Out now: „Liederkranz: ein Mann, vier Stimmen, zehn Lieder“ – Thilo Hofmann

Album: „Liederkranz: ein Mann, vier Stimmen, zehn Lieder“ von Thilo Hofmann
all voices, rec, mix, master: Thilo Hofmann (2022)

01. Bajazzo (Trad.)
02. Im Abendrot (Franz Schubert)
03. Sanctus (Friedrich Silcher)
04. Hymne an die Nacht (L.v. Beethoven)
05. Ich weiß ein Fass im tiefen Keller (Friedrich Schwarz / Eduard May)
06. Veronika, der Lenz ist da (Walter Jurmann / Fritz Rotter)
07. Die Nacht (Franz Schubert)
08. Die Könige (Peter Cornelius)
09. Maria durch ein‘ Dornwald ging (Volkslied aus dem 16. Jht)
10. Ave Maria (Joseph Gabriel Rheinberger)

My Audience is Listening (2022)

Beim Streamingdienst Spotify kann man als Premiummitglied und verifizierter Künstler die eigene Statistik abrufen, darunter tagesaktuell auch Top Countrys und Top Citys. Ist natürlich interessant zu sehen, wo man gehört wird. Es kommen zwar noch weitere Zugriffe bei anderen Diensten dazu, aber ich nehme an, die Spotify-Seite gibt einen guten Überblick.

Für mich immer wieder erstaunlich, aber irgendwie auch wieder nicht, dass ich vor allem in englischsprachigen Regionen abgerufen, gehört und auf persönliche Playlists gesetzt werde. Im Monat sind es zur Zeit knapp 10.000 Zuhörer mit ca. 20.000 Abrufen. Weit vorne ist seit Jahren der Track „Jolene“ mit insgesamt mehr als 2.050.000 Plays. Dahinter reihen sich wechselnde Tracks, beliebt sind „I never promised you a Rosegarden“ und „You don’t mess around with Jim“, danach „Jackson“ und „That’s how I got to Memphis”. Erst danach kommen eigene Songs wie „I’m Still Here“ und „Living is the Slowest Way to Die“, immerhin aktuelle Tracks des letzten eigenen Albums „Still Here“ (2020).

Gehört werde ich von 58% Frauen und 39% Männern, der Rest wird nicht zugeordnet. 28% meiner Hörer sind 45-59 Jahre alt, 25% sind 35-44 Jahre alt, 19% sind 28-34 Jahre alt, der Rest ist jünger.

Top Länder sind USA, Kanada, Australien, Spanien und Mexiko. Mein Heimatland Deutschland kommt erst an siebter Stelle. Top Städte sind Sydney, Montreal, Melbourne, Brisbane und Madrid. Die deutschen Großstädte Hamburg (44), Berlin (46) und München (47) kommen erst kurz vor Ende der Liste und verzeichnen Einträge im niedrigen zweistelligen Bereich. Meine Heimatstadt Würzburg taucht nicht mal auf, wow.

Die Statistik ist für mich aufschlussreich und beruhigend. Seit ich überhaupt Musik mache und vor allem seit ich Songs schreibe, produziere und veröffentliche hatte ich den Eindruck in meinem Umfeld nur wenige Hörer zu erreichen. Klar kamen Menschen zu meinen Konzerten und kauften CDs, aber das fand alles in bescheidenem Rahmen auf lokaler, höchstens regionaler Ebene statt. War für mich schwer bis unmöglich da rauszukommen, habe trotz meiner Bemühungen bis heute keinen gangbaren Weg gefunden. Traditionelle Medien wie Zeitungen, Magazine, TV. Veranstalter, Kulturvermarkter, Kulturamt etc. waren leider, insbesondere in den letzten Jahren, auch keine Hilfe, obwohl z.B. Künstler und Kulturberichterstattung aus der eigenen Stadt/Region durchaus in mehrseitigem Interesse liegen könnte. Irgendwann zweifelt man da als Kreativer auch und fragt sich, ist das alles wertloser Schrott, was ich da fabriziere, wenn es kaum Interesse in meinem unmittelbaren Umfeld hervorruft?

Und dann gibt’s auf einmal Downloadportale und ein paar Jahre später Streamingdienste und man ist überall auf der Welt erhältlich und man bekommt Zahlen vorgelegt über Verkäufe und Abrufe und merkt: Auch ohne Marketing, auch ohne Hilfe der Medien, auch ohne Tricks wird die Musik auf einmal gehört und ganz offensichtlich wertgeschätzt, genug jedenfalls um sie runterzuladen oder sie auf Playlisten zu speichern und 10.000-fach oder gar 100.000-fach spielen zu lassen. Nur eben nicht da, wo ich lebe und arbeite, sondern ganz woanders, in anderen Städten, auf anderen Kontinenten, da wo ich nicht bin. Ist zwar ziemlich abstrakt, aber dann doch eine schöne, befriedende Erkenntnis und motiviert weiter zu machen und genau deswegen war ich in den letzten Jahren so fleißig. Ich weiß jetzt endlich, dass ich von sehr vielen Menschen erhört werde, cool, nä?

