Beim Streamingdienst Spotify kann man als Premiummitglied und verifizierter Künstler die eigene Statistik abrufen, darunter tagesaktuell auch Top Countrys und Top Citys. Ist natürlich interessant zu sehen, wo man gehört wird. Es kommen zwar noch weitere Zugriffe bei anderen Diensten dazu, aber ich nehme an, die Spotify-Seite gibt einen guten Überblick.
Für mich immer wieder erstaunlich, aber irgendwie auch wieder nicht, dass ich vor allem in englischsprachigen Regionen abgerufen, gehört und auf persönliche Playlists gesetzt werde. Im Monat sind es zur Zeit knapp 10.000 Zuhörer mit ca. 20.000 Abrufen. Weit vorne ist seit Jahren der Track „Jolene“ mit insgesamt mehr als 2.050.000 Plays. Dahinter reihen sich wechselnde Tracks, beliebt sind „I never promised you a Rosegarden“ und „You don’t mess around with Jim“, danach „Jackson“ und „That’s how I got to Memphis”. Erst danach kommen eigene Songs wie „I’m Still Here“ und „Living is the Slowest Way to Die“, immerhin aktuelle Tracks des letzten eigenen Albums „Still Here“ (2020).
Gehört werde ich von 58% Frauen und 39% Männern, der Rest wird nicht zugeordnet. 28% meiner Hörer sind 45-59 Jahre alt, 25% sind 35-44 Jahre alt, 19% sind 28-34 Jahre alt, der Rest ist jünger.
Top Länder sind USA, Kanada, Australien, Spanien und Mexiko. Mein Heimatland Deutschland kommt erst an siebter Stelle. Top Städte sind Sydney, Montreal, Melbourne, Brisbane und Madrid. Die deutschen Großstädte Hamburg (44), Berlin (46) und München (47) kommen erst kurz vor Ende der Liste und verzeichnen Einträge im niedrigen zweistelligen Bereich. Meine Heimatstadt Würzburg taucht nicht mal auf, wow.
Die Statistik ist für mich aufschlussreich und beruhigend. Seit ich überhaupt Musik mache und vor allem seit ich Songs schreibe, produziere und veröffentliche hatte ich den Eindruck in meinem Umfeld nur wenige Hörer zu erreichen. Klar kamen Menschen zu meinen Konzerten und kauften CDs, aber das fand alles in bescheidenem Rahmen auf lokaler, höchstens regionaler Ebene statt. War für mich schwer bis unmöglich da rauszukommen, habe trotz meiner Bemühungen bis heute keinen gangbaren Weg gefunden. Traditionelle Medien wie Zeitungen, Magazine, TV. Veranstalter, Kulturvermarkter, Kulturamt etc. waren leider, insbesondere in den letzten Jahren, auch keine Hilfe, obwohl z.B. Künstler und Kulturberichterstattung aus der eigenen Stadt/Region durchaus in mehrseitigem Interesse liegen könnte. Irgendwann zweifelt man da als Kreativer auch und fragt sich, ist das alles wertloser Schrott, was ich da fabriziere, wenn es kaum Interesse in meinem unmittelbaren Umfeld hervorruft?
Und dann gibt’s auf einmal Downloadportale und ein paar Jahre später Streamingdienste und man ist überall auf der Welt erhältlich und man bekommt Zahlen vorgelegt über Verkäufe und Abrufe und merkt: Auch ohne Marketing, auch ohne Hilfe der Medien, auch ohne Tricks wird die Musik auf einmal gehört und ganz offensichtlich wertgeschätzt, genug jedenfalls um sie runterzuladen oder sie auf Playlisten zu speichern und 10.000-fach oder gar 100.000-fach spielen zu lassen. Nur eben nicht da, wo ich lebe und arbeite, sondern ganz woanders, in anderen Städten, auf anderen Kontinenten, da wo ich nicht bin. Ist zwar ziemlich abstrakt, aber dann doch eine schöne, befriedende Erkenntnis und motiviert weiter zu machen und genau deswegen war ich in den letzten Jahren so fleißig. Ich weiß jetzt endlich, dass ich von sehr vielen Menschen erhört werde, cool, nä?
Der New Yorker Aktionskünstler David Rodgers lag also richtig als er mir in mein Stammbuch schrieb: „Dennis Schütze was born in the wrong hemisphere“. Aber inzwischen ist das vielleicht gar nicht mehr so tragisch wie noch vor ein paar Jahren. Doch genug der Worte, muss jetzt Schluss machen und weiterarbeiten an neuen Songs, Arrangements und Produktionen. Wir hören uns!