Aufsatz: My Favourite Tracks – Meine allerliebsten Lieder, Teil 2

von Dennis Schütze
Erschienen in der Schriftenreihe “Lied und populäre Kultur” (59. Jg., 2014) des Zentrums für Populäre Kultur u. Musik zum Thema “Lieder/Songs als Medien des Erinnerns“

Produktionsjahre der Tracks in Relation zum Lebensalter

Weil neben dem Produktionsjahr der Tracks auch das Lebensalter der Talk-Gäste zum Zeitpunkt des Interviews ermittelt wurde, ist es möglich, diese Daten miteinander in Beziehung zu setzen. In einem ersten Schritt wurde für alle 510 Tracks das individuelle Alter eines Talk-Gastes bei Erscheinen eines Tracks ermittelt (Lebensalter minus Produktionsjahr). Hier war in einigen Fällen ein negatives Ergebnis möglich, wenn das Produktionsjahr vor dem individuellen Geburtsjahr lag. Die Verteilung der Produktionsjahre aller Tracks in Relation zum individuellen Lebensalter wird in Diagramm 3 dargestellt.

MFTGrafik4Diagramm 3: Verteilung der Produktionsjahre der Tracks in Relation zum Lebensalter (relativ)

Es ist bei der Gesamtbetrachtung deutlich zu erkennen, dass von den Talk-Gästen nur wenige Tracks mit einem Produktionsjahr gewählt wurden, das vor dem eigenen Geburtsjahr liegt. Die erste bemerkenswerte Anzahl von Track-Nennungen findet um das eigene Geburtsjahr (-1 bis 1) statt, ab dem fünften Lebensjahr steigert sich die Anzahl der Nennungen und im Alter von 15 Jahren ist ein erster Höhepunkt zu verzeichnen (16 Nennungen). Einen bemerkenswerten Einbruch kann man im Alter zwischen 24 und 28 erkennen, danach pegelt sich die Kurve auf stabile Werte um durchschnittlich ca. 10-11 Nennungen pro Jahr ein. Die immer weiter abfallende und im weiteren Verlauf ausfransende Kurve ab dem Lebensalter 45 ist zum Teil damit zu erklären, dass einige der Talk-Gäste das entsprechende Lebensalter noch nicht erreicht hatten. Es bleibt festzustellen, dass die Produktionsjahre der individuellen Track-Auswahl in der Regel kurz vor der eigenen Geburt einsetzen, in den Lebensphasen 12-22 und 28-38 ihre Spitzenwerte erreichen und danach abflachen. Tracks, deren Produktionsjahr vor dem eigenen Geburtsjahr liegt, scheinen für eine persönliche Biographie nur in sehr wenigen Ausnahmefällen eine besondere Bedeutung zu haben.

Diese Erkenntnis lässt sich auch durch eine weitere Darstellung erhärten. Betrachtet man das Produktionsjahr der Tracks in Relation zum Lebensalter pro Talk-Gast, so lassen sich individuelle Minima, Maxima und eine zeitliche Spanne der Produktionsjahre der Tracks in Relation zum individuellen Lebensalter darstellen (Diagramm 4).

MFTGrafik2Diagramm 4: Verteilung der Produktionsjahre der Tracks pro Gast in Relation zum Lebensalter (relativ)

Im Vergleich der Talk-Gäste untereinander sind zum Teil beträchtliche Varianzen zu erkennen. Bei den Minima sind zweistellige Negativwerte, also Produktionsjahre die zehn oder mehr Jahre vor dem eigenen Geburtsjahr liegen, die deutliche Ausnahme (5/51). Bezeichnenderweise sind es tendenziell die jüngeren Talk-Gäste, die diese seltenen negativen Werte erreichen. Sie haben aufgrund ihres jungen Lebensalters die Möglichkeit, auf eine große Anzahl von Tracks zurückzugreifen, die deutlich vor ihrem Geburtsjahr produziert wurden, und können somit auf Werte individueller Minima kommen, die von älteren Talk-Gästen aufgrund ihres weit zurückliegenden Geburtsjahres so gut wie gar nicht erreicht werden können. Es gibt nun mal nur eine sehr eingeschränkte Auswahl von Tondokumenten aus dem 19. oder beginnenden 20. Jahrhundert.
Die Jüngeren sind dagegen im Bereich der Maxima deutlich beschränkt, weil der Wert des Produktionsjahres in Relation zum Lebensalter das Alter zum Zeitpunkt des Talks rein rechnerisch nicht übertreffen kann. Hier haben wiederum die Älteren aufgrund ihres höheren Lebensalters die Möglichkeit, auf Werte der Maxima zu kommen, die von jungen Talk-Gästen gar nicht erreicht werden können. Im Bereich der Maxima werden mehrfach Werte über 50 (15/510), dreimal gar Werte über 60 (3/510) erreicht, d.h. 15 Talk-Gäste waren zum Zeitpunkt der Produktionsveröffentlichung ihrer jüngsten Tracks bereits 50 Jahre oder älter.
Aus den Minima und Maxima pro Talk-Gast lässt sich abschließend die Spanne der Produktionsjahre einer Auswahl in Relation zum individuellen Lebensalter berechnen und darstellen. Hieraus kann man unabhängig von musikstilistischen Faktoren die Breite des zeitlichen Bogens ablesen, den ein Talk-Gast mit seiner Auswahl in Relation zu seinem Lebensalter gespannt hat. Die Ergebnisse reichen von einer zeitlich eng begrenzten Spanne von 7 Jahren bis zu einer zeitlichen Ausdehnung von 72 Jahren, also nahezu einem Dreivierteljahrhundert. Der Durchschnitt der zeitlichen Spannen aller 51 Talk-Auswahlen beträgt 37 Jahre.

