Über geistige Deformation

“[…] Im vierten vorchristlichen Jahrhundert beschrieb Aristoteles eine Einstellung, die mehr als zwei Jahrtausende Bestand haben sollte, als er auf die strukturelle Unvereinbarkeit von Zufriedenheit und bezahlter Arbeit hinwies. Wer unter finanzieller Bedürftigkeit litt, stand für den griechischen Philosophen auf einer Stufe mit Sklaven und Tieren. So gewiss wie eine merkantile Gesinnung führte auch körperliche Arbeit zu geistiger Deformation. Nur ein Privatvermögen und ein Leben in Muße gestatteten es dem Bürger, die höheren Freuden der Musik und Philosophie in adäquater Weise genießen zu können.”

Buch: “Freuden und Mühen der Arbeit” von Alain de Botton, Fischer, S. 110

Buch: “Der Reisende” von Ulrich Alexander Boschwitz

Ulrich Alexander Boschwitz wurde 1915 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns und einer Lübecker Senatorentochter geboren und erhielt eine streng protestantische Erziehung. Nach seinem Musterungsbefehl emigrierte er 1935 zuerst nach Schweden, weiter nach Norwegen, 1936 nach Frankreich, Luxemburg, Belgien und 1939 nach England. Sein erster Roman “Menschen neben dem Leben” (1937) erschien unter dem Pseudonym John Grane in schwedischer Sprache, sein zweiter Roman “The man who took trains” erschien 1939 in englischer Sprache in England, ein Jahr später unter dem Titel “The Fugitive” in den USA. Boschwitz wurde nach Kriegsausbruch in England als “feindlicher Ausländer” interniert und 1940 nach Australien verschifft. Dort verfasste er seinen dritten Roman. 1942 wurde das Schiff, auf dem er sich auf der Rückreise nach England befand, von einem deutschen U-Boot torpediert und ging unter. Boschwitz starb im Alter von 27 Jahren, sein letztes Manuskript sank wohl mit ihm. Weiterlesen

DS Combo @ Fahrrad Stadtfest Würzburg 2018

Am letzten Sa, den 28.07.2018, hat die Dennis Schütze Combo das Würzburger Fahrrad Stadtfest am Vierröhrenbrunnen musikalisch umrahmt. Der Grünen-Politiker Patrick Friedel wies in seiner Rede darauf hin, dass ich (DS) mittlerweile bereits seit ziemlich genau 20 Jahren immer wieder für die Grünen musiziere. Angefangen hat das unserer Erinnerung nach im Jahr 1998 beim Bundestagswahlkampf, als der wundersam erschlankte zukünftige Außenminister Joschka Fischer nach Würzburg kam und am selben Ort (Vierröhrenbrunnen) vor vielen, vielen Zuhörern eine seiner feurigen Reden hielt. Vier Jahre später kam er dann als amtierender Außenminister in die Oliver-Arena, Sicherheitsstufe eins, wir mussten einen Tag vorher aufbauen und unsere Ausrüstung wurde aufwändig nach Bombensätzen durchsucht. Im Laufe der Jahre begegneten wir bei unseren musikalischen Einsätzen für die Grünen u.a. Sepp Daxenberger (beeindruckender Kämpfer), Claudia Roth (sympathische Quasselstrippe) und Cem Özdemir (tiefenentspannter Kumpeltyp). Zum runden Performerjubiläum erhielten wir Musiker jeder einen Blumenstrauß mit Sonnenblume. Vielen Dank und auf eine weitere Zusammenarbeit in den kommenden 20 Jahren! Ein Regierungswechsel erscheint für die Landtagswahl im Herbst in greifbarer Nähe zu sein. (Foto: Ingrid Bröcker)

Buch: “Die Musik der Zukunft” von Robert Barry

Robert Barry ist britischer Journalist und Autor. Sein erstes Buch “The Music of the Future” erschien 2017 im englischen Original. Im Frühjahr 2018 erschien es unter dem Titel “Die Musik der Zukunft” in deutscher Übersetzung in der Edition Tiamat. Es geht darin allerdings nicht, wie man als Interessierter vielleicht annehmen könnte, um zukünftige musikalische Entwicklung aus heutiger Sicht. Die Schrift ist ein historischer Rückblick auf musikalische Zukunftsentwürfe und kulturelle Utopien der Vergangenheit. Thematisiert werden herausragende Begebenheiten Westeuropas und Nordamerikas der vergangenen ca. 200 Jahre. Im absoluten Fokus stehen Betrachtungen und Entwicklungen der westlichen Kunstmusik. Weiterlesen

Landesgartenschau Würzburg 2018 & ich

In den letzten Tagen und Wochen wurde ich von verschiedenen Seiten mehrfach gefragt, ob ich als regionaler Musiker mit meiner Band bei der Landesgartenschau spielen würde. Meine Antwort: Leider nicht. Warum? Darüber kann ich nur spekulieren.