Der New Yorker Aktionskünstler David Rodgers lag also richtig als er mir in mein Stammbuch schrieb: „Dennis Schütze was born in the wrong hemisphere“. Aber inzwischen ist das vielleicht gar nicht mehr so tragisch wie noch vor ein paar Jahren. Doch genug der Worte, muss jetzt Schluss machen und weiterarbeiten an neuen Songs, Arrangements und Produktionen. Wir hören uns!

Noten: „In the Mood“ – Jerry Lee Lewis (The Hawk)

Ende Januar 1960 war der US-amerikanische Sänger & Pianist Jerry Lee Lewis im neu eröffneten SUN-Studio und spielte an mehreren Tagen verschiedene Aufnahmen ein. Im August 1960 erschien unter dem Pseudonym „The Hawk“ eine Single (PI 3559) mit Piano-Instrumentalversionen der Titel „In the Mood“ (Andy Razaf & Joe Garland) und „I get the Blues when it rains“ (Harry Stoddard & Marcy Klauber).

„In the Mood“ wurde in der Besetzung Piano & Schlagzeug (Roland Janes) eingespielt und ist eine archetypische Fusion von Boogie Woogie & Early Rock & Roll Piano. Nach einem einfachen, aber effektiven Intro erklingt das melodische Thema des Swingklassikers in reduzierter Form hintereinander mit einer Oktave Abstand. Danach folgt bis zum Fade out eine variantenreiche Soloimprovisation über die zugrunde liegende Akkordfolge, in der Jerry Lee Lewis eine schöne Auswahl der besten Licks & Tricks seines ureigenen Stils abfeuert. Wer sich mit seinen Stil befassen will, findet in diesem Stück einen hervorragenden Einstieg. Weil es unter Pseudonym erschien ist leider kaum bekannt und selten zu finden. Tonart: G-Dur, Tempo ca. 172 bpm, Gerade Achtel / Straight Eights. Es sind von dieser Aufnahme bisher keine Noten erhältlich, deswegen hier meine, persönliche Transkription, Einspielung folgt.

Frühes Frühjahr (KW07/2022)

Nun sind schon einige Wochen des neuen Kalenderjahres vergangen, der März steht vor der Tür und nach dunklen, kalten und wolkenverhangenen Monaten scheint ein frühes Frühjahr zu erwachen. Für mich persönlich waren die Tage seit dem Jahreswechsel durchwachsen, wenig Bewegung oder Abwechslung, kaum Anregung oder Inspiration, viel zuhause sitzen, zu viele Onlinekonferenzen, Internetvideos und Streamingfilme. Dazu waren Freunde, Teile der Familie und auch ich selbst malade, es hagelte Krankmeldungen und Absagen innerhalb der Schülerschaft, aber immerhin, langsam sieht man Licht am Ende des Tunnels. Die Welle ebbt ab, die vermaledeiten Zahlen gehen zurück, Maßnahmen werden sukzessiv zurückgenommen, alte Selbstverständlichkeiten treten wieder in Kraft, notorische Schwarzseher und Panikmacher finden immer weniger Gehör, Realisten und Optimisten kommen wieder durch und die Dinge scheinen sich zum Besseren zu wenden, gut so. Weiterlesen

Buch: „Generation Chillstand“ von Milosz Matuschek

2018 veröffentlichte Milosz Matuschek unter dem Eindruck von Wirtschaftskrisen, Überwachungsskandalen und Trump-Regierung das gesellschaftskritische Buch „Generation Chillstand“. Der promovierte Volljurist und Journalist spricht darin offen bedenkliche gesellschafts-politische Entwicklungen in Deutschland und Europa an und geht hart mit ihnen und den davon betroffenen Generationen ins Gericht. Ansprechpartner ist seine eigene und die nachfolgende Generation, gerne zusammengefasst unter der Chiffre Generation Y (geb. 1980-99) und Generation Z (geb. ab 2000), auch Millennials genannt. Weiterlesen

Über Ersatz

„Die Generation Y & Z erlebt gerade die hässliche Endphase einer Periode, in welcher jeder ein Gewinner war und damit das Ende eines Illusionssystems, das die Form über den Inhalt stellte. Ein Diplom ersetzt heute Bildung, Information ersetzt Wissen, Zugang ersetzt Eigentum, Zahlenreihen ersetzen Geld, Profilierung ersetzt Persönlichkeit, beeindruckende Jobtitel ersetzen Aufstieg, Likes ersetzen Bezahlung, Kredite ersetzen Wohlstand, das Kuratieren ersetzt Kreativität, das Influencen ersetzt Relevanz, der Rausch das Glück, und statt ‚find yourself‘ heißt unser Lebensmotto ‚broadcast yourself‘.“

Milosz Matuschek: „Generation Chillstand“ (2018), S. 122