Diversität der Datenformate und Trägermedien
Mediengeschichtlich interessant ist in welchen Datenformaten und auf welchen Trägermedien die Talk-Gäste ihre ausgewählten Tracks mitbrachten. Es gab dazu keine technischen Vorgaben und es wurde ausnahmslos versucht, die angelieferten Datenformate und Trägermedien vorbehaltlos und ohne Formatanpassung zu präsentieren. Durch diese puristische Herangehensweise wurde mitunter bereits das einfache Abspielen der Tracks zur technischen Herausforderung, weil entsprechende Gerätschaft erst organisiert und aufgebaut werden musste. Von der Vinylschallplatte (Single, LP, Klangfolie) und Magnettonbändern (Schnürsenkel, Kompaktkassette), über VHS-Videos, Compact Discs (original & selbstgebrannt) und MiniDisc, bis zu MP3s (iPods, Laptops, Mobiltelefone) war alles dabei. In den letzten Jahren gab es zusätzlich von Beamern projizierte Video-Tracks und Musikclips von DVD, Festplatte oder als Stream aus dem Internet. Einige Tracks wurden im Verlauf der neun Staffeln auch live mit Playback oder Begleitung (Piano, Gitarre, Ensemble) performt. Bei den allermeisten Talk-Abenden handelte es sich aber um eine Kombination mindestens zweier oder aber auch mehrerer verschiedener Datenformate und Trägermedien. Den Talk-Gästen kann somit insgesamt und altersübergreifend ein unverkrampfter Umgang mit sowohl klassischen als auch zeitgenössischen Medien attestiert werden. Legt man die Erfahrungen dieser Talkshow-Reihe zugrunde, so ist unsere Gesellschaft von standardisierten Speicher- und Wiedergabemedien für Tonträger weiter entfernt denn je.

Schlusswort
Unter den 51 Talk-Gästen, die sich und ihre Favourite Tracks der Öffentlichkeit präsentierten gibt es einige soziokulturelle Gemeinsamkeiten. Alle sind kulturell engagiert, stehen in der Öffentlichkeit, befinden sich in einem mittleren oder vorangeschrittenen Lebensalter, leben in derselben fränkischen Universitätsstadt, besitzen eine deutsche Staatsangehörigkeit, verfügen über ein vergleichbares Bildungsniveau und haben ein respektables berufliches Wirkungsfeld gefunden. Trotz dieser wesentlichen Gemeinsamkeiten überraschte die Gesamtheit der Track-Auswahlen auf den ersten Blick durch ihren hohen Grad an Diversität. Den Mehrfachnennungen von klassischen Komponisten liegen jeweils verschiedene Werke zugrunde. Es gibt nur wenige direkte oder indirekte Dopplungen (4 bzw. 2) von einzelnen Tracks. Musikstilistisch reichen die gewählten Tracks von Klassischer Musik über Modern Jazz, Pop/Rock und World Music bis zu Elektronischer Musik und zeitgenössischer Klassik. Die Produktionsjahre umfassen in etwa die Jahre 1956 bis 2010 (Diagramm 2). In Bezug auf das individuelle Lebensalter beginnt eine Auswahl oft mit dem eigenen Geburtsjahr (Diagramm 4) und endet in aller Regel kurz vor oder zum Zeitpunkt des Interviews, beinhaltet also meist auch aktuelle Tracks (Diagramm 2). Trotz der soziokulturellen Homogenität der Talk-Gäste wirkt die Gesamtheit ihrer Track-Auswahlen bei dieser Betrachtung also ausgesprochen heterogen.
Es wurde bisher der naheliegenden Frage nachgegangen: Welche Tracks wurden von den Talk-Gästen gewählt? Man kann die Frage aber auch umkehren und fragen: Welche Tracks wurden von den Talk-Gästen nicht gewählt? Bei dieser Betrachtung ergibt sich ein etwas anderes Bild. Selten oder gar nicht gewählt wurden Tracks mit einem Produktionsjahr vor 1955 oder einem Produktionsjahr vor dem individuellen Geburtsjahr eines Talk-Gastes. Selten bis gar nicht gewählt wurden Tracks aus direkten Nachbarländern Deutschlands (Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich, Schweiz, Frankreich, Niederlande, etc.) oder traditionelle europäische Folklore (Jiddische Musik, Gypsy/Sinti-Jazz, Böhmische Polka, Flamenco, Fado, Rembetiko etc.) Selten bis gar nicht gewählt wurden Tracks aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien. In der Gesamtauswahl gibt es nicht einen Track aus den wirtschaftlich aufstrebenden BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika). Aber auch Tracks mit dezidiert lokaler oder regionaler Provenienz sind auffällig dünn gesät. Selten oder gar nicht wurden Tracks aus Würzburg, Unterfranken, Bayern oder aber auch Süddeutschland gewählt, keine Dialektlieder, wenig oder gar keine deutsche Volksmusik, volkstümliche Musik oder deutsche Schlager.
Die Gesamtheit der Track-Auswahlen wird eindeutig dominiert von anglo-amerikanischer Popularmusik aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und modernen Einspielungen mitteleuropäischer Kunstmusik. Innerhalb dieser scharf abgegrenzten Segmente kann den Track-Auswahlen eine beeindruckende stilistische Breite und ein gewisses „Qualitätsbewusstsein“ attestiert werden. Kommerziell erfolgreiche oder in weiten Teilen der Bevölkerung populäre Tracks werden vermieden zugunsten von Tracks, die ein gewisses bildungsbürgerliches Profil erkennen lassen sollen. Die eigenwillige „Heterogenität innerhalb homogener Verhältnisse“ der Track-Auswahlen lässt sich als Binnendiversifizierung oder Binnendiversität bezeichnen.
Als Repräsentanten für die eigene Biographie werden von den Talk-Gästen in erster Linie Tracks aus westlichen Musikkulturen gewählt. Auffällig dabei ist, dass sich diese Vorliebe nicht auf das lokale bzw. regionale Umfeld erstreckt. Hier sprechen die erhobenen Daten ein klare Sprache: Von Musik aus der Region (unabhängig von ihrer Stilistik und ihrem Produktionsjahr) scheint man gründlich entfremdet zu sein. Eine starke Identifikation ist zumindest bei den Track-Auswahlen in keinem Fall zu erkennen.
Von Beginn an war es ein erklärtes Ziel der Talkshowreihe durch die spezielle und persönliche Form der Präsentation das Interesse der Talk-Gäste füreinander anzuregen und dadurch die interdisziplinäre Vernetzung der regionalen Akteure zu befördern. Leider muss konstatiert werden, dass dies nur in sehr bescheidenem Ausmaß gelungen ist. Talk-Gäste einer gemeinsam beworbenen Staffel oder fachliche Kollegen benachbarter Kultursparten besuchten nur dann die Show eines anderen, wenn bereits vorab eine Freundschaft oder Bekanntschaft bestand oder sich zumindest ein repräsentativer Besuch empfahl. Dies mag natürlich auch mit der im Kulturbetrieb (und nicht nur dort) allgegenwärtigen Kompetitivität zu tun haben. Das Publikum der Talkshows setzte sich demzufolge zumeist aus persönlichen Freunden, Bekannten, sowie kulturinteressierten Frauen und Männern im mittleren Alter (ca. 40-60 Jahre) zusammen.
Die persönlichen Bestenlisten von „My Favourite Tracks“ sind natürlich nicht repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung, für die untersuchte Gruppe von Akteuren der regionalen Kulturszene einer mittelgroßen deutschen Universitätsstadt dürften sie aber zumindest einen gewissen Prägnanzwert besitzen. Je nach Erhebungszeitraum sind die absoluten Werte der Produktionsjahre der Track-Auswahlen variabel, aller Voraussicht nach aber blieben die Werte der Produktionsjahre in Relation zum Lebensalter und die sich daraus ergebenden zeitlichen Spannen in etwa stabil. Der Zeitraum ab der eigenen Geburt bis zur jeweiligen Gegenwart und ein aus Kindheit und Jugend vertrauter, aber überregionaler Kulturkreis wird wohl in den meisten Fällen auch weiterhin den Bezugsrahmen einer Auswahl von „Favourite Tracks“ bilden, die für das eigene Leben repräsentativ sind.