Die Landesgartenschau kam ja nicht überraschend und so war bereits früh klar, dass bei der ca. sechsmonatigen Großveranstaltung auch ein kulturelles resp. musikalisches Angebot präsentiert werden soll. Bereits im Frühjahr wurden deswegen von der verantwortlichen GmbH “LGS Würzburg 2018” Institutionen und Vereine kontaktiert mit der Bitte entsprechende Angebote zu unterbreiten. Als ich davon hörte nahm ich als regionaler Musiker und Kulturförderpreisträger Kontakt auf und wurde an Ingolf Stöcker verwiesen. In einem Telefonat zeigt er sich optimistisch, denn meine offenkundigen Bezüge zur amerikanischen Musikkultur würden ganz wunderbar zur Geschichte des Areals (Leighton-Barracks) passen: USA, Militärgelände, GIs, Kasernen, Trucks, Ford Mustang, Hamburger und so, da wäre R&B, C&W und Americana doch ideal. Das fand ich auch, hörte sich gut an. Entsprechende Veranstaltungen seien geplant und inhaltlich schon formuliert. Ich solle mal ein schriftliches Angebot machen, dann würde das seinen offiziellen Lauf nehmen. Weiterlesen

Über Musicals

“Vielleicht ist deswegen das Musical die Popform der Stunde, in der das Gewöhnliche nur in der Form der Gigantomanie überlebt. Das Musical ist das popkulturelle Pendant zu einer Outlet-Veranstaltung in einem Möbelhaus oder einem “All You Can Eat”-Lokal. Du kriegst alles, es ist das, was auch die anderen kriegen (wenn dein Magen es durchhält, kriegst du ein bisschen mehr), und du wirst glücklich sein, wenn du uns restlos erschöpft verlässt. Das ist einerseits das dicke Ende einer Verwertungskette: Wenn etwas garantiert sinn- und formlos geworden ist, dann wird es zu einem Musical. Das betrifft Religion, Geschichte, Literatur oder Biographie, mittlerweile in besonderem Maße aber auch die Popmusik selber. Das Ende einer Karriere besteht in der Vermusicalisierung. Egal, ob Udo Lindenberg, Jesus Christus, Ludwig II, ABBA – das Musical, das die Mehrzweckhallen der Provinz zu einem einträglichen Geschäft und zu einem identitätsstiftenden Kulturzweig macht, hat das Recyclingprinzip zur Perfektion gebracht. Es ist der Magen der Popkultur, in dem, ohne große Dramaturgien, ohnehin alles zusammenkommt. Weiterlesen

Über Wasserstoff

1952 zündeten die USA im Rahmen eines militärischen Tests bei einem Atoll nahe der Marshall Inseln im Südpazifik die erste Wasserstoffbombe:

„Since nothing like this had ever been tried before, nobody knew how big a bang it would make. (…) some nuclear physicists thought the explosion might go as high as one hundred megatons – a blast so off the scale that scientists could only guess the chain of consequences. One possibility was that it might ignite all the oxygen in the atmosphere. Still, nothing ventured, nothing annihilated, as the Pentagon might have put it, and on morning of 1 November somebody lit the fuse and, as I like to picture it, ran like hell.“

Bill Bryson in „The Life and Times of the Thunderbolt Kid“ (S.177f)

Album: „Nahnou Houm“ von Siwan

Al-Andalus ist der arabische Name für die von 711-1492 muslimisch beherrschten Teile der Iberischen Halbinsel. Im Laufe der Jahrhunderte war das Gebiet nacheinander Kalifat, „Taifa“-Königreich und Reich von nordafrikanischen Berber-Dynastien. Die Gesellschaft setzte sich aus den Religionsgruppen Christen, Muslimen und Juden zusammen. Die Muslime unterteilten sich wiederum in mehrere ethnische Gruppen wir Araber und Berner auf. Als Mozaraber wurden Christen bezeichnet, die sich kulturell teilweise der muslimischen Dominanz assimiliert hatten, etwa durch Übernahme von arabischen Gebräuchen, arabischer Kunst und arabischen Ausdrücken, dabei aber ihren christlichen Glauben mit seinen Ritualen und ihre romanischen Sprachen beibehalten hatten. Üblich waren eigene Viertel der verschiedenen Gruppen in den Städten. Diese besondere multikulturelle Kombination führte zu einer anregenden gesellschaftlichen Grundstimmung und zur Blüte von Wissenschaft, Landwirtschaft, Architektur und Kultur. Während langer Perioden, vor allem zur Zeit des Kalifats von Córdoba (929-1031), war Al-Andalus ein Zentrum der Gelehrsamkeit. Córdoba wurde ein führendes kulturelles und wirtschaftliches Zentrum sowohl des Mittelmeerraums als auch der islamischen Welt.
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