Am nächsten Tag (Mi) zu Fuß zum Haus der Musik, das sich auch als Klangmuseum bezeichnet, teurer Eintritt, wieder einmal wird klar wie schwer es ist Klangerlebnisse zu musealisieren, am besten gelingt das noch mit der Klangtonleitertreppe zum ersten Stockwerk, danach sieht man viele Fotos, Texttafeln, Taktstöcke, Partiturfaksimiles. Dazu Bildschirme mit Touchfunktionen und Kopfhörern („Sonosphäre“), mein Sohn ist schon nach 15-20 Min. ungeduldig von einem Fuß auf den anderen getreten, mir wurden die Beine schwer. Am besten noch die klassische Ausstellung der Wiener Klassiker Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Strauss, Mahler („Die großen Meister“), danach noch ein paar sehr knappe Tafeln zu Schönberg, Berg, Webern. Ziemlich nervig dagegen die virtuellen Anteile („Virtostage“), man dirigiert die Projektion eines abgefilmten Orchesters, ist etwas öde und wahnsinnig weit entfernt von aktuellen Musikwirklichkeiten, letzten Endes auch nicht interaktiv, sondern folgt einem strengen, vorgegebenen Ablauf. Mein Sohn fand den nachfolgenden Museumsshop interessanter.Kleiner Snack auf der Sonnenterasse am Palmenhaus (teuer, aber leider lecker), danach weiter zum Naturhistorischen Museum, dort folge ich meinem Sohn schnurstracks zu den Dinos, dann Stein-, Eisen- und Bronzezeit, digitales Planetarium und viele ausgestopfte Tiere. Wirklich beeindruckend und überhaupt nicht langweilig, habe viel über Meteorenimpakte und Aussterbezyklen der Erdgeschichte gelernt, die Welt wie wir sie kennen ist im stetigen Wandel, hält alles nicht ewig, macht euch also keine Sorgen!Abends ins Mari zum Pizzaessen, danach noch einen Abstecher ins nahegelegene Zwe. Eine Groove-Session war angekündigt, studentische Jazzinstrumentalisten spielten angestaubte Hardbopstandards in der spießigen Abfolge Thema –Saxsolo – Gitarrensolo – Pianosolo – Basssolo – Fourths – Thema. Gleich zu Beginn drei ähnliche Nummern im nahezu selben Tempo und alle im Swingrhythmus. Ging’s bei Jazz nicht mal um gute Ideen, Kollektivimprovisation, Brechen der etablierten Regeln? Und wann fängt es bei dieser Groove Session endlich mal an zu grooven? (Anmerkung: Swing kann meiner Meinung nach swingen, aber nicht grooven). Hier wurden in akademischer Emotionslosigkeit antrainierte Improvisationsautomatismen durchdekliniert. Ja, ja, ja doch, wir wissen jetzt, dass ihr schnell spielen könnt. Einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich in der Pause zwischen zwei Nummern mal irgendeine provokante Unverschämtheit in die selbstzufriedene Stille rufen sollte, habe mich dann aber dagegen entschieden, nicht aus Feigheit (wirklich nicht), sondern weil mir bereits die Vorstellung es zu tun zu anstrengend erschien. Man sollte da rumstänkern, wo wenigstens eine kleine Chance besteht, dass es irgendetwas bewirkt, also jemand betroffen ist und vielleicht mal seine Routinen in Frage stellt. Hatte hier nicht den Anschein, also Jacke an der Garderobe geholt und ab nach Hause. Stattdessen noch zwei blutrünstige Folgen „The Walking Dead“ auf der Wohnzimmercouch geschaut, während die alle anderen bereits schliefen. Hatte auf jeden Fall mehr Biss als die Session. 😉Am letzten Tag (Do) dann noch der obligatorische Besuch auf dem Prater. Ich könnte jetzt behaupten, die Kinder wollten unbedingt hin, aber ich hatte eigentlich auch nichts dagegen. Die meisten Fahrgeschäfte waren allerdings noch geschlossen, weil wir so früh dran waren. Die Sonnen beschienenen, Menschen verlassenen Fronten inspirierten mich spontan zu einer Fotoserie, die ich noch sichten muss und evtl. in einem eigenen Blogartikel präsentiere. Danach wieder auf einem anderen Weg zurück. Weil noch Zeit war, führte uns unsere Gastgeberin in ein nahegelegenes, neues Cafe. Wie sich herausstellte handelte es sich um das „Supersense. Kaffee – Store – Studio – Workshop – Palace“, der Heimstätte analoger Delikatessen.Ein wienerischeres Third Man, absoluter Volltreffer. Die Location vereinigt in sich ein Cafe, Druckerei, Fotostudio, Recordingstudio, Tonträgergestaltung und -verpackung. Alles analog, nichts digital. Parkettboden, hohe Wände, Stuckdecke, älteste Polaroid der Welt, Flipperautomat, Record Elevator, Hand Cut Vinyl, Möglichkeit zur analogen Recordingsession auf Stereoband (Studer), Vintage Instrumente, Jukebox, all-in-one. Noch mal eine ordentliche Ecke cooler als Third Man, das muss man einfach mal so sagen, Hut ab. Für mich persönlich allerdings schon zu analog, will heißen puristisch, das ist mir des Guten zu viel. Ich stehe einfach zu sehr auf die Möglichkeiten nachträglicher Manipulation möglichst vieler Parameter auf Digitaler Ebene, das aber nur mal nebenbei. Das Ladenkonzept ist allemal einen Besuch wert. Vielleicht sollte ich bei einem nächsten Besuch in Wien eine spontane Session riskieren, vielleicht einfach nur um mich mal wieder selbst zu überraschen. Aber wer würde eine Vinylschallplatte von mir kaufen? Ich kenne einfach keinen.Danach Gepäck holen, mit der Straßenbahn zum Prückel, dort einen Marillen-Topfen-Strudel mit Prückel Creme zum Abschied und von da aus weiter zum HBF. Auf dem eiligen Weg zum Bahnsteig fragte ich mich noch warum die einen Schach- und Mühlespielabend ausgerechnet im HBF veranstalten, aber es waren ehrenamtliche Helfer und Flüchtlinge, die sich dort die Wartezeit vertrieben. Rein in den ICE bis Passau, dort dann Passkontrolle nach der Einreise in die BRD, das ist schon komisch, einige arabisch anmutende Mitfahrer mussten den Zug verlassen, spät abends waren wir wieder daheim. Würzburg hat uns wieder. War sehr schön, gerne mal wieder.
Neben den vielen, nützlichen Tipps unserer Gastgeber kamen zu Einsatz: „101 Wien – Geheimstipps und Top-Ziele“ von Iwanowski’s, „Wien“ von Marco Polo und „Wien“ von Dumont. Alle sehr empfehlenswert.