Die Namen aller Talk-Gäste sowie deren Kurzbiographien und Tracklisten sind zu finden unter: www.myfavouritetracks.de

Ende Teil 2, (Teil 1)

Aufsatz: My Favourite Tracks – Meine allerliebsten Lieder, Teil 1

My Favourite Tracks – Meine allerliebsten Lieder
Auswertung und Analyse von persönlichen Bestenlisten einer Würzburger Musiktalkshow

von Dennis Schütze
Erschienen in der Schriftenreihe “Lied und populäre Kultur” (59. Jg., 2014) des Zentrums für Populäre Kultur u. Musik zum Thema “Lieder/Songs als Medien des Erinnerns“

Einleitung
Seit Oktober 2005 findet in der unterfränkischen Universitätsstadt Würzburg (ca. 125.000 Einwohner) in den Wintermonaten (Oktober bis März) jeweils einmal im Monat eine Talkshow statt in der ein prominenter Akteur der regionalen Kulturszene auf besondere Weise vorgestellt wird. In den bisher insgesamt 51 abendfüllenden Veranstaltungen wurden vor Live-Publikum und bei freiem Eintritt zehn eigens vom Gast ausgewählte Musikstücke, seine „Favourite Tracks“, als Playback von Trägermedien angehört. Darüber hinaus dienten die Tracks als roter Faden eines jeweils ca. dreistündigen Gesprächs. Fragen der Zuhörer waren dabei erlaubt und erwünscht. Als Talkgäste konnten über die Jahre u.a. der amtierende Kulturreferent, der Intendant des Mainfranken Theaters, Lokaljournalisten, Kulturredakteure, Schriftsteller, Schauspieler, Filmemacher, Künstler, Tänzer, Philosophen, lokale Blogger, Veranstalter und Kultursponsoren gewonnen werden. Die Orte der Veranstaltung wechseln und stehen soweit möglich im direkten Bezug zum jeweiligen Gast (u.a. Tanz- und Tonstudios, Künstlerateliers, Theater, Büchereien, Konzertbühnen, Kirchen und Kneipen). Seit Herbst 2008 wird die Veranstaltungsreihe vom Bezirk Unterfranken und vom Kulturamt der Stadt Würzburg (im Rahmen einer Projektförderung) finanziell unterstützt. Eine Übertragung durch Rundfunk oder TV war nie geplant und hat in keinem Fall stattgefunden. Alle bisherigen „Talks“ wurden jedoch in Form von biographische Stammdaten, Tracklisten etc. lückenlos dokumentiert und sind auf der Internetseite www.myfavouritetracks.de einsehbar. Darüber hinaus wurden weitere Informationen (Vorgespräche, Korrespondenzen, Audio- und Video-Mitschnitte) dokumentiert und nicht-öffentlich archiviert.
Die Musiktalkshow fand im Frühjahr 2014 vorerst zum letzten Mal statt. Dies soll zum Anlass genommen werden den generierten Datenfundus genauer zu betrachten und analytisch auszuwerten. Die Auswahl der „Favourite Tracks“ fand bei allen Beteiligten im vollen Bewusstsein darüber statt, dass die Titel der Trackliste öffentlich angehört und in direkten Bezug zur Person gesetzt werden würden. Bei der Auswahl wurden deswegen meist für die eigene Biographie wichtige und für Lebenseinstellung und Arbeitsfeld repräsentative Tracks gewählt. Es war deutlich zu erkennen, dass die Auswahl von den Gästen sehr sorgfältig und zum Teil mit beträchtlichem zeitlichem Aufwand getroffen wurde, ein Umstand, der sich in oft intensiven Vor- und Nachgesprächen mit dem Moderator ausdrückte. Die Veranstaltungen wurden durch Poster, Flyer, Mailinglisten und Ankündigungen in lokalen Medien beworben (Tageszeitung, Monatsmagazine, etc.). Der Zuspruch der Zuhörer war ausgesprochen wechselhaft (1 bis ca. 120), bewegte sich aber zumeist im mittleren zweistelligen Bereich.
Als Datenbasis für die statistische Auswertung standen folgende Informationen zur Verfügung: Datum und Ort der Veranstaltung, Name, Geschlecht, Geburtsjahr und berufliches Betätigungsfeld des Talkgastes, sowie Titel und Produktionsjahr der ausgewählten Tracks. Persönliche Daten wie Geburtsjahr und Betätigungsfeld entstammen der Selbstauskunft der Gäste. Die Trackinformationen wurden vom Autor soweit wie möglich verifiziert. Als Produktionsjahr eines Tracks gilt das Jahr der Erstveröffentlichung oder alternativ das Jahr der Aufnahme einer Einspielung. Es gibt daher in dieser Kategorie keine Datierung vor 1900.

