich wohl nicht als Lautenist betätigt, es gibt jedoch Passagen für Laute in Arien der Johannes- und Matthäus-Passion und einige Kompositionen für Lautenwerk. Bis zum heutigen Tag ist jedoch nicht einwandfrei geklärt, ob diese Präludien und Suiten nun tatsächlich für Laute oder für das dem Cembalo verwandte Lautenklavier niedergeschrieben wurden. Bach, der erwiesenermaßen zwei solcher Tasteninstrumente besaß, bezeichnete das Lautenklavier auch als „Lautenwerck“. Aufschlussreich ist auch, dass Bach die angeblichen Kompositionen für Laute nicht in der damals dafür üblichen Tabulatur, sondern in zwei Systemen mit Bass- und Violinschlüssel notierte. Diese Unklarheiten haben Instrumentalisten des 20. Jahrhunderts nicht davon abgehalten diese Kompositionen für die Griff- und Spielweise der modernen, klassischen Gitarre einzurichten. Die Präludien und Suitensätze gelten als technisch äußerst anspruchsvoll und gehören seit Jahrzehnten zum unumstößlichen Standard moderner Prüfungs- und Konzertprogramme.
Der Gitarrist Martin Hegel hat unter dem Titel „Bach for Guitar“ eigene Transkriptionen für Gitarre herausgegeben, von denen bis auf eine Ausnahme klar ist, dass sie ursprünglich weder für Laute, noch Gitarre komponiert wurden. Solcherlei Übertragungen waren aber insbesondere zu Lebzeiten Bachs, aber auch danach durchaus üblich und sind somit auch bei konservativer Betrachtung vollkommen legitim. Hegel hat aus populären, solistischen Kleinkompositionen für Cembalo, Violine und Cello ausgewählt, darunter Präludien, einzelne Sätze aus Suiten, Partiten und Sonaten. Es sind bach’sche Ohrwürmer darunter wie z.B. Jesus meine Freude (BWV 147), Bourrée in E-Moll (BWV 996) und das bekannte Menuet in G-Dur (aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena), aber auch ambitionierte Arrangements zu Kompositionen wie z.B. Toccata für Orgel (BWV 565) , Invention No.1 (BWV 772) und Präludium No. 2 (BWV 934). Alle Transkriptionen wurden ausschließlich für Sologitarre gesetzt, leider befinden sich keine Bearbeitungen für Gitarre und Melodieinstrument unter den Transkriptionen.
Der Herausgeber hat bei der Auswahl ein geschicktes Händchen bewiesen. Es ist eine Mischung aus altbewährten Klassikern und eigenständigen Neubearbeitungen, eine Zusammenstellung, die zwar einerseits auf durchaus bekanntes zurückgreift, aber – zumindest auf der Gitarre – noch nicht vollkommen abgespielt ist. Die Bearbeitungen haben einen mittleren bis gehobenen instrumental-technischen Anspruch und sollten für fortgeschrittene Spieler ab ca. dem 3-4 Studienjahr zu bewältigen sein. Fingersätze, Notenbild, Seitenformat und Papierqualität sind vollkommen einwandfrei. Eine Einspielung der Transkriptionen vom Herausgeber Martin Hegel ist auf dem CD-Album „Bach Solo“ bei Acoustic Music Records erschienen. Das Heft umfasst folgende Werke:
Prélude (Suite No. 1 für Cello BWV 1007)
Badinerie (Suite No. 2 für Orchester BWV 1067)
Aria (Goldberg-Variationen BWV 988)
Jesus bleibet meine Freude BWV 147
Sinfonia (Ich steh mit einem Fuß im Grabe BWV 156)
Toccata für Orgel BWV 565
Inventio No. 1 BWV 772
Praeludium (Wohltemperiertes Klavier I BWV 846)
Air (Suite No. 3 für Orchester BWV 1068)
Bourrée I (Suite No. 3 für Cello BWV 1009)
Sarabande (Suite No. 6 für Cello BWV 1012)
Aria „So oft ich meine Tobackspfeife“ (aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach BWV 5151b)
Menuet (aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach BWV Anh. 114)
Aria „Bist du bei mir (aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach BWV 508)
Menuet (aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach BWV
Anh. 115)
Marche (aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach BWV
Anh. 122)
Aria „Gedenke doch, mein Geist, zurücke“ (aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach BWV 509)
Musette (aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach BWV Anh. 126)
Adagio (Concerto III BWV 974)
Praeludium XXI (Wohltemperiertes Klavier I BWV 866)
In dulci jubilo (Choralvorspiel BWV 751)
Bourrée (Suite für Laute BWV 996)
Gavotte I (Suite No. 6 für Cello BWV 1012)
Praeludium No. 2 (Sechs kleine Prädulien BWV 934)
Tempo di Bourrée (Partita für Violine BWV 1002)
Praelude pour la luth BWV 999
Andante (Sonate für Violine BWV 1003)
Fazit: „Bach for Guitar“ ist eine gelungene Zusammenstellung für fortgeschrittene, klassische Gitarristen ab der Mittelklasse und wird seinem eigenen Anspruch in vollem Umfang gerecht.
Das Notenheft umfasst 47 Seiten, erscheint bei Edition Schott und kostet 16,00 €.