Im August 2017 war ich spontan bei der Münchner Veranstaltungsreihe Theatron im Olympiapark und dort spielte der Hip Hopper Mundhaarmonika als Opener des Abends. Der Rapper wurde von einer kleinen Band mit richtigen Instrumenten begleitet und stellte sein neues Album „Raptestdummy“ vor, das wenige Woche zuvor erschienen war. Man kann es getrost als sein Longplayer-Debut bezeichnen, denn bis dahin waren mit „WhatsRap“ (2014) und „WhatsLive“ (2015) lediglich EPs und einige Singles veröffentlicht worden.
Die gute Laune des Münchners hat sich beim Konzert ohne große Umwege auf das Publikum übertragen: Alle waren ganz heiß und hatten den Flow! Im Presstext beschreibt Mundhaarmonika die eigene Musik so: „… der Sound pendelt irgendwo zwischen Kopfnicker-Boom-Bap-Beats und Jazzy-Live-Drums, zwischen funky Basslines und donnernden Sub-Bässen, von knackig warmen Rhodes-Cuts zu ganz viel Atmosphäre.“ Das ist ein klein wenig überschwänglich formuliert, trifft es aber ansonsten ganz gut. Die Beats sind fett, die Arrangements straff, es erklingen knackige Bläsersätze, immer wieder kommen auch Gastmusiker und -sänger zum Zug, das macht das Durchhören des Albums abwechslungsreich und kurzweilig. Die Raps sind schnell und einfallsreich, viele zeitgemäße Wortneuschöpfungen und phantasievolle Wortspiele sind auch mit dabei. („Du bist immer der erste im Schattenplatz, ich bin immer auf der Suche nach dem Plattenschatz“) Thematisch kratzen die Texte allerdings nur an der Oberfläche, so richtig tief rein geht’s irgendwie nicht. Es ist viel hiphop-typische Selbstbeweihräucherung dabei, es fehlen aber gute Geschichten, überraschende Wendungen oder existenzielle (Lebens-)Betrachtung. Komplett ausgelassen bleiben die Themenkomplexe Liebe, Diebe, Triebe. Obwohl musikalisch kreativ präsentiert, würde man sich als Hörer auf der Textebene daher mehr Substanz und weniger Worthülsen wünschen.
Mundhaarmonika ist aber nicht nur Rap, Musik, Albumproduktion, sondern es wurden bereits etliche Musikvideos zu einzelnen Tracks veröffentlicht und die machen richtig Spaß, hier entfaltet sich die wahre Stärke des Kollektivs. Einige der Videos genügen sogar höheren filmerischen Ansprüchen, sind in einem Durchlauf, ohne Schnitt und am Stück abgedreht, mit vielen Akteuren, Tänzern, Szenenwechseln etc., sehr sehenswert und höchst unterhaltsam. Hier geraten durch die kraftvollen Bilder Musik und Texte ein klein wenig in den Hintergrund und siehe da, so funktioniert es ganz hervorragend. Fassen wir die Erkenntnisse aus Konzert und Videos zusammen: Mundhaarmonika ist offensichtlich ein starker Performer! Deswegen die Empfehlung: Anhören und ansehen!
Das Album erscheint als klassischer CD-Tonträger im sechsseitigen Deluxe-DigiPac und auf USB-Stick. Darüber hinaus ist es als Stream und Download erhältlich. Hier die Links zu zwei gelungenen Videos.
Mundhaarmonik: Goldstaub
Mundhaarmonik: Weil’s echt Wurscht is
Monika Mundhaar find ich gut. Deutscher Sprechgesang mit Wortwitz, ganz ohne Dissen und böse Worte! Ebenfalls lobenswert. Zum Text- passgenaue Videos – find ich auch gut- sogar sehr.
Es leben die Kreativen unter den Rappern!
@CHristof: Danke für den Hinweis. Die Namensähnlichkeit ist etwas irritierend, bin da bei meiner Recherche auch drüber gestolpert und war etwas verwirrt. Auch weil weder Mundharmonika, noch Haar bei den Münchner irgendeine sicht- oder hörbare Rolle spielen.
Im Artikel habe ich nicht erwähnt, dass auch das Artwork in keinster Weise dem musikalischen Inhalt folgt oder entspricht. Komisch ist das und vielleicht ein typischer Anfängerfehler. Aber wenn Bandname und Artwork nicht zum Style passen, kann das, wenn man nicht herausragend gut ist, oft schon das Ende der Karriere sein. Das wäre in diesem Fall wirklich schade.