Auswahl der Talk-Gäste und Relation ♂/♀
Einige Monate vor Beginn jeder Staffel wird eine Liste mit wünschenswerten Talk-Gästen erstellt. Dabei werden insbesondere prominente Akteure der lokalen und regionalen Kulturszene berücksichtigt, die sich über ihre eigentliche berufliche Tätigkeit hinaus für kulturelle Belange in der Region engagiert haben. Oft sind die Gäste daher nicht nur Kreative, sondern stehen auch einem gemeinnützigen Verein, einer Interessensgemeinschaft oder einer Initiative vor, bekleiden ein (Ehren-)Amt, fördern, unterstützen und begleiten kulturelle Projekte, Festivals, Konzert- oder Veranstaltungsreihen.
Eine ausgewogene Ratio zwischen weiblichen und männlichen Gästen wurde zwar angestrebt, hätte aber die Verhältnisse nicht realistisch widergespiegelt. Tatsächlich befinden sich überdurchschnittlich viele Männer in den verantwortlichen Positionen. Es kommt erschwerend dazu, dass von den angefragten Personen deutlich mehr Männer sofort große Bereitschaft zeigten sich, ihre Arbeit und Biographie anhand ausgewählten Tracks in einem persönlichen Gespräch vor Live-Publikum zu präsentieren. Bei Frauen war es gerade umgekehrt, überdurchschnittlich viele der angefragten Frauen ließen sich zwar das Konzept des Talks erklären und zeigten grundsätzliches Interesse für die Form der Präsentation, sagten dann aber nach einer eingeräumten Bedenkzeit eine persönliche Teilnahme ab. Begründet wurde eine Absage von Frauen u.a. damit, dass sie ihre Arbeit im Vergleich zu anderen Gästen als nicht interessant genug einschätzten. Das Missverhältnis zwischen männlichen und weiblichen Gästen trat bereits nach wenigen Staffeln zu Tage. Der Versuch dem mit einer ausschließlich von Frauen besetzten Reihe entgegenzuwirken, scheiterte wiederum an den dazu erforderlichen Zusagen. Insgesamt haben an den 51 hier zu betrachtenden Talks 43 Männer und nur acht Frauen als Gäste teilgenommen (♂: 84,3%, ♀: 15,7%). Interessant ist, dass sich dieses Verhältnis innerhalb der Zuhörerschaft nicht widerspiegelt. Es wurden zwar keine konkreten Zahlen erhoben, doch tendenziell waren je nach Geschlecht des Gastes Talk-Gastes bei Männern etwas mehr Männer, bei Frauen etwas mehr Frauen im Publikum. Das Verhältnis dürfte im Mittel aller Talks in etwa ausgeglichen gewesen sein.

Lebensalter der Talk-Gäste
Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Talk-Gäste ist, dass sie besonders profilierte und herausragend engagierte Akteure der lokalen und regionalen Kulturszene sein sollen. Sie sind also zu einem gewissen Grad bekannt und etabliert, können von ihrem freien künstlerischen Schaffen leben, bekleiden ein öffentlichkeitswirksames (Ehren-)Amt und nehmen auf diese Weise gestalterischen Einfluss auf das kulturelle Leben der Region. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Personen sich zumeist im mittleren bis vorangeschrittenen Lebensalter befinden. Darüber hinaus ist es für die inhaltliche Gestaltung des Talks (und der Musikauswahl) förderlich, wenn der Gast auf eine lebendige und erfahrungsreiche Biographie zurückblicken kann, eventuell schon einige Lebensphasen, Ortsveränderungen und diverse Aufs und Abs in der Karriere durchlebt hat. Jugendliche, junge Erwachsene und Akteure am unmittelbaren Anfang ihrer Karrieren sind daher für eine Teilnahme an der Talkshow weniger interessant. Auf der anderen Seite wird darauf geachtet, dass die Talk-Gäste – unabhängig vom Lebensalter – aktive Gestalter der lokalen und regionalen Szene sind. Komplett retrospektive Positionen werden so bereits im Vorfeld ausgeschlossen.
In den neun bisherigen Staffeln („Volumes“) der Talkreihe waren der Jüngste der insgesamt 51 Talk-Gäste zum Zeitpunkt des Interviews 33 Jahre, der Älteste 77 Jahre alt. Das Durchschnittsalter beträgt 49 Jahre.

Auswahl der Tracks und stilistische Diversität
Von Oktober 2005 bis Januar 2014 wurden in der Musik-Talkshow „My Favourite Tracks“ insgesamt 51 Talk-Gäste vorgestellt und interviewt. Jeder einzelne von ihnen wählte im Vorfeld des Talks zehn meist musikalische Tracks aus, die er als besonders bedeutend oder prägend für seine persönliche Biographie, seinen beruflichen Werdegang oder sein künstlerisches Werk erachtet. Es gibt dafür keinerlei Vorgaben, Ratschläge oder inhaltliche Einschränkungen. Die neutrale Bezeichnung „Track“ (Tonaufnahme) im Titel der Veranstaltung trägt diese Offenheiten gegenüber jeder Stilistik bereits im Namen. Damit neben der Musik genügend Zeit für das Gespräch bleibt, werden die Gäste lediglich darauf hingewiesen, dass die Gesamtlaufzeit aller zehn Tracks maximal 60 Min. betragen soll.
Von den 51 Gästen wurden je 10 Tracks, insgesamt also 510 Tracks gewählt und vor Publikum zuerst angehört und anschließend die persönliche Bedeutung mehr oder weniger intensiv erläutert. Die Produktionsjahre der Tracks erstrecken sich von 1936 bis 2012, die Trackdauer variierte von 12 Sekunden (Pascal Comelade: „Smoke on the Water“) bis zu mehr als 15 Min (Ravel: „Bolero“). Zu hören waren Kinderlieder, Folklore, Filmmusik, Popsongs, Hörspiele, Theaterszenen, klassische Kompositionen, Live-Mitschnitte, experimentelle Soundcollagen, selbst aufgenommene Interpretationen, Klang-Artefakte und vieles mehr. Die anfänglich zur Auswertung erwogene Zuordnung der einzelnen Tracks zu dezidierten musikalischen Stilen wurde angesichts dieser unüberschaubaren Diversität und der möglichen Mehrdeutigkeit (z.B. Filmmusik mit klassischem Orchester, experimentelle Rockmusik, Sprachaufnahmen mit unterlegter Musik) aufgegeben.
Obwohl die meisten Gäste den überwiegenden Teil ihres Lebens zu ähnlichen Zeiten in derselben süddeutschen Stadt verbracht haben, einer vergleichbaren Bildungs- und Gesellschaftsschicht und in etwa einer gemeinsamen Generation angehören, kam es bei den insgesamt 510 Tracks zu lediglich vier Doppelnennungen, also der Auswahl eines Tracks, der von zwei Personen unabhängig voneinander als bedeutend und prägend für ihr Leben erachtet wurde. Die Doppelnennungen sind „Whole lotta Love“ von Led Zeppelin, „Lucky Man“ von Emerson, Lake & Palmer, „Another Brick in the Wall, Pt. 2“ von Pink Floyd und „Schwarz zu Blau“ von Peter Fox. Von 510 möglichen wurden von 51 Talk-Gästen somit also 506 verschiedene Tracks ausgewählt. Dieses Ergebnis beweist eine aus oben genannten Gründen nicht erwartbare und deswegen signifikant hohe Diversität der ausgewählten Tracks.

Sucht man innerhalb der 510 ausgewählten Tracks nach Mehrfachnennungen von Komponisten, Bands oder Einzelkünstlern, so ergibt sich folgendes Bild (hierarchisch).

Johann Sebastian Bach (9/510)
Pink Floyd (7/510)
Georg Friedrich Händel (5/510)
Jimi Hendrix (4/510)
Tom Waits (4/510)

Deutsche Barockkomponisten kommen zusammen auf immerhin 14 Nennungen unterschiedlicher Werke (keine Doppelnennungen). Es besteht innerhalb dieses Segments die höchstmögliche Diversität von Werken. Die klassische Rockmusik von Jimi Hendrix und Pink Floyd kommt zusammen auf 11 Nennungen, wobei hier eine direkte Doppelnennung (Pink Floyd: „Another Brick in the Wall, Pt. 2“) und eine indirekte Doppelnennung (Jimi Hendrix: „Hey Joe“ und Deep Purple: „Hey Joe“) zu verzeichnen sind.
Jeweils drei Nennungen haben Ludwig van Beethoven (3/510), Emerson, Lake & Palmer (3/510), Deep Purple (3/510), Herbert Grönemeyer (3/510), Led Zeppelin (3/510) und die in der Region ehemals etablierte, aber mittlerweile nicht mehr bestehende Oberton-Folklore-Formation Boerte aus der Mongolei (3/510).
Mit weniger als drei Nennungen weit abgeschlagen sind überraschenderweise folgende Konsensmusiker und -bands: The Beatles (2/510), Johnny Cash (2/510), Bob Dylan (2/510), Wolfgang Amadeus Mozart (2/510), The Velvet Underground (2/510), Elvis Presley (1/510).
Alle verbleibenden Track-Komponisten, -Bands und -Einzelkünstler werden jeweils nur einmal gewählt, auch dies wiederum ein Anzeichen signifikant hoher Diversität.

Strategien der Track-Auswahl
Die meisten Talk-Gäste ordnen ihre Tracks chronologisch und in deutlich erkennbaren Zusammenhang zur eigenen Biographie. So beziehen sich die ersten Tracks in aller Regel auf Kindheit und Jugend, die Tracks im mittleren Bereich auf die Lebensphase als junge Erwachsene und erst die letzten Tracks lassen einen Bezug zur Gegenwart und eventuell eine Vorausschau in die Zukunft (Evergreens von morgen) erkennen. Die meisten Gäste wählen nicht ihre aktuellen Lieblingslieder, sondern Tracks, die als Stellvertreter bestimmter Lebensphasen oder biographischer Umbrüche dienen. Auffällig ist, dass besonders (Kultur-) Politiker dazu neigen, durch eine ungewöhnliche stilistische Breite innerhalb ihrer persönlichen Track-Auswahl eine demonstrative Offenheit und Toleranz gegenüber möglichst vielen Geschmäckern, Musikstilen und Kulturen unter Beweis zu stellen.
Auf der anderen Seite gibt es von einigen wenigen Talk-Gästen konzeptuelle Track-Auswahlen: Ein Vertreter der lokalen Filminitiative wählte ausschließlich Filmmusik (teilweise inkl. Projektion entsprechender Filmausschnitte), eine feministische Philosophin wählte ausschließlich Musik von Frauen (allerdings mit außergewöhnlicher zeitlicher Spanne), zwei stadtbekannte Krautrockspezialisten wählten ausschließlich Rockmusik aus den 1970er Jahren, eine lokale Musikkritikerin wählte ausschließlich klassische Gesangs- und Liederinterpretationen mit starkem lokalen Bezug und ein jung gebliebener Althipster bestand darauf ausschließlich Musik aus dem „W-LAN-Zeitalter“ zu präsentieren (extrem enge zeitliche Spanne).

Produktionsjahre der Tracks
Im Vergleich zu Kategorien wie „musikalische Stilistik“ und „geo-kulturelle Herkunft“ ist das Produktionsjahr eines Tracks meist zweifelsfrei zu ermitteln. Es ist dadurch ein verhältnismäßig konkreter Indikator und beinhaltet eine Aussage darüber auf welche Zeit, Phase oder Ära der Talk-Gast sich absolut oder aber auch im Verhältnis zu seinem eigenen Lebensalter bezieht. Es muss dabei berücksichtigt werden, dass ein Talk-Gast einen Track sicher nicht vor dem Produktionsjahr gekannt haben kann. Andererseits können zwischen dem Produktionsjahr und dem Erstkontakt eines Talk-Gastes mit einem Track durchaus mehrere Jahre, in manchen Fällen auch Jahrzehnte liegen. Das darf insbesondere dann als gesichert gelten, wenn das Produktionsjahr vor dem Geburtsjahr des Talk-Gastes liegt. Freilich ändert auch ein großer zeitlicher Abstand zwischen Produktionsjahr und Erstkontakt nichts daran, auf welche Zeit und/oder Kulturepoche sich der Talk-Gast damit beruft und in welchem Verhältnis die entsprechende Jahreszahl zu seinem Lebensalter steht. Zunächst sollen im Folgenden die absoluten Zahlen betrachtet werden. Als Produktionsjahr gilt, wie bereits erwähnt, das Jahr der Erstveröffentlichung des Tracks bzw. alternativ das Jahr der Aufnahme der Einspielung.

MFTGrafik3Diagramm 1: Verteilung der Produktionsjahre der Tracks (absolut)

Der älteste Track stammt aus dem Jahr 1936 (Robert Johnson: „Kindhearted Woman Blues“), der jüngste aus dem Jahr 2013 (Daft Punk: „Georgio by Moroder“). Hierzu muss angemerkt werden, dass die Reihe 2005 begann und daher auch bei der aktuellsten Auswahl nur wenige Gäste die Möglichkeit hatten Titel aus den Jahren 2013 oder gar 2014 zu wählen. Track-Produktionsjahre vor 1960 sind insgesamt selten, Produktionsjahre vor 1950 liegen bereits deutlich außerhalb der Norm. Von insgesamt 510 Tracks stammen lediglich sieben aus den 1940er Jahren und nur der oben erwähnte, einzelne Track aus den 1930er Jahren. Aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, gibt es keine einzige Nennung. Besonders stark konzentrieren sich dagegen die Produktionsjahre der Tracks um die Jahre 1970 und 2000. Auch um die Jahre 2005/2006 herum ist ein deutlicher Peak zu erkennen. Der Durchschnitt aller Tracks liegt rechnerisch im letzten Quartal des Jahres 1986.

Werfen wir nun einen Blick auf die Verteilung der Produktionsjahre der Tracks pro Talk-Gast. Diagramm 2 stellt in chronologischer Reihenfolge der Musiktalks die Produktionsjahre der insgesamt 51 individuellen Track-Auswahlen dar. Die Minima und Maxima jeder Auswahl sind deutlich zu erkennen und bilden pro Talk-Gast einen klar umrissenen, zeitlichen Bezugsrahmen. Bei einem Vergleich der individuellen Auswahlen untereinander entsteht ein sehr variantenreiches Bild. Ein allgemeingültiges Muster für Minima, Maxima oder die zeitliche Spanne des Bezugsrahmens ist nicht ohne weiteres zu erkennen. Individuelle Minima bewegen sich zwischen 1936 und 2004, individuelle Maxima zwischen 1972 und 2013. Die individuellen Spannen bewegen sich zwischen einem Minimum von 7 Jahren bis zu einem Maximum von 72 Jahren.
Der rechnerische Durchschnitt der individuellen Minima aller Talk-Gäste liegt im ersten Quartal des Jahres 1966, der der individuellen Maxima liegt im ersten Quartal des Jahres 2003, dies bei Talk-Gästen deren rechnerisches Mittel des Geburtsjahrs in das Jahr 1960 datiert. Der Durchschnitt der individuellen zeitlichen Spannen aller Talk-Gäste liegt bei etwa 37 Jahren.
MFTGrafik1Diagramm 2: Verteilung der Produktionsjahre der Tracks pro Gast (absolut)

Ende Teil 1, Teil 2

Video: Apfel-Beeren-Crumble

Meine 12-jährige Tochter backt gern Crumble. Das ist eine englische oder US-amerikanische Süßspeise, genaugenommen sind es mit Streuseln überbackene Früchte. Die ersten Male wurde ihr noch geholfen, mittlerweile backt sie die Crumbles ganz allein. Beim letzten Mal hat sie die Zutaten und Arbeitsschritte auf eigene Initiative fotografisch und filmerisch mit ihrem iPod Touch festgehalten und kurz danach ein Video für die Zubereitung eines „Apfel-Beeren-Crumbles“ zusammengebastelt. Es besteht aus Fotos (zum Teil mit absichtlicher Unschärfe und/oder Ken Burns Effekt), kurzen Filmpassagen, eingeblendeten Texten und unterlegter Musik. Das alles hat sie wohlgemerkt ohne Hilfe auf dem winzigen Bildschirm ihres kleinen Geräts gemacht. Ich konnte es erst gar nicht glauben, bin ganz hin und weg und auch ein bisschen stolz. Die Zubereitung ist übrigens gar nicht so schwer und schmeckt auch sehr lecker (unbedingt warm genießen)! Aber seht selbst:

Buch: „Lehrbuch der harmonischen Analyse“ von Thomas Krämer

HarmonischeAnalyseThomas Krämer ist Professor für Musiktheorie an der Hochschule für Musik Saar. Das „Lehrbuch der harmonischen Analyse“ erschien ursprünglich bereits 1997, eine verbesserte, 2. Auflage im Jahr 2012. Im Rahmen von Krämers Veröffentlichungen kann das Buch als zweiter Band und Fortführung von „Harmonielehre im Selbststudium“ betrachtet werden. Neben Choral und Volkslied im vierstimmigen Satz werden diesmal auch solistische Instrumentalwerke und das frühromantische Kunstlied behandelt. Im Zentrum stehen weiterhin unangefochten die harmonischen Konventionen der Musik von 1600-1900 und operiert wird bei jeder Erklärung oder Analyse mit den Mitteln der klassischen Funktionstheorie. Die klar strukturierten sieben Kapitel behandeln die Themen:

1. Einführung, 2. Grundlagen, 3. Erweiterte Tonalität, 4. Entfernte Terzverwandtschaften, 5. Alterationen, 6. Modulationen, 7. Harmonik in ein- und zweistimmiger Musik J. S. Bachs

Krämer entwickelt seine Schrift Schritt für Schritt, mit klarem Sachverstand und pädagogischem Einfühlungsvermögen. So ist das Buch sicherlich auch für angeleiteten Unterricht mit einem Lehrer gut geeignet. Jedes Kapitel umfasst jeweils eine umfassende theoretische Einführung, kommentierte Literaturbeispiele und schließt mit einem Aufgabenteil (Lösungen im Anhang). Über alle Kapitel verteilt werden einige aufschlussreiche, exemplarische Analysen präsentiert. Der zwei- und dreistimmigen Harmonik Bachs wurde sogar das komplette Schlusskapitel gewidmet. Im Anhang befindet sich eine hilfreiche Übersicht über „Funktionsklänge und -symbole“, eine kleine Einführung in „Generalbassbezeichnungen und –beispiele“ und eine Zusammenstellung von behandelten Standardkadenzen.

Fazit: „Lehrbuch der harmonischen Analyse“ ist ein übersichtliches und methodisch sinnvoll aufgebautes Standardwerk zur Vermittlung von harmonischen Analysen auf Basis der Funktionstheorie. Behandelt werden erweiterte Harmonielehrethemen wie Terzverwandtschaft, Alterationen und Modulationen, beispielhaft dargestellt an zwei-, drei- und vierstimmigen Werken des 16.-19. Jahrhunderts. Dem im Vorwort zitierten Satz von Hermann Grabner wird der Autor somit im vollem Umfang gerecht: „Das beste Lehrbuch wird immer das Kunstwerk sein.“(Grabner, 1925)

Das Taschenbuch hat 136 Seiten, erscheint bei Breitkopf & Härtel und kostet 16,00 Euro.

Video: „99 Luftballons“ von Du & Ich

Im letzten Sommer erschien das Album „NDW – Wiederbesucht“ des Studioprojekts Du & Ich. Produziert und eingespielt wurden die insgesamt neun Tracks von Camilo Goitia und mir, Dennis Schütze. Kurz danach erschien das von Ralf Schuster produzierte Musikvideo „Da Da Da“.

In diesem Monat werden jeden Mittwoch ausgewählte Tracks des Album als Fotovideos veröffentlicht, heute unsere Interpretation des Nena-Klassikers „99 Luftballons“ von 1983. Im Februar 1984 wurde es in der englischen Version „99 Red Balloons“ zum internationalen #1-Hit. Hebt ab und lasst euch davon tragen!

Noten: „Bach for Guitar“ von Martin Hegel (Hg.)

BachForGuitarJohann Sebastian Bach (1685-1750) ist wohl zweifellos der bedeutendste und einflussreichste Komponist des deutschen Spätbarocks. Im Laufe seines Lebens komponierte er unzählige Vokalwerke wie Passionen, Messen, Choräle und Kantaten, sein Werk umfasst aber auch berühmte Instrumentalkompositionen für alle Arten von Ensembles und Solobesetzung. Einen besonderen Platz nehmen dabei die Kompositionen für Laute bzw. Lautenwerk ein. Bach selbst hat sich wohl nicht als Lautenist betätigt, es gibt jedoch Passagen für Laute in Arien der Johannes- und Matthäus-Passion und einige Kompositionen für Lautenwerk. Bis zum heutigen Tag ist jedoch nicht einwandfrei geklärt, ob diese Präludien und Suiten nun tatsächlich für Laute oder für das dem Cembalo verwandte Lautenklavier niedergeschrieben wurden. Bach, der erwiesenermaßen zwei solcher Tasteninstrumente besaß, bezeichnete das Lautenklavier auch als „Lautenwerck“. Aufschlussreich ist auch, dass Bach die angeblichen Kompositionen für Laute nicht in der damals dafür üblichen Tabulatur, sondern in zwei Systemen mit Bass- und Violinschlüssel notierte. Diese Unklarheiten haben Instrumentalisten des 20. Jahrhunderts nicht davon abgehalten diese Kompositionen für die Griff- und Spielweise der modernen, klassischen Gitarre einzurichten. Die Präludien und Suitensätze gelten als technisch äußerst anspruchsvoll und gehören seit Jahrzehnten zum unumstößlichen Standard moderner Prüfungs- und Konzertprogramme. Weiterlesen

Video: „NamNam“ von Zacq & Mari

Im letzten Sommer habe ich von zwei eigenen Songproduktionen mit der Singer/Songwriterin Zacquine Miken aus Singapur berichtet („Singer from Singapore“). Von mir aufgenommen und produziert wurden die Songs „Drawn to you“ und „NamNam“, mit beteiligt war neben der Sängerin noch Marius-Antonin Fleck. Er hatte den Song arrangiert und die Ukulele eingespielt. Den Kontrabass spielte Camilo Goitia, Schlagzeug und Percussion steuerte Jan Hees aus Bretten bei und er hat beide Tracks auch gemixt und gemastert.

Die Produktion war bis Anfang November abgeschlossen und im Anschluss wurde auf meine dringende Empfehlung fleißig an einem Musikvideo gearbeitet. Weil es im Song „NamNam“ um einen aquamarinfarbenen Zierfisch geht, lag es nah das Tier, das es wirklich gibt, in seinem Aquarium abzufilmen, inkl. Blubbern, Blasen, etc. Der Dreh war dann nicht ganz so einfach wie anfangs angenommen (ungewollte Glas- und Wasserreflexionen), doch nach mehreren Sessions sind etliche, doch recht anmutige Szenen eingefangen und zu einem hübschen, kleinen Video zusammengestellt worden (Film & Schnitt: Camilo Goitia). Seit kurzem kann man sich das Video ansehen. Es ist der erste Release von „Zacq & Mari“. Feedback und Kommentare sind herzlich willkommen.

Buch: „All that Jazz“ von Michael Jacobs

AllThatJazz„All that Jazz. Die Geschichte einer Musik“ erschien erstmals 1996 bei Reclam. 2007 erschien eine 3., erweiterte und aktualisierte Ausgabe mit einem zusätzlichen Schlusskapitel von Robert Fischer. Neben „Das Jazzbuch“ (1953) von Joachim-Ernst Berendt und „Sozialgeschichte des Jazz“ (1991) von Ekkehard Jost gehört „All that Jazz“ zu den herausragenden, weil eigenständigen, jazzhistorischen Publikationen in deutscher Sprache und ist allemal eine Retrospektive wert. Über den Autor ist wenig bekannt. Er lebt als freier Publizist, Herausgeber und Übersetzer bei München, weitere Publikationen sind – zumindest im Internet – nicht auffindbar. Der Text ist in 15 Kapitel untergliedert, startet ohne Vorwort oder Einleitung und schreitet chronologisch voran. Es beginnt mit den Wurzeln des Jazz, es folgen New-Orleans-Jazz, Chicago, weiße Musiker der 20er Jahre, schwarzer Big-Band-Jazz, Count Basie, Benny Goodman, Amerikanische Jazzmusiker in Europa, Jazz während WWII, New Orleans Revival & Bebop, Cool Jazz, Hard Bop, Free Jazz & Fusion, Avantgarde & Traditionalisten. Das Buch schließt in der aktuellen Auflage mit dem Kapitel „Aufbruch ins 21. Jahrhundert“ von Robert Fischer (wurde 2007 hinzugefügt).

Jacobs nimmt sich für traditionelle Formen des Jazz (bis ca. 1940) auffällig viel Platz, fast zwei Drittel des Buches werden davon ausgefüllt. Die Ausprägungsformen des Bop werden deutlich knapper abgehandelt, Third Stream, Modaler Jazz, Bossa Nova überspringt er komplett, Free Jazz, Fusion und zeitgenössischer Jazz (1990-2006) werden nur sehr flüchtig angesprochen. Diese tendenziöse, inhaltliche Ausrichtung wurde Jacobs von Kritikern zum Vorwurf gemacht, so schreibt z.B. „Die Berliner Literaturkritik“: „Michael Jacobs befördert den Irrglauben, dass Jazz eine tote Musik sei, die ihre Hochzeit in New Orleans hatte, dann zum Bigband-Jazz mutierte und in den vergangenen über fünfzig Jahren nur noch die immergleichen Melodien wiederkäut. Das ist natürlich grober Unfug. “

Wie auch immer man zu dieser, letzten Aussage steht, kann man es aber auch anders sehen: Wenn Berendt ein deutscher Pioneer der Jazzgeschichtsschreibung war und Jost die akademisch-soziologische Perspektive betonte, dann steht Jacobs eben für eine etwas konservative, anekdotisch-biografische Sichtweise. Vielleicht genügt das nicht einem streng wissenschaftlichen Anspruch, aber das Buch lässt sich gut durchschmökern, über die meisten, wesentlichen Entwicklungen des Jazz wird man dabei gut informiert, man erfährt einiges über die tatsächlichen Lebensumstände der Protagonisten, es werden viele wichtige Aufnahmesessions, Einspielungen und Albumveröffentlichungen benannt und dann ist das Buch mit 60 s/w-Fotos (meist Portraitaufnahmen von Musikern) ansprechend angereichert. Für schlappe 9,95 bekommt man da also eine ganze Menge, für einen ersten Überblick reicht das allemal. Ergänzen ließe sich das – bei weiterführendem Interesse – durch die beiden bereits erwähnten Bücher, nicht unerwähnt bleiben aber sollen hier auch „The Swing Era“ von Gunter Schuller, „Jazz“ von Arrigo Polillo, „Jazz“ von Lewis Porter & Michael Ullman und natürlich das erst jüngst erschienene Schwergewicht „A new History of Jazz“ von Alyn Shipton.

Das Taschenbuch erscheint im Reclam Verlag, hat 472 Seiten und kostet 9,95 Euro.

Video: „Das Model“ von Du & Ich

Im letzten Sommer erschien das Album „NDW – Wiederbesucht“ von Du & Ich. Produziert und eingespielt wurden die insgesamt neun Tracks von Camilo Goitia und mir, Dennis Schütze. Kurz danach erschien das von Ralf Schuster produzierte Musikvideo „Da Da Da“.

Im Monat Januar werden ab sofort jeden Mittwoch einige weitere Tracks des Album als Fotovideos veröffentlicht. Heute starten wir mit unserer Interpretation des Kraftwerk-Klassikers „Das Model“ (ja, wird tatsächlich nur mit einem „l“ geschrieben). Es war der erste Track, den Camilo und ich gemeinsam für das Album produziert haben und erschien letztlich in zwei Versionen (deutsch & englisch). Wir haben versucht die Vorlage auf ein kleinkalibriges Mini-Acoustic-Arrangement zu reduzieren. Beurteilt selbst in wie weit uns das gelungen ist!